Drunter und Drüber. Erich Sedlak. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Erich Sedlak
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844264968
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      Impressum

      Drunter und Drüber

       Erich Sedlak

       published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

       Copyright: © 2013 Erich Sedlak

       ISBN 978-3-8442-6496-8

      Der Sektionschef geht fremd

      Frau Nebuchal: Wissen Sie schon das Neueste?

      Mit dieser Frage eröffnete Frau Nebuchal ihren morgendlichen Smalltalk mit Herrn Witasek.

      Frau Nebuchal: Eigentlich dürfte ich es Ihnen gar nicht erzählen, weil ich es selbst nur unter dem Siegel der allergrößten Verschwiegenheit erfahren habe.

      Nachdem Herr Witasek bei Verlust seines Augenlichtes geschworen hatte, keinem Menschen von der Neuigkeit etwas weiter zu erzählen, erfuhr er von Frau Nebuchal, dass das im Gesellschaftsleben der Kleinstadt hochgeachtete Ehepaar Löschenkohl kurz vor der Scheidung stünde, weil ER SIE betrogen hatte.

      Herr Witasek: Da bin ich aber zutiefst erschüttert, Frau Nebuchal! Gerade die Löschenkohls! Dieses Musterbeispiel einer der noch wenigen intakten Ehen!

      Frau Nebuchal: Pst! Wenn Sie weiter so brüllen, weiß es bald die ganze Stadt!

      Wenig später fragte Herr Witasek die ihm begegnende Frau Professor Mayerhofer:

      „Wissen Sie schon das Neueste? Eigentlich dürfte ich es Ihnen gar nicht erzählen, da ich bei Verlust meines Augenlichtes geschworen habe, keinem Menschen davon etwas zu erzählen...

      Frau Mayerhofer: Ich werde schweigen wie ein Grab! …

      … so murmelte daraufhin Frau Professor Mayerhofer ihre Beteuerungsformal und gab überdies zu bedenken, dass sie auf dem linken Ohr schwerhörig sei.

      Frau Mayerhofer: Was behaupten Sie da? Die Löschenkohls? Das ist ja unvorstellbar, dass der Sektionschef fremd gegangen ist! Noch dazu in seinem Alter! Na, hoffentlich wirkt sich die Scheidung bei ihren Zwillingen nicht nachteilig aus. Ich habe ja beide in meiner Klasse.

      Am nächsten Morgen berichtete Frau Professor Mayerhofer Herrn Hofrat Wellan, - allerdings erst nach Ablegen seines Schweigegelübdes:

      Herr Wellan: Alle Haare sollen mir ausfallen!

      … dass die Zwillinge der Löschenkohls in mehreren Fächern mit einem Nichtgenügend abschließen würden, da deren Eltern kurz vor der Scheidung stünden.

      Herr Wellan: Bestimmt steckt eine andere Frau dahinter, Frau Professor, oder irre ich mich?

      Frau Mayerhofer: Eine andere Frau? Unter Umständen schon, Herr Hofrat! Unter Umständen schon!

      Herr Wellan: Wissen Sie schon das Neueste?

      … flüsterte Hofrat Wellan noch am selben Vormittag der Postbotin Aumacher über den Gartenzaun zu.

      Frau Aumacher: Nein, noch nicht, doch Sie werden es mir gleich erzählen.

      Herr Wellan: Behalten Sie es aber bitte für sich! Die Löschenkohls haben sich scheiden lassen, weil dieses alte Schwein in einer Wiener Absteige regelmäßig eine blutjunge Studentin trifft, die sich jetzt in anderen Umständen befindet. Außerdem fallen wegen dieser Tragödie die armen Zwillinge im Gymnasium durch.

      Geheimnisträgerin Aumacher behielt ihr Geheimnis nicht lange für sich. Schon einige Briefkästen weiter verwickelte sie Frau Magersreiter in ein Gespräch, bei dem nach dem von ihr abgeleisteten Schwur …

      Frau Magersreiter: Der Schlag soll mich treffen! …

      … auch das Schicksal der Löschenkohls zur Sprache kam.

      Frau Aumacher: Seit über einem Jahr führt dieser Sexualprotz in einer Wiener Luxuswohnung ein Doppelleben mit einer Geliebten. Doch herausgekommen ist die Affäre erst jetzt, weil sie von ihm ein Kind erwartet. Die Folge davon: die komplette Zerrüttung der Familie samt Scheidung. Übrigens: Wie ich gestern die Löschenkohl, gesehen habe, bin ich direkt erschrocken. Aufgedunsen ist sie wie ein Germknödel! Ich glaube, die hat mindestens fünf Kilo zugenommen. Außerdem fallen die armen Zwillinge im Gymnasium durch!

