Das Israfil-Komplott. Sean D. McCarthy. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sean D. McCarthy
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844257687
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zu erkennen und, wenn notwendig, es bereits in diesem Stadium vernichten zu können“ murmelte ein auf einmal sehr nachdenklicher Wischnewski, aber, lauter werdend „in einem Rechtsstaat wird und muss es leider immer ein Traum bleiben.

      Aber, weil irgendwann dieses heimtückische Morden ein Ende haben muss und ich den Wein wunderbar finde, Helmut, will ich heute Abend einmal mitträumen.“

      „Nun“ klar denkend und pragmatisch wie immer, sagte Oberst Wegener “Ja, meine Herren, der Wein ist hervorragend, Herr Bundeskanzler, ich würde zu einer weiteren Flasche nicht Nein sagen.“

      Dann, ganz ruhig setzte er hinzu „und auch ein alter Soldat kann einmal träumen.“

      Jetzt wurde Oberst Wegener auf einmal sehr ernst und förmlich: „Herr Bundeskanzler, Herr Staatsminister, ich bitte Sie beide, den Rat eines erfahrenen Soldaten anzunehmen:

      Meine Leute sind anständige Soldaten, sie sind Menschen! Was wir hier für unseren Traum bräuchten, sind jedoch skrupellose Mörder, denen bestehendes Recht, Menschen, aber auch deren Leben nichts bedeutet.

      Die Personen müssten Zivilpersonen sein, eine kleine, wenn auch mörderische Truppe, die nur im Untergrund arbeitet; sie dürfen niemals weder wie Soldaten aussehen noch als solche zu erkennen sein, so wie dies bei den Leuten meiner GSG 9 niemals zu Verleugnen wäre.

      Meine Leute sind gut, sie sind einmalig! Aber jeder, der sie sieht, weiß, was und wer sie sind! Die hier skizzierte Truppe darf weder so von soldatischer Ausbildung geprägt sein wie meine Leute, noch darf sie so gehorsam sein.

      Sie müsste zwar von geeigneter, deutscher Stelle ihren Auftrag erhalten und sie dürfte niemals ohne einen solchen Auftrag handeln.

      Aber sie müsste eigene Entscheidungen treffen können, wann und wie sie tötet; und nicht auf Befehle dazu warten müssen wie meine Leute; und es darf sie niemals, sei es offiziell oder inoffiziell geben.

      Auch müssen ihre Mitglieder anständige Bürger Deutschlands sein. Denn sie würden irgendwann, auch wenn Deutschland sie niemals als eigene Bürger zu erkennen geben kann, den Schutz unseres Landes in Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen. Wir hätten dann die moralische Verpflichtung, nein sogar den Zwang, ihnen zu helfen.

      Aber meine Leute dürfen und würden nur anständige Bürger Deutschlands aus jeder Scheisse heraushauen, auch wenn diese Bürger die Scheisse selbst angerührt haben.“

      Oberst Wegener hatte mit so manchem in seiner Ansprache recht; er konnte sich nur als Ehrenmann nicht vorstellen, dass Politiker niemals einer Rettungsaktion für eine solche Truppe zustimmen würden.

      „Gut gebrüllt, Löwe, aber auch zur Kenntnis genommen“ sagte ein lächelnder Wischnewski, während er sich wieder emsig seine dicken Brillengläser putzte „Aber wie, lieber Wegener, wollen Sie in unserem Traum vermeiden, dass diese Truppe sich nicht selbständig macht und auch einmal ohne Auftrag arbeitet oder gar unser Land mit ihrem Wissen erpresst?“

      „Ganz einfach, sie kommen dann auf die offizielle Fahndungslister der Bundesrepublik Deutschland als gesuchte, höchst gefährliche deutsche Terroristen, deren Festnahme durch die GSG 9 möglicherweise den Einsatz von Schusswaffen erfordern würde.“

      Jetzt mischte sich der Bundeskanzler ein „Dies, lieber Wegener, sind leider nur hypothetische Gedankenspiele: Ihre Leute werden ohnehin niemals für einen solchen Einsatz angefordert werden.

      Denn Deutschland hat keine solche Mördertruppe und wird nie eine haben. Und was es nicht gibt, dem kann auch nicht geholfen werden! Aber jetzt, meine Herren, lassen Sie uns noch ein bisschen weiterträumen.“

      In den darauf folgenden Stunden wurde, während von den drei Beteiligten die Lächerlichkeit und Unmöglichkeit der Erfüllung eines solchen Traumes immer wieder betont wurde, eine winzige, schlagkräftige Untergrund-Einheit in der Theorie aufgebaut. Sie waren sich einig, so wie sie jetzt nur zu Dritt waren, durfte auch dieser Traum-Einheit nur maximal drei Mann betragen.

