Fazit: Moderne Gesundheit ist ein Konglomerat aus öko-sozio-politisch motivierten Gesetzen und Entscheidungen, die sich in zig konkreten, sprich, geistigen, psychischen, mentalen und handwerklichen Formen in Behandlungen – in denen Ärzte Verantwortlichkeit für ihre Patienten direkt auf das Gesundheitssystem abschieben können, weil sie selbst ja nicht anders auf dem Hintergrund der ökonomischen Leitlinien handeln können – niederschlagen und für Begrenzung der Kosten sorgen und nicht für die Heilung von Patienten.
Es bleibt zu fragen: Und was ist mit dem Wunsch von Patienten, gesund und geheilt zu werden? Was ist mit der Psyche und der Seele von Patienten, um mit diesem modernen Gesundheitswesen klar zu kommen? Eigentlich muss man inzwischen als Patient differenziert ausgebildet werden, um dieses Gesundheitswesen halbwegs heile oder krank – unabhängig davon, warum man einen Arzt aufgesucht hat – zu überstehen... und manchmal muss man schon glücklich sein, noch zu leben und nicht noch zusätzlich zu der Symptomatik, wegen der man zum Arzt gegangen ist, noch weitere Schäden hinzuzubekommen...
Da an chronisch Kranken in den letzten Jahren – nach den fetten Jahren der Ärzte durch Patientenerhalt im alten Gesundheitswesen – nicht mehr im Gesetzlichen-Krankenversicherungs-Markt (GKV-Mark) verdient werden konnte, wurden sie nur noch spärlich oder gar nicht behandelt. Viele Menschen versicherten sich aufgrund von Geldmangel nicht mehr. Die Politik führte Zwangsversicherungen ein: jeder Mensch in Deutschland muss versichert sein, egal, ob er die Versicherung bezahlen kann oder nicht.
Momentan und in den letzten Jahren summieren sich Probleme sowohl im Gesundheitsmarkt der gesetzlichen Krankenkassen in Form von minimalistischen Standardbehandlungen im Rahmen des sogenannten „Qualitätsstandards“ und andererseits des Patientenerhalts im Privatmarkt. Nichts wurde besser – außer, was zu vermuten ist, die Gewinne bei den Krankenkassen. (Wie dieses Koan sich mental auflösen wird, nämlich unentwegt von Defiziten bei den Krankenkassen in der Öffentlichkeit zu sprechen und dennoch Gewinne zu verbuchen, muss oder sollte durch juristische und wirtschaftlich bewanderte Fachrichtungen geklärt werden). Damit ist in beiden Richtungen des Gesundheitsmarktes die Orientierung der Behandler finanziell gesteuert: Gesetzlich Versicherte bekommen Minimalbehandlungen, privat Versicherte alle möglichen Behandlungen – beide Arten der medizinischen Versorgung machen Menschen nicht unbedingt gesund! Langfristig folgt daraus eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes in der Bevölkerung, der sich in Wirtschaft und sozialpolitischen Problemen in einigen Jahren massiv bemerkbar machen wird: Überalterte vorwiegend kranke Menschen oder: jetzt arme und kranke Kinder, die nicht frei sind um später gesellschaftlich positiv tätig werden zu können: „Arme Kinder – kranke Kinder“ (Prof. Hurrelmann, FAZ, 20.2.2005). Fazit: Das wird teuer für die Kranken und Rentenversicherungen. Wer arm geboren wird, wird krank und arm sterben – Reiche, gut gebildete und erfolgreiche Menschen finden sich in „Senior Expert Service“ oder „Altenakademie“ wieder – solche Aussichten auf das Alter und Gesundheit müssen jetzt durch gute Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen gesteuert werden! Für Defizite in der Pflegeversicherung von 860 Mill. Euro (FAZ, 27.2.05) hat der Gesundheitsökonom Lauterbach, „dem herzlosen Erfinder des Wettbewerbs im Gesundheitswesen“ (Hoppe, 6/04), Lösungen, die wieder am Kern vorbei gehen und Rahm abschöpfen: Bürgerversicherung / Pflichtbeiträge auf Miet- und Zinsabgaben. Noch einmal: Dadurch wird kein Mensch in Deutschland gesünder!