      Frau Magersreiter zeigte sich entsetzt, als sie gleich darauf ihrem Mann von der Katastrophe Mitteilung machte.

      Frau Magersreiter: Stell´ dir vor, schon seit Jahren hat der Sektionschef Löschenkohl eine Affäre mit einer Edelnutte, der er in Wien sogar ein Penthouse eingerichtet hat, und die jetzt von ihm hochschwanger geworden ist. Kein Wunder, dass seine Alte, aus Frust wegen der bevorstehenden Scheidung zehn Kilo zugenommen hat und zur Alkoholikerin wurde und ihre Zwillinge in die Hauptschule wechseln müssen.

      So weit war das Gerücht bereits fortgeschritten, als Frau Leonseder, die dieses erst wenige Minuten zuvor von Herrn Magersreiter erfahren hatte, im Friseursalon die neben ihr sitzende Frau Löschenkohl fragte, wann eigentlich die Scheidung stattfinden würde. Wutentbrannt sprang diese auf und riss sich die Lockenwickler aus ihrer blond gefärbten Haarpracht.

      Frau Löschenkohl: Aber das sind doch alles nur Gerüchte! Von wem haben Sie diesen unglaublichen Unsinn?

      Erst nachdem Herr Löschenkohl Frau Leonseder androhte, gegen sie eine Ehrenbeleidigungsklage einzubringen, bequemte sich diese, ihre Informantin preiszugeben und löste damit einen Schneeballeffekt aus, der über das Ehepaar Magersreiter, die Postbotin Aumacher, den Hofrat Wellan, Frau Professor Mayerhofer, Herrn Witasek bis hin zu Frau Nebuchal führte. Diese leugnete jedoch hartnäckig, über die Angelegenheit auch nur jemals ein Sterbenswort verloren zu haben, als sie von Frau Löschenkohl noch am selben Tag angerufen wurde.

      Frau Nebuchal: Ich kann doch nicht jedes Gerücht, das mir zugetragen wird, auch noch auf seinen Wahrheitsgehalt überprüfen… bevor ich es selbst weiter erzähle!

      Herr Sektionschef Löschenkohl beauftrage daraufhin Rechtsanwalt Doktor Oberholzer an den involvierten Personenkreis Schreiben mit dem Hinweis zu versenden, jede weitere Verächtlichmachung der Löschenkohls in Hinkunft zu unterlassen, da man sonst gerichtliche Schritte unternehmen müsse. Einige Tage danach rief Oberholzer bei seinem Auftraggeber an, wo sich Frau Löschenkohl meldete.

      Frau Löschenkohl: Hier Löschenkohl. Hallo?

      Herr Oberholzer: Küss´ die Hand, gnädige Frau! Hier Doktor Oberholzer. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass an sämtliche Verleumder Briefe mit Berichtigung der inkriminierten Punkte versendet wurden. Ich darf diese kurz anführen: Erstens: Herr Löschenkohl hatte keine Geliebte, für die er in Wien ein Penthouse erworben hat. Zweitens: Herr Löschenkohl hatte keinen Geschlechtsverkehr mit seiner Geliebten. Drittens: Herr Löschenkohl hat daher auch kein uneheliches Kind. Viertens: Das Ehepaar Löschenkohl denkt nicht daran sich scheiden zu lassen. Fünftens: Die Zwillinge sind Vorzugsschüler. Sechstens: Frau Löschenkohl konsumiert Alkohol nur in ganz geringen Mengen und wenn sie in letzter Zeit ein wenig zugenommen hat, dann niemals zehn Kilogramm!

      Noch ehe Frau Löschenkohl mit ihrem Redeschwall beginnen konnte, wurde sie von Oberholzer unterbrochen.

      Herr Oberholzer: Entschuldigen Sie, gnädige Frau, könnte ich mit Ihrem Herrn Gemahl sprechen? Es ginge nämlich um die finanzielle Abwicklung.

      Frau Löschenkohl: Meinen Mann wollen Sie sprechen, Herr Doktor? Tut mir Leid, aber der ist nicht da!

      Herr Oberholzer: Aber das macht doch nichts, gnädige Frau. Soll sich der Herr Sektionschef bei mir melden, wenn er wieder zurück kommt.

      Frau Löschenkohl: Zurück kommt? Das wird schwer gehen.

      Herr Oberholzer: Und warum wird das schwer gehen?