Der-beste-Mensch-der-Welt. Nehat Krasnici. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nehat Krasnici
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783750216600
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stieß Abdul-Muttalib einen Freudenschrei aus. Die Männer des Stammes Quraisch eilten herbei und scharten sich um ihn. Neben dem Sand und der Erde, die Abdul-Muttalib und sein Sohn aus dem Boden gewühlt hatten, sahen sie einen Ring aus gemauerten Steinen.

      Die Männer riefen aufgeregt: „Das ist der Brunnen unseres Stammvaters und Propheten Ismael! Wir haben ein Recht auf diesen Brunnen,

      Abdul-Muttalib! Du musst ihn mit uns teilen!“

      Abdul-Muttalib jedoch erklärte mit ruhiger Stimme: „Das werde ich nicht tun! Die Verwaltung des Brunnens steht mir allein zu. Er wurde mir als einzigem unter uns zuteil!“

      Die Männer der Quraisch gerieten außer sich vor Zorn. Lautstark beschimpften sie Abdul-Muttalib und stritten sich mit ihm um den Brunnen, obwohl sie kurz zuvor noch hatten verhindern wollen, dass er überhaupt nach ihm grub. Sie schrien durcheinander: „Wir werden keine Ruhe geben, bis wir mit dir einen Prozess um den Brunnen geführt haben!“ Doch schließlich beruhigten sie sich wieder und gingen fort. Abdul-Muttalib und Al-Harith aber gruben weiter. Es dauerte viele Stunden, die Steine und den Sand, die den Brunnen bedeckten, abzutragen. Doch die Mühe lohnte sich: In der Tiefe des Schachtes stieß Abdul-Muttalib zwischen den Sandmassen auf glänzendes Gold. „O Allah!“, jubelte Abdul-Muttalib glücklich.

      Sofort eilten wieder die Quraisch herbei, um zu sehen, warum AbdulMuttalib gejubelt hatte. Sie staunten nicht wenig, als er aus dem Sand Schwerter, Rüstungen und am Ende sogar zwei Gazellen aus funkelndem Gold zog. Nun stießen die Quraisch ebenfalls Jubelrufe aus. Verwundert fragte Abdul-Muttalib, ob jemand wüsste, was das für wundersame Dinge seien, die er da gefunden habe.

      „Dies sind die Gaben an die Kaaba, von denen man sich erzählt, dass sie Mudad vom Stamme Dschurhum einst vergraben habe“, bekam er zur Antwort.

      Alles, was er gefunden hatte, verwendete Abdul-Muttalib für die Kaaba. Aus den Schwertern ließ er eine herrliche Tür für sie schmieden, und die beiden Gazellen aus Gold dienten als prachtvoller Türschmuck. Auf diese Weise kehrten die Gaben, die sich einst im Inneren der Kaaba befunden hatten, zu ihr zurück.

      Zunächst aber grub Abdul-Muttalib unermüdlich weiter am Ort des Brunnen Zamzam, bis ihm endlich das süße, köstliche Wasser entgegen sprudelte, mit dem er die Pilger erfrischen konnte.13

      Seine Freude war zwar groß, dennoch vermochte er den Kummer und die Mühsal nicht zu vergessen, die ihn während des Ausgrabens begleitet hatten.

      Die Quraisch hatten ihn und seinen Sohn bedroht. Niemand hätte ihnen Schutz gewährt, wenn es zu einer Konfrontation gekommen wäre. Abdul-Muttalib wollte nie wieder so schwach sein. Er schwor, dass, wenn ihm zehn Söhne geboren werden würden und diese das Alter erreichen würden, in dem sie ihm Stärke und Schutz gewähren könnten, er einen von ihnen opfern würde.

      Zehn Söhne

      D

      ie Jahre vergingen, Abdul-Muttalib wurden zehn Söhne geboren - kräftige junge Männer, die ihm zu Stärke und Ansehen verhalfen. Als die Zeit gekommen war, seinen Schwur einzulösen, rief er sie zusammen. Nun, da alle Söhne, auch der jüngste und von ihm am meisten geliebte Abdullah, erwachsen geworden waren, schien es ihm fast unmöglich, einen auszuwählen.

      Schließlich sollte das Los entscheiden. So ließ er jeden seiner Söhne einen Lospfeil mit seinem Namen bringen.

      Ausgerechnet der von Abdullah wurde gezogen. Als die Bani Machzum herausfanden, dass einer der Söhne ihrer Schwester geopfert werden sollte, schickten sie Mughira, das Oberhaupt der Sippe, zu Abdul-Muttalib.