Inzwischen wagen Ärzte von Heilung zu sprechen, nach dem jahrelang durch den Patientenerhalt im Gesundheitswesen, wissenschaftlich dokumentiert als „Chronifizierung“, eigentlich nur noch Patientenverwaltung mit der Maßgabe des Verdienens an Patienten betrieben wurde, die gute Praxiseinnahmen auf einfacher Behandlungsbasis erbrachten und Heilungsabsichten fast als „unlauter und Spinnerei“ abtaten. Man muss(te) sich in Deutschland schämen, wenn man als Behandler davon sprach, jemanden geheilt zu haben!
Von 2005 bis 2009 entpuppte sich nun die tiefere Absicht der reformerischen Maßnahmen bezüglich des Umganges mit der Rate chronifizierter Patienten in Deutschland. Man wollte reformerisch keineswegs die Gefahr der Chronifi-zierung von Patienten in den Griff bekommen und Patienten heilen, sondern Patienten, wenn sie nach neuester Definition länger als zwei Jahre die gleiche Diagnose ärztlicherseits zugeschrieben bekommen, Chroniker-Zusatztarife für die Weiterbehandelung anbieten! Dafür wurden die Ärzte aufgefordert, möglichst umfangreiche Listen von Diagnosen je Patient zu erstellen, damit den Krankenkassen auch keine Symptomatik entgeht, die einen Zusatztarif fällig werden lassen könnte. D.h., statt politisch im Gesundheitswesen für maximale Heilungschancen für Patienten zu sorgen, wurde nun das Fass zur Geldgewinnung mittels Symptome und entsprechender ärztlicher Diagnosestellung angeschlagen. An Chronifizierung von Patienten verdienen nun die Krankenkassen.
In diesem Zuge fielen frühere Überlegungen, bei einer Erkrankung unterschiedliche Ärzte zur Diagnosesicherheit zu konsultieren und damit mögliche Falschdiagnosen und darauf folgende Behandlungen mit möglichen Chronifi-zierungsgefahren zu reduzieren, flach: Bei Kassenpatienten werden Konsultationen im selben Fachgebiet eh’ nicht bezahlt. Die Überweisungspraxis legt Patienten quartalsweise fest. Auf Privatpatienten trifft dies nicht zu. Durch die Unterfinanzierung des gesetzlichen Krankenkassenmarktes sind die Ärzte finanziell gezwungen, Privatpatienten zu gewinnen und zu halten, um ihre Praxen finanzieren zu können. Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten müssen sich vermehrt um ihren Praxiserhalt kümmern. Skandale und Fehler ärztlichen Handelns führten zu immer umfassenderen Ideen, wie Ärzte sowohl zu kontrollieren seien als auch Kritik von allen Seiten auszusetzen, damit sie sich verbessern. Diese an Ärzte gerichtete Kritik ist nicht selten falsch adressiert, da das Verhalten, das als kritikwürdig auffällt, oftmals an das System „Gesundheitswesen“ zu richten gewesen wäre, sei im Vorgriff auf noch nachfolgende Darstellungen und Beispiele gesagt.
Ärzte wurden und werden unter anderem kontrolliert, konfrontiert und kritisiert mittels
1. Plausibilitätsprüfungen per Computer
2. Krankenkassen und deren Internetseiten, in denen Patienten
ihren Unmut über Ärzte und Behandlungen mitteilen
3. Ranginglisten der besten Ärzte
4. Politische Favorisierung der besten Ärzte
5. Richtlinien oder Empfehlungen von Patientenvertretungen