2 Wahre Mobber sind selten
Sehr viel häufiger sind AK, die im Sammelbegriff Mobber oft ebenfalls aufgenommen werden. Im Folgenden werden wir verschiedene Arten von Mobbenden unterscheiden. Das ist wichtig, um zu sehen, wie jeder sich verteidigen kann, aber auch, um daraus abzuleiten, wie jeder – auch der Arbeitgeber – Präventivmaßnahmen durchführen kann.
Durch den betriebswirtschaftlichen Schaden, den Mobber anrichten, können sich Betriebe oder auch Konzerne nicht mehr als ein Prozent potenzielle Mobber leisten, auch bei einer geringeren Anzahl beginnt der wirtschaftliche Kollaps. Der Grund dafür ist eigentlich offensichtlich, denn zum Mobben benötigen diese Leute Arbeitszeit. Einmal, um es auszuführen, zum anderen aber muss ein Großteil der Mitarbeiter sich vor dem Mobbenden schützen.
Stellten wir nun die These auf, dass eine Bürokraft oder Verwaltungskraft durchaus 10 Prozent ihrer Tätigkeit für eine Art der Rechtfertigung und der Verteidigung täglich aufbringt, würden nicht viele widersprechen. Das sind 48 Minuten pro Tag – probieren Sie es einfach z.B. mit einer Strichliste aus. Mit anderen Worten: Bei einhundert Mitarbeitern sind das 10 Arbeitsplätze, die der Arbeitgeber aufrechterhalten muss, um das Ego eines einzelnen Mitarbeiters zu salben.
An die, die widersprechen können: Herzlichen Glückwunsch – Sie gehören zu einer Minderheit!
2002 hat das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Arbeitnehmer befragt, gut 11,3 % gaben an, schon mal von Mobbing betroffen gewesen zu sein. Die Anzahl dürfte aber deutlich höher liegen, da viele gar nicht wissen, was Mobbing eigentlich ist, und es für eine völlig normale Umgangsart im Berufsleben halten.
Das Hauptproblem ist, dass es nach einer gewissen Zeit niemanden mehr auffällt. Es wird somit als normal wahrgenommen – ist es aber nicht. Oder sollte es für das wirtschaftliche Ergebnis – daher auch für die Chefs, Arbeitgeber oder Inhaber – nicht sein.
Was aber wichtiger ist, ist die Verschwendung von zehn Prozent der Personalkosten – entweder durch AK oder doch tatsächlich durch Mobbende.
Ein anderer grundlegend falsch angenommener Sachverhalt ist, man könne und müsse sich gegen Mobbing wehren. Das kann nur derjenige wirklich bejahen, der selbst der Vorgesetzte ist.
In der öffentlichen Diskussion werden immer wieder Strategien vorgeschlagen, wie sich das Mobbing-Opfer gegen einen Mobbenden wehren sollte oder auch nur könnte. Dazu muss man verstehen, dass ein Mobber erst gemacht wird beziehungsweise zugelassen wird.
Die Vorstellung, dass eine Führungskraft, die das Entstehen und Wachsen eines Mobbers nicht verhindern konnte, jetzt urplötzlich in der Lage sein soll, diesem entgegenzutreten, ist bestenfalls naiv. Mobbing ist wie Masern: Man kann sich dagegen impfen – aber sind die Pusteln da, muss jeder die Krankheit durchstehen. Das ist allen kompetenten Kräften bekannt und klar, also werden sich diese nach einer anderen Stelle umsehen. In einem Betrieb wechselten nach dem Ausbruch innerhalb von vier Jahren 80 Prozent der Leitenden. In der Konsequenz daraus waren deutliche Umsatzeinbrüche zu verzeichnen. Nebenbei wechselten die ehemaligen Mitarbeiter auch in Konkurrenzfirmen, die wiederum für zusätzliche Umsatzrückgänge sorgten. Auslöser war, dass es für diese Leitenden keinen Grund gab, sich einem unsinnigen und sehr zeitaufwändigen Schlagabtausch hinzugeben. Solche Wechsel können durch das Verhalten einer einzelnen Person ausgelöst werden. – Und das muss keine Führungskraft sein.
Der Begriff Mobbing wird beim Wechsel der Arbeitskräfte meistens nicht genannt. Deshalb werden solche Effekte dem Thema auch nicht zugeordnet. Wieso sollten Sie z.B. ein Burn-Out bekommen, wenn Sie Erfüllung und Spaß an Ihrer Arbeit haben?
Mobbende sind wie Könige, sie sammeln einen Stab von Mitläufern und Nutznießern um sich: Kollegen, denen bei Ihrer Entlassung die Stelle zugesichert wird, wenn sie geneigt sind und auch darauf hinarbeiten und den Mobber unterstützen, Bevorzugung von Ja-Sagern für bestimmte Posten, aber auch einfach Mitarbeiter, die nicht in die Schusslinie geraten möchten. Ebenso unterstützt und motiviert ein passives Verhalten der Kollegen den Mobbenden. Denn wenn sich nur die Zielperson aufregt, nicht aber die anderen, entsteht leicht der Eindruck, dass nur ein Einzelner zu sensibel ist.
