„Aber wir haben mich“, sprach Tjalf, „ich könnte versuchen, es zu schließen.“
„Kannst du das?“ wollte Hanna wissen.
„Ich weiß es nicht, aber finden wir es heraus“, zeigte sich Tjalf motiviert.
Er stellte sich vor das Tor und konzentrierte sich darauf, dass es sich schließen sollte. Es war doch nur logisch, denn wenn er der Schlüssel war, müsste er doch auch abschließen können.
Die Energie, die sich in ihm bildete, konnte er deutlich spüren. Es war ein wenig anders als bei den Angriffen mit Feuer oder mit den Druckwellen, aber tief drinnen wusste er, dass es genau das Richtige war, was er tat. Er hatte nur keine Ahnung wie lange es dauern würde und was er im Detail tun musste. Es war reiner Zufall, mit viel Gefühl.
„Brauchst du Hilfe?“ fragte Hanna nach zehn Minuten.
„Geht schon“, antwortete er.
Plötzlich merkte er, dass das Leuchten erlosch und das Tor sich wieder schloss. Es ist ihm gelungen. Er war ein wenig stolz auf sich.
„Dann können wir endlich raus hier“, sagte er voller Begeisterung.
„Nicht ganz“, unterbrach Peter die Freude seines Freundes, „wir haben da noch den Höllenhund.“
„Klar, aber den kriegen wir, indem wir ein Holzstück schmeißen“, sagte Tjalf.
Die drei machten sich auf den Weg zur Brücke des Todes. Sie merkten nicht, dass sie verfolgt wurden, denn sie waren zu sehr fokussiert darauf, den Komplex zu verlassen. Dann standen sie an der Brücke und wie die Zuverlässigkeit selbst, erschien Canis direkt vor ihnen, indem er auf seiner Brücke stand.
„Hallo Canis“, begrüßte Tjalf den Wachhund und hielt ein weiteres Holzstück in der Hand, welches er von einer Spitzhacke abgebrochen hat.
Er holte aus und warf das Stück in Richtung Abgrund. Doch widererwartend blieb Canis stehen und schaute Tjalf direkt in die Augen.
„Ich glaube, er hat den Trick durchschaut“, sagte Peter.
„Das sehe sich auch“, entgegnete Tjalf.
„Ihr wollt gehen?“ fragte eine Stimme hinter ihnen.
„Hans?“ fragte Hanna, „was machst du hier?“
„Ich will euch aufhalten“, antwortete er.
Tjalf musste fast lachen, denn immerhin waren sie zu dritt und er allein.
„Wie genau soll das passieren?“ fragte Hanna.
„Canis wird euch erledigen“, verriet Hans.
Hatte er den Hund unter seiner Kontrolle? Wenn ja, dann wäre dies sein einziger Trumpf. Oder bluffte er? Dann wäre er ziemlich dumm oder eben total verzweifelt. Er dreht sich zu Canis und sagte etwas zu ihm, was sich dem Latein ähnlich schien.
„Es reicht mir“, sagte Hanna“, geh aus dem Weg oder ich werde dich nicht verschonen.“
Hans wandte sich wieder zu ihr. Es war ein Fehler, denn Canis verschlang ihn, ehe er etwas erwidern konnte, komplett.
„Das habe ich nicht kommen sehen“, sagte Hanna und zeigte sich überrascht.
Dann sprang der Höllenhund von der Brücke und der Weg war auf einmal frei.
„Das habe ich jetzt nicht kommen sehen“, sprach Peter.
„Wir sollten schnell rüber, bevor er sich es anders überlegt“, schlug Tjalf vor.
Alle drei begaben sich so rasch über die Brücke des Todes, sodass sie in kürzester Zeit auf der anderen Seite waren. Ohne zurückzuschauen, gingen sie ins Labyrinth, denn dann hätten sie Canis gesehen, wie er ihnen von einem Felsvorsprung, etwas Abseits zugeschaut hatte.
Der Höhlenirrgarten hatte ihnen ebenfalls etwas Zeit gekostet, denn sie kannten den Weg nicht. Selbst Hanna musste immer wieder nachdenken. Am Ende schafften sie es herauszukommen, denn anderes als in das Höhlensystem zu gelangen, war es einfach, nach draußen zu gehen.
