Eines Tages stand Otto vor unserem Haus. Wir hatten ein hübsches Häuschen mit einem Vorgarten. Davor stand Mutter Liesbeth mit Klein Siggi auf dem Arm.
„Das Kann doch nicht mein Kind sein?????…“, muss er wohl gedacht haben
Der Alltag holte uns bald wieder ein. Für mich brach keine gute Zeit an. Ich bekam oft Schläge. Er ließ seine Wut an mir aus, weil seine Frau Fremdgegangen war.
Das bekam ich bis zu meinem 18. Lebensjahr zu spüren. An diesem Tag jedoch nahm ich all meinen Mut zusammen und sagte zu ihm, „solltest Du mich noch ein einziges Mal schlagen, mache ich eine Anzeige bei der Polizei.“
Von da an hatte ich Ruhe vor ihm, er schlug mich nie wieder.
Acht Jahre nach meiner Geburt kam ein Brüderchen zur Welt.
„Sein Sohn“; wenn „er“ was verbockt hatte bekam „ich“ die Prügel. Aber zum Glück hatte ich ja meinen Sport.
Wir waren fast jedes Wochenende unterwegs.
Ich hatte eine Beste Freundin, Irmi. Ich glaube, wir beide haben unserem Trainer viele graue Haare eingebracht. Er war ein guter Trainer aber wir waren inzwischen14 Jahre alt (Pubertät). Irmi gehörte auch dem Sportverein an.
Während wir auf einem Bahnsteig auf den Zug warteten, ließ die Gruppe auf Kommando alle gleichzeitig die Koffer fallen. Die Leute haben sich erschrocken und geschimpft.
Manchmal setzten Irmi und ich uns in ein anderes Abteil, getrennt von der Gruppe, weil wir allein sein wollten, ohne die wachsamen Augen unseres Trainers.
Der Zug hatte in einem Ort einen kurzen Aufenthalt, wir zwei wollten nicht im Abteil sitzen bleiben und gingen ein Stück durch den Ort. Natürlich verpassten wir den Zug. Das Dumme war, wir hatten die Koffer im Abteil gelassen und unsere Gruppe bemerkte nicht, dass wir nicht mehr im Zug waren und unsere Koffer fuhren weiter bis zur Endstation. Wir bekamen ihn später jedoch zurück.
Ihr merkt schon, der andere Teil meines jungen Lebens war sehr viel vergnüglicher.
Meine Freundin Irmi ist leider schon ziemlich früh verstorben. Sie hat die Wende nicht verkraftet. Sie verlor ihren geliebten kleinen Wäscheladen, den Sie viele Jahrelang in der DDR als Filialleiterin der HO hatte. Nach der Wende gab es keine HO (Handelsorganisation) mehr. Sie fing leider an zu trinken, wurde zur Alkoholikerin und ich lebte schon in Arnstadt und konnte ihr leider nicht helfen. Aber wer weiß, ob ich das überhaupt hätte können, denn ihr Ehemann der ein sehr liebenswürdiger Mann war und immer für sie da war, konnte es ja leider auch nicht.
Noch mal zurück zu „meinen“ weniger schönen Stunden.
Ich weiß nicht mehr genau in welchem Alter, ich glaube 8 oder 9 Jahre, musste ich oft schon den ganzen Haushalt schmeißen. Meine Mutter war sehr oft krank und lag manchmal mehrere Wochen und auch Monate im Krankenhaus. Sie hatte Nierensteine und wenn sie Koliken bekam, schrie sie vor Schmerzen so laut, dass ich es kaum ertrug. Sie tat mir so leid.
Sie war eine gute Mutter und eine sehr liebe Frau. Auch wenn sie mir, gegenüber meinem Vater nicht viel helfen konnte, denn in den ersten paar Jahren nach dem Krieg, kam es schon mal vor, dass er sie auch schlug. Später allerdings nicht mehr, denn er hat sie wohl trotz allem sehr geliebt. Sie hat viel leiden müssen und ist im Alter von 59 Jahren an Nierenversagen gestorben.
Ich musste täglich einen 4-Personenhaushalt versorgen. Kochen, das ganze Haus putzen, bei minus 20 ° C im Hof Wäsche waschen in einer Wanne auf einer Wäscherumpel, denn eine Waschmaschine gab´s noch nicht.
Das war ein hartes Leben für ein kleines Mädchen. Aber heute weiß ich, es hat mich stark gemacht.
