Der Weg in das Morgen. Kay Welzel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kay Welzel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844251562
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Wirtin schon wieder bei ihm. Robert merkte, wie der Alkohol in ihm seine Wirkung tat, seine Gesichtszüge nahmen einen sanfteren Ausdruck an. Er saß eine Weile versunken und hörte den Tischgesprächen kaum zu. Der Direktor macht immer noch keine Anstalten, seine feste Stellung zwischen Nische und Wirtin zu verlassen. Die Minuten vergingen, ihm kam es wie Stunden vor. Irgendwann war es doch soweit, Direktor Turner verließ seinen lange inne gehabten Platz, er musste jetzt wahrscheinlich dorthin, wo selbst der Kaiser sich zu Fuß hin begab. Der Doktor stand ebenfalls auf und folgte ihm, im dunklen Gang waren sie schließlich unter sich: „Ich war heute in der Firma, wollte einige Sachen abholen und bestellen, habe aber niemanden vorgefunden, auch keinen Pförtner! So hatte ich die Vermutung - erschrick nicht - es ist vielleicht ein Unfall in der Forschungsabteilung passiert, habe mich dann nicht weiter rangetraut und den wahrscheinlichen Unfall bei der Polizei gemeldet. Dass Du Dich nicht wunderst, wenn Du auf dem Firmengelände Polizisten antriffst!“ „Ach du liebes bisschen, meinst Du, dass das nötig war? Zur Zeit laufen bei uns gar keine Experimente, die in irgendeiner Form einen gefährlichen Ausgang nehmen könnten. Da bin ich regelrecht überfragt, was da passiert sein kann!“ „Nein glaub mir, irgendwas ist dort nicht in Ordnung! Hast Du in letzter Zeit irgendwelchen Ärger?“ Egon zögerte kurz und meinte: „Ich will mal so sagen, in letzter Zeit habe ich überhaupt bloß noch Ärger! Es hat alles damit angefangen, dass wir einen Großauftrag von einer russischen Chemiefirma bekamen. Die Bestellung wurde ausgeliefert, jedoch nur einen Teil bezahlt und danach kam sofort der nächste Auftrag, dieser wurde ebenfalls sofort ausgeliefert, wir warten heute noch auf das Geld! Seit Lieferung Nummer zwei erreichen wir niemanden mehr, so bin ich also gezwungen gewesen, rechtliche Schritte einzuleiten.“ „Hättest Du damit nicht noch etwas warten können?“ „Erstmal können vor Lachen. Die Zeiten sind nicht so rosig, als dass ich noch große Rücklagen hätte, deswegen kann ich es mir auch nicht leisten, auf meinen offenen Rechnungen sitzen zu bleiben!“ Robert fragte: „Kennst Du eigentlich alle, die hier in der Runde versammelt sind?“ „Die meisten ja, aber ab und an sind neue Gesichter dabei, es hat sich rumgesprochen, dass wir eine ganz fidele Runde sind, und unsere Wirtin lässt dann immer noch einige mit herein, mal Damen mal Herren, aus persönlichen Gründen oder weil sie ein bisschen Geld da lassen. Wer weiß? Ich finde auch, dass es heute mehr sind als sonst, für alle Fälle habe ich ja immer den großen Kerl mit, damit ich zur Not jemanden habe, der mich sicher heimbringt.“ Sie gingen zurück zur Schankstube, die sich in der Zwischenzeit um einiges geleert hatte, es saßen noch einige wenige Bekannte da, und Joe an der Theke mit alkoholfreiem Hefeweizen. Die Wirtin war nirgends zu sehen, einer von den Typen am Tisch holte eine Uzi Maschinenpistole hervor und öffnete ohne Vorwarnung das Feuer quer durch das Lokal. Zwei andere nehmen ebenfalls ihre Maschinenpistolen hoch, Schussgarben aus ihren Waffen zerhackten das Lokal.

      Joe, Robert und Egon retten sich mit einem Sprung hinter die Theke, dort führte eine Tür nach hinten aus dem Geschosshagel heraus, einige retteten sich mit einem Sprung durch's Fenster, wer das nicht schaffte blieb einfach liegen und fügte sich in sein Schicksal. Die drei stürmten durch das hintere Treppenhaus, zum Glück waren die Türen nicht verschlossen. Auf dem Hof des Roten Auerhahns steht ein rotes italienisches Piaggio Dreirad. Der Schlüssel steckt sogar. Als hätten sie es vorher verabredet ist Joe Fahrer, die anderen klettern auf die Ladefläche unter die Plane. „So ein verfluchter Dreck!“, schimpft der Direktor. Die Anderen stimmen im Geiste zu. Joe gibt Gas, die ersten Geschosse hämmern gegen das Dreirad, zum Glück wird niemand getroffen. Das Dreirad ist schon unter dem Torbogen, der Schütze ist auf den Hof gestolpert und liegt flach, unangefochten verlassen die Flüchtlinge den Hof. „Wolltest Du heute solche Erlebnisse haben, Doktor?“ „Die habe ich nicht erst seit heute, mein lieber Direktor!“ knurrte Robert. In einer Seitenstraße hielten sie hinter einer Mauer, und peilten erstmal die Lage.

