Geheimnisse. Heidi Oehlmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heidi Oehlmann
Издательство: Bookwire
Серия: Blind Dates & andere Katastrophen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750215924
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das Taxi in Bewegung.

      Ich bin etwas verwirrt, als der Taxifahrer zehn Meter vor der Bar anhält. Dann fällt mir auf, dass wir genau vor der Hausnummer stehen, die Suse ihm genannt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob Susanne sich vertan hat oder sie aus Scham eine falsche Nummer angegeben hat. Jetzt vor dem Fahrer möchte ich sie nicht fragen, um sie nicht in Unannehmlichkeiten zu bringen. So gut kenne ich Mias Geschäftspartnerin noch nicht, um zu wissen, wie sie reagieren würde.

      Während der Fahrt hierher schwiegen wir uns an. Ich hoffe, dafür ist die Anwesenheit unseres Chauffeurs verantwortlich. Es wäre nicht auszuhalten, wenn wir uns schon nach dieser kurzen Zeit nichts mehr zu sagen hätten. Dann wäre der Abend von vornherein zum Scheitern verurteilt.

      Suse bezahlt den Fahrer, bevor wir aussteigen. Bisher haben wir nicht über die Teilung der Taxikosten gesprochen. Jetzt möchte ich nicht darüber reden. Ich werde nachher einfach die Kosten für die Rückfahrt übernehmen. Damit sollte sich das Thema erledigt haben.

      Wir bewegen uns im Schneckentempo auf die Bar zu. Suse ist in ihren hochhackigen Schuhen nicht in der Lage schneller zu laufen. Ich bin ein bisschen genervt, dass es so langsam vorangeht, dennoch sage ich nichts.

      Vor der Eingangstür, die in die Bar führt, sitzt eine ältere dickliche Frau in dem Flur an einem kleinen Tisch. Sie kassiert von allen weiblichen Gästen - an diesem Abend sind es der Veranstaltung entsprechend nur Frauen - die hinein wollen, den Eintritt ab. Ich muss schlucken. Auch von uns will sie pro Nase fünfzehn Euro haben. Ich finde den Preis ziemlich unverschämt, bezahle dennoch zähneknirschend mein Eintrittsgeld. Normalerweise bin ich viel zu geizig, um für so etwas Geld auszugeben. Aber jetzt sind wir schon hier und ich möchte keine Spaßbremse sein. Wenn ich es allerdings vorher gewusst hätte, wäre ich definitiv nicht mitgekommen. Bis vor ein paar Minuten dachte ich noch, der Eintritt wäre frei und die Barbetreiber würden ihre Kohle durch die Getränke machen.

      Suse zahlt ihren Beitrag ebenfalls. Sie scheint keine Probleme mit dem Preis zu haben. Zumindest verzieht sie keine Miene.

      Während ich darauf warte, dass sie fertig wird, lese ich auf dem Plakat, das neben der Kassiererin an der Wand hängt, im Eintrittspreis ist ein Freigetränk enthalten.

       Na da bin ich ja mal gespannt, was uns zu trinken geboten wird. Hoffentlich nicht wieder so eine wässrige Sektplürre, die es auf derartigen Veranstaltungen gibt!

      Noch bevor ich meinen Gedanken zu Ende denken kann, sehe ich durch die halb geöffnete Tür, die in die Bar führt, zwei Damen, die mit jeweils einem Tablett mit Sektgläsern den hereinkommenden Frauen ein Glas anbieten.

       Ich habe es geahnt!

      Da wir nun schon das Freigetränk bezahlt haben, nehmen wir uns im Vorbeigehen auch ein Glas von dem Blubberwasser.

      Dann gehen wir weiter in die Bar hinein und schauen uns in aller Ruhe um.

      »Boah, ist hier was los«, sagt Suse.

      »Das kann man wohl sagen«, antworte ich.

      Wir sind beide erstaunt, wie voll es schon ist. Immerhin soll die Strippshow erst in einer halben Stunde losgehen. Dank mir sind wir viel zu früh da. Ich mag es einfach nicht, zu Veranstaltungen zu spät zu kommen und womöglich einen schlechten Sitzplatz zu bekommen.

       Warum sollte es den anderen Frauen nicht genauso gehen? Keine von ihnen wird den Anfang verpassen wollen.

      Ehrlich gesagt habe ich noch nie so viele Weiber auf einem Haufen gesehen. Klar beim Shoppen begegnet man in den Boutiquen schon vielen Frauen. Dieser Anblick hier in der Bar übertrifft alles, was ich bisher sah.

      Ich schaue mir einige der Besucherinnen genauer an und bin erleichtert, dass sich unter ihnen nicht nur aufgedonnerte Tussis befinden. Zu meinem Glück gibt es viele, die so normal wie ich gekleidet sind. Man könnte fast sagen, die eine Hälfte ist aufgetakelt wie Suse und die andere so leger angezogen, wie ich es bin.