Liesbeth und Otto
2. Kapitel - Jugendzeit
Die Kindheit war vorüber. Ich war ein bildhübsches Mädel von 18 Jahren, nach dem sich die Männer den Kopf verrenkten. Meine Mutter hatte mir das Nähen
beigebracht. Das war in der DDR sehr wichtig, denn schöne Stoffe gab es genug, nur die Bekleidungsindustrie war eine Katastrophe.
Ich kaufte mir vom ersten Gehalt eine Nähmaschine und fing an meine Garderobe selbst zu nähen. Egal ob Kleid, Rock, oder Hose, ich schaute mir im Westfernsehen die Modelle an und nähte alles nach was mir gefiel.
Die Mutter meiner Freundin Irmi war auch Schneiderin, so trugen wir beide immer die neuste Mode. Sonntagnachmittag ging`s zum Tanztee und Samstagabend zum Ball.
Ich konnte mir damals schon nicht vorstellen, mal ein Wochenende zu Hause zu bleiben um abends vor dem Fernseher zu sitzen, wie die meisten Menschen, wenn sie verheiratet sind. Und so ist es auch noch heute mit meinen 70 Jahren.
Ich trug das erste Minikleid in der Stadt und das erste Heiße Höschen. Es machte mir Spaß Leute zu schockieren. Das tue ich übrigens immer noch.
Nach einer Lehre in einer Baumwollspinnerei, die ich abbrach, weil das entschieden nichts für mich war, jobte ich in mehreren Berufen, als Näherin, Verkäuferin, Straßenbahnschaffnerin und als Kellnerin. Das letztere gefiel mir sehr gut. Es machte mir richtig Spaß. Wir waren ein tolles Kollektiv in einem sehr schönen Haus, es nannte sich „Haus des Handwerks“. Handwerker sind ein nettes Völkchen. Sie waren mir die liebsten Gäste. Ich hatte auch einen sehr sympathischen Chef, mit dem ich heute noch befreundet bin.
Vor einigen Jahren, ich lebte nicht mehr in meiner Heimatstadt, ist das Haus abgebrannt.
Ich stand davor und es kullerten die Tränen, denn die Menschen sowie das Haus waren für mich zu einem zweiten Zuhause geworden. Wenn ich an den Wochenenden in meine Heimatstadt Mühlhausen fuhr, war mein erster Weg ins Haus des Handwerks und erst danach zu den Eltern.
Haus des Handwerks vor und während des Brandes
Im Alter von 20 Jahren bekam ich eine Kur wegen meiner Schuppenflechte, die mich zeitweise ganz schön nervte. Musste oft langärmelige Sachen tragen, während andere Mädels luftige Sommerkleidchen anhatten. Das war oft kein Vergnügen. Deshalb fuhr ich im Urlaub immer ans Schwarze Meer. Sonne und das salzhaltige Meer taten der Haut gut. Danach hatte ich eine Zeitlang Ruhe.
Eine Kur die ich bekam, ging ins Erzgebirge über Weinachten/Silvester. Natürlich gab es zu Silvester eine Party. Ich trug ein raffiniertes schwarzes Kleid. Alle Blicke richteten sich auf mich als ich eintrat; meine gingen hin zur Band. Die Blicke des Schlagzeugers trafen sich mit den meinen. Da sprühten die Funken.
Wir landeten in der Nacht noch im Bett.
Dazu muss ich etwas erklären: Die Leute dachten immer ich wäre eine wilde Hummel, denn mein Outfit war meistens sehr sexy. Also erwartete mein Schlagzeuger wohl eine tolle Nacht. Er konnte ja nicht wissen, dass ich mit 20 Jahren noch immer Jungfrau war. Das hat mir auch nie jemand geglaubt.
Es gab aber noch keine Pille und ich hatte viel zu sehr Angst, dass ich zu früh schwanger werden könnte. Mit Recht übrigens, wie sich später erwies. Bisher knutschte ich nur! Nicht nur mit Männern, auch mal mit einer Freundin, mit der ich zusammen in der Lehre war. Wir haben uns vorgestellt, wie es sein mag lesbisch zu sein. Ich denke heute noch an das Gefühl, war nicht das schlechteste, aber diese Richtung war wohl nicht für mich bestimmt. Ich kann aber Verstehen, das es mit einer Frau auch sehr schön sein kann.
Jedenfalls war mein Schlagzeuger wohl etwas überrascht, eine Jungfrau vorzufinden.
Er ließ sich danach 8 Tage lang nicht blicken.