Ewiger Frühling. Alina Emm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alina Emm
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738022629
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      »Das bildet auch«, erwiderte Anna lachend.

      Ich mochte sie so. Sie wusste genau was mich aufbaute. Aber das änderte auch nichts an der unangenehmen Situation. Plötzlich schaute Aljoscha zu uns. Ich drehte mich reflexartig weg, um seinem Blick auszuweichen. Blöde Situation, so ein erstes Zusammentreffen und dann auch noch mit so einer Schnalle im Schlepptau. Irgendwie aber auch gut zu wissen, dass er bisher nichts Besseres gefunden hat.

      »Oh, nein! Jetzt kommt er auch noch her.«Oh, bitte! lass ihn an uns vorbeigehen. Sofort bekam ich wieder ein flaues Gefühl in der Magengegend.

      Selbstsicher kam Aljoscha langsamen Schrittes auf uns zu. Während Anna ihn provokant musterte, schaute ich verlegen an die Wand, die Pino mit neuen Bildern dekoriert hatte.

      »Hallo, die Damen! Lange nicht gesehen.«

      Ich musterte ihn kurz. Seine Haut war etwas fahler geworden und seine großen, braunen Augen hatten irgendwie den Glanz verloren. Und schon bewegten sie sich weiter- diese zarten, vollen Lippen.

      »Wie geht’s dir Emelie?«, fragte er.

      »Wunderbar, ich kann nicht klagen. Alles so wie es sein sollte«, entgegnete ich schnell mit aufgesetztem Grinsen.

      »Freut mich zu hören«, erwiderte er mit leicht hochgezogenen Augenbrauen.

      »Und bei dir? Hat sich denn mittlerweile etwas in Florians Firma ergeben?«

      »Ja, ich arbeite seit fünf Wochen dort. Habe es mir eigentlich wesentlich stressiger vorgestellt. Von daher. Wurde auch sofort fest agestellt und direkt befördert.« Jetzt lächelte er.

      »Gratuliere! Und privat stehen die Zeichen jetzt auf blond?« Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. Wie blöd von mir! Hätte ich das nur nicht gesagt. Seine Miene verzog sich und er schaute plötzlich ziemlich ernst. Es war mir im Nachhinein so unglaublich peinlich.

      »Nicht was du denkst. Das ist so ne Art Verflossene vom Florian.«

      Also ein billiges Flittchen, mit der er sich die einsamen Stunden am Wochenende vertreibt, dachte ich mir insgeheim. Anna grinste und schüttelte langsam den Kopf.

      »Ah, das ist dann wohl die eine Verlagsbloggerin, von der Mike mir letztens erzählt hat?«, fragte sie ihn. So eine ausgefuchste Frage konnte nur von Anna kommen.

      »Ja, kann sein, dass er von ihr erzählt hat«, entgegnete Aljoscha etwas irritiert, aber sichtlich erleichtert. Die Frage kam ihm gerade recht und mit seiner Antwort hatte er nicht gelogen. Die Konversation wurde ziemlich schnell unterbrochen, als Aljoschas Begleitung mit giftigem Blick ebenfalls die Richtung unseres Tisches ansteuerte. Ach du lieber Gott, dachte ich mir. Anna drehte ihren Kopf wieder in Richtung des Eingangs. Die Blondine stampfte beim Gehen fast wie ein Elefant und schwang dabei ihre weiße Kunstledertasche rhythmisch nebenher. Als sie an unserem Tisch angekommen war, blieb sie kurz stehen, umarmte Aljoscha von hinten und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

      »Lass mich nicht so lange warten, Bärchen! Ich geh mal auf die Pipi-Box und dann bestellen wir mal unsere Spaghetti,« forderte sie schnippisch.

      »Du solltest mal wieder an unseren Tisch gehen, bevor ihn uns noch jemand wegschnappt! Wir sind ohnehin spät dran«, säuselte sie ihm jetzt beschwichtigend zu. Die Eifersucht stand ihr dabei aber ins Gesicht geschrieben. Aljoscha schaute peinlich berührt. Ich glaube, er wäre in diesem Moment am liebsten im Erdboden versunken. Er blickte dem stampfenden, blonden Wesen hinterher, dass eine unverkennbare Calvin Klein-Duftwolke hinterließ. Anna konnte sich ihr Lachen nun nicht mehr verkneifen.

      »Also Aljoscha, du hast es gehört. Du sollest lieber schnel tun was sie sagt, denn sonst ist sie bald auch DEINE Verflossene.« Sie spielte dabei auf Florians Liason mit der Blondine an. Anna verhalf der ohnehin skurrilen Situation nun zum Höhepunkt. Aljoscha sah sie ziemlich aufgebracht an. Seine Miene versäuerte sich plötzlich. Ihr Kommentar hatte jetzt wohl seinen männlichen Stolz angekratzt. Mit hochgezogener Augenbraue fragte er sie, ob sie noch mit ihrem Gärtner liiert wäre. Da er Anna gut kannte wusste er genau, wo ihr wunder Punkt lag und hatte ihn offenbar direkt getroffen.