      Nachdem eine Weile nichts passiert war, kam der Vierschröter um eine Ecke, wo sie es nicht erwartet hätten. „Einen habe ich erledigt Chef, die andern abgehängt!“ „Freut Euch bloß nicht zu früh! Die brauchen bestimmt nicht lange bis wir sie hier haben.“, ließ sich Joe vernehmen, er deutete mit dem Arm in eine Richtung: „Sie können nur von dort drüben oder hier kommen, ich geh mal davon aus, dass Sie sich wie ich, hier nicht auskennen, am besten ist's, der Große geht versetzt auf die gegenüberliegende Seite, in den Schatten vom Hauseingang, da sind die Angreifer in der Mitte und wir etwas im Vorteil.“ Sie machten es genauso, und warteten geduldig, jeder auf seinem Platz. Zu dieser Tageszeit war jedenfalls hier niemand unterwegs, trotzdem dauerte es nicht lange, bis auf die Straße Bewegung kam, die bekannte schwarze Limousine näherte sich. Einer blieb sitzen, zwei Typen stiegen aus, wer es wusste, sah es schon, dass sie die kleinen Maschinenpistolen unter der Jacke hatten. Dummerweise gingen sie zuerst in Richtung auf das Versteck vom Vierschröter zu, der eigentlich die Rückendeckung machen sollte. Der Hauseingang in dem er sich verborgen hatte, führte in ein Haus vor dem außerdem noch ein Baugerüst stand. Da der Große waffenlos war, hatte er sich ein kurzes Stück Metallrohr als Waffe vom Gerüst genommen. Als die zwei Typen auf seiner Höhe waren, schlug er erbarmungslos mit seinem Stahlrohr zu, einer ging mit gebrochenem Genick zu Boden, im Fall drehte er sich noch einmal um und richtete seinen Blick zum Himmel. Der andere erschrak, riss die Maschinenpistole heraus und eröffnete sofort das Feuer, die Eisenstange klirrte auf das Pflaster, der Riese ging im Kugelhagel zu Boden. Der Schütze setzte ein neues Magazin ein, und schoss in seiner Wut weiter, der Körper des Riesen bewegte sich immer noch kriechend zum Schützen, der weiter auf ihn schoss, schließlich umklammerten die Hände des Vierschröters die Beine des Schützen so, dass er ebenfalls zu Boden ging und nicht los kam. Die Hände hatten sich verkrampft, er bekam sie nicht los, der mit der Maschinenpistole schrie irgend etwas in einer unverständlichen Sprache, der Dritte im Bunde stieg aus der schwarzen Limousine und eilte ihm zur Hilfe, in diesem Moment eröffnete Joe das Feuer, der dritte Finsterling zog den Schädel ein, öffnete den Kofferraum und holte eine Axt heraus, er ging geduckt zu den zwei liegenden Gestalten und hackte mit gezielten Schlägen dem gefallenen Riesen die Hände ab. Der Freigekommene und der Andere zerrten ihren, auf dem Pflaster liegenden Mitstreiter, zur Limousine und warfen ihn wie einen Sack Kohlen in den Kofferraum, dann stiegen sie wieder ein, gaben Gas und verschwanden, der auf dem Beifahrersitz schoss noch ein paar mal in Richtung Joe, dieser jedoch erwiderte das Feuer und traf in die Hand des Widersachers, so dass dessen Hand schnell ins Fahrzeug zurückgezogen wurde, die Maschinenpistole auf die Straße fiel und liegen blieb. Der Vierschröter lag in seinem eigenen Blut, zersiebt von Kugeln, sein Gesicht und seinen Schädel konnte man fast nicht mehr erkennen, es war nur noch eine breiige Substanz auf der Straße. Der Körper war ebenfalls zerfetzt, wie von einer Splitterbombe.

      Die hinter der Mauer traten zu ihm hin: „Da ist wohl nichts mehr zu machen, er hat sein Leben für uns geopfert, oder fast mehr als das!“ „Ein sehr bitterer Tropfen.“, sagte der Direktor. „Er war mir immer ein guter Mitarbeiter und Freund, in meinem Herzen wird er für immer weiterleben.“ Joe ging zu der Stelle, wo die finsteren Brüder ihre Maschinenpistole hatten fallen lassen, hob sie auf und steckte sie unter die Jacke. Die anderen sahen ihn an.

      „Bei solch einem unsicheren Tagesablauf, wie wir ihn in letzter Zeit hatten, ist es besser, so einen kleinen Spaßmacher bei sich zu haben!“ „Möchte bloß nicht gerade jemand gesehen haben, könnten ins Gerede kommen.“, brummelte der Onkel vor sich hin. „Ach so, ins Gerede kommen, na wenn das Deine ganze Sorgen sind, freue ich mich für Dich.“ „Jetzt sei doch nicht so albern, Du weißt doch, wie ich das meine. Übrigens, was machen wir mit ihm?“, er deutete mit dem Kopf in Richtung der Überreste des Toten. „Ich denke Polizei anrufen, bleibt gar nichts anderes übrig, das hat bestimmt sowieso schon alles jemand beobachtet. Ihr dachtet doch wohl nicht, dass in der ganzen Häuserzeile niemand da ist und keiner die Schießerei gehört hat?“ „Nee, wir sind überfallen worden und fertig fürs erste!“

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      Durch die Nacht fuhr ein Lastwagen, dunkle Abgase hinter sich herziehend, passierte einen Wegweiser an dem zwei Ortsnamen in kyrillischer Schrift angeschlagen waren, im Führerhaus schaukelte der Fahrer hin und her, das Gesicht wurde von einer brennenden Zigarette matt beleuchtet. Das Radio lag in den letzten Zügen, es klangen noch Akkorde einer russischen Rockgruppe durch. Der Laster fuhr durch die Kurven, ohne sein Tempo im geringsten zu vermindern. Irgendwann nahm der Weg ein Ende, der Fahrer wollte das Radio noch lauter drehen,