Epilog
Dann standen sie plötzlich wieder in der Ruine. Mitten am Tag. Die Sonne strahlte und der Himmel zeigte sein schönstes Blau. Es war vorbei. Endgültig. Malit würde niemals wieder irgendeinen Menschen zum Geist machen und keine Geistersklaven mehr halten.
„Ich sollte nach Hause“, fiel es Tjalf wieder in, „Maria macht sich sicherlich große Sorgen.“
Also ging er zu seinem Fahrrad. Obwohl er ordentlich in die Pedale trat, hatte Tjalf das Gefühl, nicht voranzukommen. Es war ein typischer Effekt, wenn es mal schneller gehen musste. Das Fahrrad wurde rasch in den Schuppen gestellt und er kletterte mit aller Kraft wieder zurück in sein Fenster, um in sein Zimmer zu gelangen.
„Ganz schön trainiert“, sagte Peter und war offenbar beeindruckt von dieser sportlichen Leistung.
„Danke“, sagte Tjalf und schmiss sich auf sein Bett.
Just in diesem Moment klopfte es an der Tür. War es Maria?
„Tjalf, Guten Morgen“, begrüßte sie ihn.
Tjalf war sehr müde, denn immerhin hatte er gar nicht geschlafen, aber das wusste sie natürlich nicht. Zumindest hätte sie eine andere Reaktion gezeigt, wüsste sie es, dass er über Nacht fort war.
„Alles in Ordnung mit dir?“ fragte sie und Tjalf nahm ihre ehrliche Sorge wahr.
„Nee, ich fühle mich krank“, antwortete Tjalf.
Und obwohl seine Schauspielerei eigentlich sehr schlecht war, kaufte sie es ihm ab.
„Soll ich dir Tee machen?“ fragte sie und ging ohne die Antwort abzuwarten in Richtung Zimmertür.
„Gerne“, antwortete Tjalf und schaute zur Untermalung noch mal mit seinem traurigsten Dackelblick.
„Du bist also krank?“ witzelte Peter, „alles klar.“
Ich brauche Schlaf“, rechtfertigte Tjalf.
„Ist schon in Ordnung“, sagte Hanna, „wir kommen heute Abend wieder. Erhole dich gut.“
Peter und Hanna schwebten zum Fenster. Kurz bevor Hanna durch das Fenster wollte, drehte sie sich noch einmal zu Tjalf um und sagte:
„Wir sind schon ein tolles Team. Eine Art Geisterbande.“
„Bis auf mich“, wandte Tjalf ein.
„Och, du gehörst auch dazu“, erwiderte sie und verschwand.
Nach einer Weile kam Maria mit dem Tee. Tjalf trank etwas und legte sich dann zum Schlafen hin. Dieses Mal träumte er nichts. Vielleicht war er einfach zu platt dafür. Dann klopfte es erneut an der Tür.
„Ja?“ fragte er, denn es kam ihm vor als hätte er ein Powernapp gemacht.
Maria öffnete die Tür und hatte einen enttäuschenden Blick. Tjalf wusste nicht, weshalb. Er konnte aber sehen, dass es bereits Abend war. Sein Schlaf hatte ihn offensichtlich umgehauen.
„Zieh dich bitte an und komme runter, da sind zwei Herren, die mit dir sprechen wollen“, erklärte Maria.
Zwei Herren? Warum machte sie so ein Geheimnis daraus? Tjalf zog sich um und stiefelte nach unten. Da saßen in der Küche zwei Polizisten. Tjalf zuckte zusammen. Obwohl er nichts verbrochen hatte, guckte er ziemlich schuldbewusst.
„Guten Abend, junger Mann“, begrüßte der eine Beamte Tjalf und reichte ihm die Hand.
Tjalf streckte brav sie Hand entgegen, war aber weiterhin irritiert, denn er verstand nicht, was los war.
„Du fragst dich bestimmt, weshalb wir hier sind“, sprach der andere Polizist.
„Ja“, antwortete Tjalf kurz und knapp.