      »Zieh ab Aljoscha, deine Audienz ist hiermit beendet.« Er grinste und sah mich an. Irgendwie tat er mir zu allem Übel nun auch noch irgendwie Leid. Ich hatte noch viel zu starke Gefühle für ihn, das wurde mir immer mehr bewusst.

      »Tja, schade, dass aus uns nichts geworden ist, Emelie.« Um in dieser Situation seinen männlichen Stolz zu retten, musste er mir nun zu allem Übel auch noch weh tun. Na, Danke. Jetzt wollte er sehen, wieviel er mir noch bedeutete.

      »Aljoscha, um ehrlich zu sein, bin ich ganz froh darum. Wir haben damals die richtige Entscheidung getroffen und ich bin mittlerweile sehr glücklich. Sowohl beruflich als auch privat«, log ich. Im Nachhinein war ich stolz auf meine Äußerung. Aljoscha erhoffte sich scheinbar wirklich eine ganz andere Antwort. Er schaute mir nämlich lange und tief in die Augen, als wollte er dabei ergründen, ob ich das gerade Gesagte wirklich ernst meinte. Ich konnte förmlich spüren, dass ich ihm auch nicht egal war und ihm gar nicht gefiel, was er gerade gehört hatte. Dann presste er seine Lippen zusammen und versuchte dabei zu lächeln. Dann schwieg er kurz und schaute noch einmal kurz zu Anna.

      »Da ich hier offensichtlich unerwünscht bin, werde ich mal wieder an meinen Tisch gehen.« Er schaute Anna eindringlich an.

      »Ja, tu das mal, sonst musst du nicht nur auf die Spaghetti, sondern auch auf deinen Nachtisch verzichten«, giftete Anna. Sie konnte es nicht lassen. Kaum war er weg, hörte man von weitem auch schon die dumpfen Schritte seiner herannahenden Begleitung. Hoch erhobenen Hauptes stolzierte Aljoschas Eroberung an uns vorbei.

      »Jetzt weißt du wenigstens, dass er ein kompletter Vollidiot ist. Das hilft bestimmt nachhaltig, um endlich über ihn hinwegzukommen«, versuchte mich Anna zu trösten.

      Sie hatte Recht. Obwohl ich Aljoscha sehr gut kannte, war ich endlos geschockt. Was in aller Welt will er mit diesem Weib? Das hätte ich ihm niemals zugetraut. Fürs Bett vielleicht. Aber dass er sich in aller Öffentlichkeit mit ihr zeigen muss, entsetze mich. Und dann auch noch ausgerechnet in meinem Stammcafé. Eigentlich sollte ich froh sein, dass ich ihn mit ihr gesehen habe.

      Schnell wechselte ich das Thema.

      »Und jetzt zu dem was ich dir unbedingt erzählen wollte: Ich war letzte Woche bei der Testamentseröffnung meiner Großtante.« Anna schaute mich erwartungsvoll an. Ihre graugrünen Augen waren weit aufgerissen.

      »Ja und? Was kam dabei heraus? Die muss doch wahnsinnig vermögend gewesen sein, oder!?«

      »Nur weil sie auf einem Schloss gelebt hat und einen Adelstitel trug, heißt das noch lange nichts. Und die von Degensteins waren auch niemals wirklich sonderlich vermögend. Also kurzum: Da ist nicht viel Bares mehr zu vorhanden.«

      Meine Großtante Salborgh hatte nach dem Tod meines Großonkels vor drei Jahren fast ihr gesamtes Vermögen für das Engagement in sämtlichen Tierschutzvereinen der Bundesrepublik ausgegeben. Die übrigen Ersparnisse flossen in die Taschen ihrer zahlreichen Liebhaber. Schloss Hohenfels war mittlerweile schwer heruntergekommen und sanierungsbedürftig. Friedrich hatte sein ganzes Leben über gespart und sein Geld nur für Reisen und Bücher ausgegeben, während Salborgh dafür sorgte, dass das Vermögen der Beiden schnell den Besitzer wechselte. Mein Großonkel verbrachte die meiste Zeit im Museum und forschte. Obwohl er längst pensioniert war und seine Lehrtätigkeit an der Uni schon Jahre zuvor eingestellt hatte, erfüllte ihn sein Beruf im Landesmuseum sehr. Friedrich war ein ausgeglichener und zufriedener Zeitgenosse. Immerhin hatte er sich selbst verwirklicht und führte ein Leben lang seine Berufung aus. Er war eremitierter Professor der Ägyptologie. Leider war ich nur ein paar Mal in meinem Leben bei den Beiden zu Besuch gewesen. Nicht zueltzt, weil meine Mutter kein besonders gutes Verhältnis zu dem adligen Teil unserer Verwandtschaft hatte. Meinen Großonkel umgab immer eine mysteriöse Aura. Er war ein hochintelligenter Mann und er interessierte sich für alles Geheimnisvolle und Verborgene. Da kam er genau nach Wilhelm.

      »Das Schloss steht doch sicherlich noch voller Schätze von Wilhelms zahlreichen Forschungsreisen und alleine die ganzen