Selbst wenn also der Mobbende enttarnt wird und verschwindet, ist ein späteres Zusammenarbeiten mit diesen anderen Kollegen kaum noch möglich.
Werden Sie also gemobbt, setzen Sie Ihre Hoffnungen nicht in eine Lösung des Konflikts: Ein Mobbender überschreitet die Grenze des Strafrechtlichen in vollem Bewusstsein – von illegaler Arbeitsplatzüberwachung bis zur Sabotage von Aufträgen, nur um sein ausschließlich persönliches Ziel zu erreichen. Er denkt, dass er Ihnen überlegen ist. Die Vorstellung, für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist für ihn unvorstellbar. Sicher können Gespräche hilfreich sein, aber der Mobbende nimmt die Situation anders wahr.
Aber Ihnen kann es helfen, da eventuell auch ein Zweiter Ihre Eindrücke bestätigt. Fragen Sie sich ehrlich: Würden Sie in Zukunft dem Kollegen oder Vorgesetzten unvoreingenommen gegenübertreten können? Wohl eher nicht. Oder anders gesagt: Sie sollten es nicht.
Hoffen Sie bis zum Ende naiv auf eine Lösung, stehen Sie mit leeren Händen vor dem Arbeitsgericht und werden weiterhin persönlich angegriffen. Als Eigentümer der Firma werden Sie dann nur die weiteren Umsatzrückgänge zur Kenntnis nehmen. Beide Seiten sollten somit an einer konstruktiven Prävention arbeiten.
Zum Schluss wird es entweder vor dem Arbeitsgericht enden oder man einigt sich im Vorfelde auf eine Abfindung. Bei wirklichem Mobbing existiert keine weitere vertretbare Lösung; viele Ärzte beurteilen die Situation ähnlich.
Auch wenn es noch keinen Anlass zu einem Mobbing-Verdacht gibt, sichern Sie sich Nachweise für sonderbare Verhaltensweisen.
Sunzi, ein früherer chinesischer General, brachte einige Strategien zu Papier, die sich mit der Kriegsführung beschäftigten. Eine davon lautete: Die alten Weisen nannten den einen guten Kämpfer, der nicht nur siegt, sondern sich dadurch auszeichnet, dass er mit Leichtigkeit siegt.
Sind Sie also für eine Auseinandersetzung für das Arbeitsgericht gut gewappnet, brauchen Sie den Gang auch nicht zu machen. Der Anwalt Ihres Arbeitgebers wird Ihnen dann einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Der Vorteil bei Mobbern ist, dass sie in einer Parallelwelt leben. Das können Sie einem solchen Menschen zwar verbieten, es dem Mobber aber nicht wirklich klar machen, dass er einen Fehler gemacht hat. Das Posten im internen Netz z. B. der Vorwurf, Sie hätten einen Arbeitszeitbetrug begangen, wird er als eine Leistung für die Firma sehen. Für Ihren Vorgesetzten kann das jedoch zu einer Anzeige wegen Verstoßes gegenüber des Datenschutzgesetzes führen. Er wird es also verbieten. Aber dann hat der Mobber seine nächste Idee, und der Teufelskreis setzt sich in Bewegung, denn Sie haben ihn jetzt bei Chef angeschwärzt.
Eine andere Weisheit von Sunzi sagt aus, dass der, der den Sieg nur sehen kann, wenn dieser auch von anderen gesehen wird, keinen Beweis für eine hervorragende Weitsicht erbringt.
Falls Ihnen also jemand erzählt, Sie sollen bei solchen Vorkommnissen nicht so empfindlich sein, ignorieren Sie das bitte. In den anschließenden Kapiteln lesen Sie, was Mobbing wirklich sein kann. Kein Konzern oder Betrieb möchte solche Punkte vor einem Arbeitsgericht diskutieren. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass mehr Urteile mit fundierter Datengrundlage gefällt werden. Dazu müssen Sie in der Lage sein, schon die ersten Symptome zu erkennen, denn von da an sollten Sie fachgerecht dokumentieren.
Auf der anderen Seite benötigen Sie einen langen Atem, um sich zu wappnen. Es wird am Ende Anfeindungen geben, die auch häufig unter die Gürtellinie gehen. Dann ist der Mobbende auch schon mal in einem Rausch, und überschreitet die Grenze der Moral so weit, dass Sie über weitere Schritte nachdenken sollten. Zweifeln Sie aber nicht an sich, sondern schauen Sie sich Ihre Unterlagen noch einmal in Ruhe an. Wenn Sie an sich zweifeln, dann zeigen