Zu 6.2.1(4) und (5)
Während plastische Querschnittsausnutzung nur für Querschnitte der Klasse 1 und 2 möglich ist, vgl. Definition der Querschnittsklassen in Abschnitt 5.5, können elastische Spannungsnachweise für Querschnitte aller Klassen geführt werden. Während für gewisse Querschnittstypen wie I- oder H-Querschnitte in den folgenden Abschnitten zum Teil sehr vorteilhafte, vereinfachte Nachweise genannt sind, stellt das Fließkriterium nach Gleichung (6.1) einen immer gültigen konservativen Grenzspannungsnachweis dar.
Zu 6.2.1(7) und Gleichung (6.2)
In die konservative lineare Interaktionsbeziehung nach Gleichung (6.2) können für Querschnitte der Klassen 1 und 2 plastische Querschnittswerte oder Grenzschnittgrößen, für Querschnitte der Klasse 3 elastische Grenzschnittgrößen eingesetzt werden. Zusätzlich sind die Effekte aus Querkraft nach 6.2.6 und Torsion nach 6.2.7 zu berücksichtigen.
Anmerkung: Tragsicherheitsnachweise dürfen in der Mittelebene von Gurten geführt werden. Zu Ermüdungsnachweisen siehe EN 1993-1-9.
(10) Tritt Fließen als Erstes auf der Zugseite des Querschnitts auf, so dürfen bei der Ermittlung der Beanspruchbarkeit von Klasse-3-Querschnitten die plastischen Reserven auf der Zugseite der neutralen Achse durch den Ansatz einer Teilplastizierung ausgenutzt werden.
6.2.2 Querschnittswerte
6.2.2.1 Bruttoquerschnitte
(1) Die Bruttoquerschnittswerte sind in der Regel mit den Nennwerten der Abmessungen zu ermitteln. Lö- cher für Verbindungsmittel brauchen nicht abgezogen zu werden, jedoch sind andere größere Öffnungen in der Regel zu berücksichtigen. Lose Futterbleche dürfen in der Regel nicht angesetzt werden.
6.2.2.2 Nettofläche
(1) Die Nettofläche eines Querschnitts ist in der Regel aus der Bruttoquerschnittsfläche durch geeigneten Abzug aller Löcher und anderer Öffnungen zu bestimmen.
(2) Bei der Berechnung der Nettofläche ist der Lochabzug für ein einzelnes Loch die Bruttoquerschnittsfläche des Loches an der Stelle der Lochachse. Bei Löchern für Senkschrauben ist die Fase entsprechend zu berücksichtigen.
(3) Bei nicht versetzten Löchern ist die kritische Lochabzugsfläche der Größtwert der Summen Risslinie 2 in Bild 6.1.
Anmerkung: Der Größtwert kennzeichnet die kritische Risslinie.
(4) Sind die Löcher für Verbindungsmittel versetzt angeordnet, ist als kritische Lochabzugsfläche in der Regel der Größtwert folgender Werte anzunehmen:
a) der Lochabzug wie bei nicht versetzt angeordneten Löchern nach (3);
(6.3)
Dabei ist
s | der versetzte Lochabstand, d. h. der Abstand der Lochachsen zweier aufeinander folgender Löcher gemessen in Richtung der Bauteilachse; |
p | der Lochabstand derselben Lochachsen gemessen senkrecht zur Bauteilachse; |
t | die Blechdicke; |
n | die Anzahl der Löcher längs einer Diagonalen oder Zickzacklinie (kritische Risslinie), die sich über den Querschnitt oder über Querschnittsteile erstreckt, siehe Bild 6.1; |
d 0 | der Lochdurchmesser. |
Bild 6.1. Versetzte Löcher und kritische Risslinien 1 und 2
Bild 6.2. Winkel mit Löchern in beiden Schenkeln
(5) Bei Winkeln oder anderen Bauteilen mit Löchern in mehreren Ebenen ist der Lochabstand p in der Regel entlang der Profilmittellinie zu messen, siehe Bild 6.2.
6.2.2.3 Mittragende Breite
(1) Die Ermittlung der mittragenden Breite ist in EN 1993-1-5 geregelt.
(2) Bei Querschnitten der Klasse 4 ist in der Regel die Interaktion zwischen der mittragenden Breite und der mitwirkenden Breite infolge lokalen Beulens nach EN 1993-1-5 zu berücksichtigen.
Anmerkung: Bei kaltgeformten Blechen siehe EN 1993-1-3.
6.2.2.4 Wirksame Querschnittswerte bei Querschnitten mit Klasse-3-Stegen und Klasse-1- oder Klasse-2-Gurten bei Momentenbeanspruchung My
(1) Wenn Querschnitte mit Klasse-3-Steg und Klasse-1- oder Klasse-2-Gurten als Klasse-2-Querschnitte eingestuft werden, siehe 5.5.2(11), wird die gedrückte Fläche des Steges entsprechend Bild 6.3 in einen Anteil mit der wirksamen Breite 20 ε tw am Druckgurt und einen weiteren Anteil mit der wirksamen Breite 20 ε tw an der neutralen Achse der plastischen Spannungsverteilung des Querschnitts aufgeteilt.
Zu 6.2.2.3
Vgl. Hinweise zu 6.2.1(2)
Bild 6.3. Wirksame Stegfläche für Klasse-2-Querschnitte
6.2.2.5 Wirksame Querschnittswerte für Querschnitte der Klasse 4
(1) Die wirksamen Querschnittswerte für Querschnitte der Klasse 4 sind in der Regel mit den wirksamen Breiten der druckbeanspruchten Querschnittsteile zu ermitteln.
(2) Bei kaltgeformten Querschnitten siehe 1.1.2(1) und EN 1993-1-3.
(3) Die wirksame Breite für ebene druckbeanspruchte Querschnittsteile ist in der Regel nach EN 1993-1-5 zu ermitteln.
(4) Wenn ein Querschnitt der Klasse 4 durch eine Druckkraft beansprucht ist, kommt das in EN 1993-1-5 genannte Verfahren zur Anwendung, um die mögliche Verschiebung eN der Hauptachse der wirksamen Querschnittsfläche Aeff bezogen auf die Hauptachse des Bruttoquerschnitts A, sowie das sich daraus ergebende Zusatzmoment:
(6.4)
zu