Ella Wessel
GESICHT ist GESICHT
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 15 - der gelbe Porsche
Gesicht ist Gesicht
„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“
(Immanuel Kant)
Kapitel 1 - August 1993
Auf der Rückreise von der Schweiz nach Berlin fand ich am Abend in Lindau ein Zimmer für eine Nacht, in einem drei Sterne Garni Hotel. Einfach, aber sauber, von der Besitzerin liebevoll eingerichtet. Das kleine Mansardenzimmer im zweiten Stock, maximal vierzehn Quadratmeter groß, schien das einzige noch freie Zimmer im Ort zu sein. Ich war es gewohnt, in größeren vier bis fünf Sterne Häusern zu übernachten, aber alle waren ausgebucht. Nach einer heißen Dusche machte ich es mir mit einem Käsesandwich und einem Glas Wein auf dem Bett gemütlich. Soweit man es sich auf einem Hotelbett, das an einer schrägen Wand steht und nicht breiter als ein Meter ist, gemütlich machen konnte. Das Sandwich hatte ich mir an einer Autobahnraststätte gekauft und den Wein von der Rezeption mit auf mein Zimmer genommen. Ich schaltete das Schweizer Fernsehprogramm ein um die Nachrichten anzusehen. Und dann hörte ich folgende Meldung:
Wildschweine im Tessin! Gestern fand die Polizei in einem Waldstück in der Nähe von Ascona die bis zur Unkenntlichkeit entstellte Leiche eines vermutlich deutschen Touristen. Die Polizei geht davon aus, dass es sich um den Besitzer oder Eigentümer des Sportwagens mit einem Berliner Kennzeichen handelt, der unweit des Fundortes der Leiche parkte. Der Mann trug keine Ausweispapiere bei sich. Die Polizei ermittelt und tappt derzeit noch im Dunkeln. Die Wildschweine haben einen Großteil des Bodens umgepflügt. Dazu noch das Unwetter vom Vortag, was eine Spurensicherung fast unmöglich macht. Was uns jedoch beschäftigt, sind die Fragen, seit wann es im Tessin Wildschweine gibt und ob Wildschweine Menschen anfallen? Wir fragten dazu einen Experten…
Als ich diese Meldung hörte, wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Die Leiche lag unweit des Fahrzeuges, also nicht mehr unmittelbar daneben, dort wo wir sie abgelegt hatten. Das muss ja eine riesige Sauerei gewesen sein.
…Die Invasion der Wildscheine ist ein relativ neues Problem. 1981 wurden im Tessin erstmals wieder Wildschweine gesichtet. Die Population vermehrt sich rasend schnell. Bis zum Park am Monte Veritá waren sie bisher noch nicht vorgedrungen. Menschen wurden auch nicht angegriffen. Ein bewusster Angriff eines Wildschweines auf einen Menschen ist mehr Jägerlatein als Realität. Wenn überhaupt, würde das Tier auch höchstens eine Attacke machen und dann fortlaufen. Wildschweine fressen alles, also auch Fleisch. Sie sind aber keine Raubtiere, sondern Aasfresser. Das heißt, sie würden auf Futtersuche niemals einen Menschen anfallen. Liegt allerdings eine Leiche im Wald, kann es schon sein, dass Wildschweine sie anknabbern. Wenn eine Bache jedoch eine Bedrohung für ihre Frischlinge sieht, kann das schon mal anders ablaufen…
Ich hörte den Ausführungen nicht weiter zu und dachte mir, da haben wir ja noch mal Schwein gehabt. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Nach einem weiteren Glas Wein stellte ich den Fernseher ab, knipste das Licht aus und ging mit diesen Bildern