      Mughira, seine übrigen Söhne und auch die Quraisch flehten ihn an: „Bei Allah, opfere Abdullah nicht, ohne vorher an seiner Stelle etwas anderes geopfert zu haben! Auch wenn wir dafür unseren ganzen Besitz opfern müssten. Wenn du das machst, wird dies ein Brauch, und die Araber werden immer weiter ihre Söhne opfern! Willst du das, Abdul-Muttalib? Willst du das wirklich?“14

      Schließlich war Abdul-Muttalib mit dem Vorschlag einverstanden, eine weise Frau in Medina15 zu Rate zu ziehen, von der man sagte, dass sie in solchen Fällen weiter wisse. 16

      In Begleitung seiner zwei ältesten Söhne und des jüngsten, Abdullah, ritt Abdul-Muttalib nach Medina.

      Als sie die Frau fanden, erzählten sie ihr von dem Schwur und dem Los, das gefallen war und fragten sie, ob das Opfer vollbracht werden solle oder nicht. Die weise Frau bat Abdul-Muttalib und die Söhne, am nächsten Tag wiederzukommen.

      Am nächsten Tag sprach die Frau zu ihnen: „Ich habe eine Antwort. Wie hoch ist euer Blutgeld normalerweise?“ „Zehn Kamele“ antworteten sie.

      „Geht zurück in euer Land, stellt euren Sohn neben zehn Kamele und werft das Los dazwischen! Wenn der Pfeil auf ihn zeigt, dann stellt weitere Kamele dazu und werft das Los erneut. Werft solange, bis der Pfeil auf die Kamele weist. Dann opfert die Kamele und nicht euren Sohn!“

      Abdul-Muttalib und seine Söhne ritten zurück nach Mekka. Als sie ankamen, führten sie feierlich zehn Kamele in den Hof vor der Kaaba.

      Dann warfen sie das Los. Der Pfeil fiel auf Abdullah.

      Sie stellten zehn Kamele hinzu, doch wieder wies der Pfeil auf Abdullah. Immer mehr Kamele wurden gebracht, bis es schließlich hundert waren. Jetzt endlich deutete das Los auf die Kamele. Abdul-Muttalib aber wollte ganz sicher gehen: Ein einziger Pfeil war für ihn nicht Beweis genug. Er bestand darauf, das Los ein zweites und ein drittes Mal zu werfen. Als der Pfeil schließlich dreimal auf die Kamele zeigte, war er sicher, dass Gott sein Opfer angenommen hatte. Dankbar schlachtete er die hundert Kamele. 17

      Um die Kaaba herum standen zu jener Zeit zahlreiche Götzen, die von verschiedenen Stämmen angebetet wurden. Ihre Anbetung rechtfertigten die Menschen damit, dass schon ihre Väter und Großväter das Gleiche getan hätten und es deshalb nicht falsch sein könne. Sie behaupteten sogar, dass sie dem Propheten Abraham und seinem Sohn Ismael folgten.

      Es gab aber immer noch einige unter ihnen, die die Figuren und Steine ablehnten und ihre Gegenwart bei der heiligen Kaaba als beschämend empfanden. Diese „Hanifen“ genannte kleine Minderheit hatte sich die wahre Religion Abrahams bewahrt. Sie lehnten den Götzendienst ab und versuchten, ein tugendhaftes Leben zu führen.

      Sowohl die Rabbis der Juden als auch die christlichen Gelehrten der Gegend erwarteten zu jener Zeit die Ankunft eines Propheten. Die Juden gingen davon aus, dass dieser Prophet ein Jude sein müsse, da sie sich als das von Allah auserwählte Volk betrachteten. Die Hanifen hofften, dass er unter den Arabern erscheinen würde, um der Götzendienerei ein Ende zu bereiten.

      In dieser Zeit der Erwartung war Abdullah erwachsen geworden. Abdul-Muttalib fand, dass nun die Zeit gekommen sei, um nach einer Braut für ihn Ausschau zu halten. Abdullah war zu einem kräftigen Mann mit edlen Gesichtszügen herangewachsen. Keiner in Mekka hatte je einen schöneren Mann gesehen. Nach einigem Überlegen erwählte Abdul-Muttalib eine der edelsten jungen Frauen unter den Arabern:

      Amina, die Tochter des Wahb.

      Amina war eine kluge und redegewandte Frau, die für ihren guten Charakter und ihre Schönheit bekannt war. Sie stammte aus einem der besten Häuser der Quraisch. Abdullah und Amina heirateten und es dauerte nicht lange, bis Amina schwanger wurde. Während der Zeit ihrer Schwangerschaft reiste Abdullah mit einer Handelskarawane nach Syrien und Palästina. Amina wartete geduldig und sehnsüchtig auf die Rückkehr ihres geliebten Mannes.

      Das Kind in Aminas Bauch wuchs, und oft sah sie mit Erstaunen, wie ein Licht von ihr ausging, durch das sie die Paläste von Busra in Syrien sah. Was war das für ein eigenartiges Strahlen, und was sollte es bedeuten, fragte sie sich. Bald wurde ihr klar, dass sie ein ganz besonderes Kind unter ihrem Herzen trug.

      Neid und Tod

      N

      icht wenige der Bewohner der Halbinsel waren neidisch auf die

      Mekkaner,