      Ich bin ein wenig erschrocken, als ich die Stuhlreihen vor der Bühne entdecke.

      Wir gehen langsam darauf zu und schauen uns nach zwei freien nebeneinanderliegenden Plätzen um, die eine gute Sicht auf das Podium bieten. Jedoch sind die meisten guten Sitzplätze schon besetzt, sodass wir keine großartige Wahl mehr haben.

      Suse scheint zwei halbwegs anständige Plätze entdeckt zu haben. Sie greift nach meinem Arm und zieht mich hinter sich her.

      Dann sehe ich, wo sie hin will. In der Mitte der dritten Reihe sind noch zwei Stühle frei, auf die wir uns stürzen.

      Von hier aus hat man zwar nicht so eine gute Sicht, wie in den beiden vorderen Reihen, aber man sieht allemal mehr, als weiter hinten.

      Ich hatte mir das anders vorgestellt. Hätte ich gewusst, dass wir anstatt an Tischen, in Reihen sitzen müssen, hätte ich Suses Vorschlag hierher zu kommen nicht angenommen. Ich mag es nicht, wenn ich zwischen so vielen anderen Frauen eingepfercht bin. Da fühle ich mich unwohl und komme mir wie ein eingesperrtes Tier im Zoo vor. Aber jetzt sind wir schon mal hier und haben bereits den Eintritt bezahlt. Dann will ich natürlich auch etwas für mein Geld geboten bekommen.

      Wir setzen uns fast zeitgleich auf die beiden freien Plätze und warten darauf, dass es endlich losgeht. Obwohl es noch einige Minuten bis zur Show dauert, starren wir wie hypnotisiert auf die Bühne.

      »Ich bin so aufgeregt«, höre ich Suse sagen.

      Ich schaue zu ihr rüber und sehe, wie sie ganz hibbelig auf ihrem Stuhl hin- und herrutscht. Bei dem Anblick muss ich mir ein Grinsen verkneifen. Suse sieht aus, wie ein Teenager, der sich für sein erstes Date in Schale geworfen hat und nun nervös auf den Jungen wartet.

      Bei mir ist es anders. Natürlich freue auch ich mich auf die Strippvorstellung, aber meine Aufregung hält sich in Grenzen. Vielleicht, weil ich vor Jahren mit meiner Cousine Elisabeth schon einmal bei so einer Strippshow war und in etwa weiß, wie es abläuft. Damals war ich auch extrem aufgeregt, fast so wie Suse jetzt. Susanne sieht heute zum ersten Mal dabei zu, wie sich ein paar Kerle auf einer Bühne entkleiden. Deshalb kann ich ihre Aufregung gut verstehen.

      »Bist du denn überhaupt nicht aufgeregt?«, fragt Susanne, die immer hibbeliger zu werden scheint. Statt ruhig sitzen zu bleiben und auf die Show zu warten, ist sie so unruhig, dass sie ständig aufsteht, um sich kurz darauf wieder zu setzen. Ihr Verhalten macht mich nervös. Ich muss mich zusammenreißen, ihr das nicht zu sagen. Um mich ein bisschen von meiner aufgekratzten Begleitung abzulenken, beobachte ich zwei Frauen, die ganz ruhig vor uns sitzen.

      »Doch, ein wenig«, flunkere ich, um Suse ihre Vorfreude nicht zu nehmen.

      Ich schaue mich um und sehe, wie sich allmählich die Reihen hinter uns füllen. Viele der Frauen, die vorher noch herumstanden und sich unterhielten, haben inzwischen Platz genommen. Es kann also nicht mehr lange dauern, bis es endlich losgeht.

      Ich werfe einen Blick auf meine Armbanduhr und sehe, dass es in acht Minuten so weit ist.

      Suse, die neben mir sitzt und immer noch gebannt auf die Bühne schaut, tippelt mit ihren Füßen auf dem Fußboden herum. Das Geräusch macht mich wahnsinnig. Statt sie aufzufordern, damit aufzuhören, versuche ich an etwas Schönes zu denken. Doch es gelingt mir nicht. Bevor ich einen neuen Versuch starten kann, wird plötzlich der Raum verdunkelt.

      »Jetzt geht es los«, kreischt es ein paar Stühle neben mir. Ich weiß nicht genau, welcher Frau die Worte herausgerutscht sind. Alle Damen zu meiner rechten Seite scheinen noch aufgeregter zu sein, als meine Begleitung auf dem Stuhl links neben mir.

      Suse stupst mich an, als sich der Vorhang in Bewegung setzt. Ganz langsam wird er aufgezogen und zum Vorschein kommen drei Herren, die noch komplett bekleidet sind.

      »Die würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen«, schreit eine Frau hinter uns.

      »Da hat sie recht«, stimmt Susanne grinsend zu.

      Ich verdrehe nur die Augen und schaue mir die Männer genauer an.

      Erst, als der Scheinwerfer auf die drei Herren