      Es müssten auch diesem Traum alle nur erdenklichen Hilfestellungen, zu denen Deutschland fähig war, zur Verfügung gestellt werden und es dürfte keinesfalls jemals bekannt werden, dass es eine solche Einheit gab.

      Sie kamen überein, dass die beste Tarnung wäre, wenn die drei Mitglieder der Gruppe deutsche Geschäftsleute wären, die auf Grund ihrer Tätigkeiten, ihres Berufsbildes, ihrer Produkte, den Wunsch der islamistischen Terroristen beförderten, von sich aus mit der Gruppe in Verbindung zu kommen.

      Alle Drei hatten voller fast kindlichem Vergnügen immer wieder neue Ideen, und als es dann sogar schon um die Namensfindung für diesen Traum, bestehend aus einer 3-Mann-Einheit ging, wusste keiner, warum auf einmal der Name „Odin mit seinen Raben Hugin und Munin“ im Raume stand.

      „Ausgerechnet „Odin“ der Göttervater, der Kriegs- und Totengott, Gott der Dichtung und Runen, Magie und Ekstase! Und seine beiden Raben Hugin und Munin! Ach ist es schön, auch einmal albern sein zu können, auch mit so lächerlichen Pathos herum wedeln zu dürfen“, und wieder wurden die Drei von Gelächter geschüttelt.

      Die Diskussion war weiterhin von Heiterkeit geprägt und es wurde sogar erörtert, ob Odin mit seinen beiden Raben wohl besser bei dem Verteidigungsministerium auf der Hardthöhe in Bonn oder dem Bundesnachrichtendienst in Pullach bei München angesiedelt sein sollte.

      Hier stimmten die drei Herren allerdings sofort überein, dass sowohl Georg Leber, der damalige Verteidigungsminister, als auch der BND-Chef, Generalleutnant Gerhard Wessel, sie alle amtsärztlich auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen würden, wenn ihnen diese lächerliche Idee jemals zu Ohren käme. Dann erhoben sie erneut die Weingläser.

      Spät in der Nacht fuhren die Dienstwagen der Herren Wischnewski und Wegener vor; ein teils mehr als vergnüglicher, teils sehr ernster Abend war zu Ende gegangen und die drei Herren sprachen nie wieder über das Thema.

      Es konnte im Nachhinein niemals geklärt werden, wie dieses, wirklich nur komisch und albern gemeinte Gespräch binnen zwei Tagen seinen Weg in das Deutsche Verteidigungsministerium fand, hier in der geheimen Stabsabteilung C12-12 landete und dem diese Abteilung leitenden Regierungsdirektor Dr. Wolfgang Billardier ein höchst nachdenkliches Wochenende bescherte.

      Am darauf folgenden Montag wurde von ihm die Akte „Odin“ angelegt und als höchste Priorität eingestuft.

      25 Jahre später, nach dem sang-und klanglosen Verschwinden von „Odin und seinen Raben“, wurde immer noch gemutmaßt, dass der Kanzlerbungalow damals abgehört worden war; dass man diesem untadeligen, integeren Kanzler bewusst Böses anhängen wollte, indem die Gruppe „Odin“ erst geschaffen wurde und dann als Verfassungsbruch des Kanzlers medial ausgeschlachtet werden sollte.

      Aber, wie die deutsche Gründlichkeit nun mal ist, die normative Kraft des Faktischen hatte das Zepter übernommen.

      „Odin“ war ins Leben gerufen worden und wurde, als nunmehr nicht mehr nur fiktives Lebewesen, umfassend durchgeplant, rekrutiert und anschließend auf seine Einsätze vorbereitet.

      Kapitel 8

      März 2001

      Al-Kaida

      Die westlichen Geheimdienste sind – entgegen der landläufigen Meinung der Bevölkerung ihrer jeweiligen Länder – meist gut bis sehr funktionierende Institutionen, denen ganz selten einmal eine wichtige, ihre Nationen betreffende, Information entgeht. Aber, wenn dies doch einmal passieren sollte, hilft ein anderer Geheimdienst aus und füllt in freundschaftlicher Verbundenheit die Wissenslücke unter dem altrömischen Gedankengut „do ut des“, also „Ich gebe Dir, damit Du mir auch gibst“, auf.

      Seit dem 2. Weltkrieg gab es somit eigentlich kein einziges Mal, in welchem eine wirklich die Existenz der westlichen Nationen bedrohliche Situation sich entwickeln konnte, ohne dass alle wichtigen, westlichen Staatsmänner zumindest vorher und währenddessen genau das Gefährdungspotenzial abschätzen konnten.

      Von dieser gültigen Aussage gab es nur ein einziges Mal eine Ausnahme, aber diese nur, weil sich etwas ereignete, was die