Wir saßen vor dem Kamin und tranken Wein. Ich erzählte Kiki von Sylt und Thomas und Manuel unterhielten sich über die aktuelle Lage der Immobilienbranche. Es hätte richtig gemütlich sein können, wenn Thomas nicht so viel getrunken hätte und anfing zu stänkern.
Je mehr er trank, je mehr veränderte sich seine Laune. Er schimpfte über das Missmanagement in seinem Unternehmen und die Unfähigkeit der Führungsetage. Zuerst ließ er nur hier und da sein bekanntes »Fuck!« fallen, aber schon bald verfiel er komplett in seine »Freaking fucking-Fäkalsprache«.
Seine verbalen Entgleisungen waren derart widerlich, dass Kiki und ich wie paralysiert waren. Ich versuchte Thomas zu beruhigen und brachte ihm in Erinnerung, dass auch zwei Frauen anwesend wären und er möge doch darauf Rücksicht nehmen. Aber er lies sich einfach nicht bremsen. Unsere Stimmung war dahin.
Mein erster Eindruck von Thomas damals, als ich ihn auf der Atelierfeier von Kiki sah, war der eines sympathischen und attraktiven Mannes mit Potential für eine Partnerschaft. Während unseres Kennenlernens habe ich Einblicke gewonnen, die meinen Eindruck in Teilen bestätigt haben. Er hat eine durchaus liebenswerte und gutmütige Seite. Aber es gibt auch eine dunkle Seite an Thomas, die mich daran hinderte, mich in ihn zu verlieben zu können – die des Alkoholikers.
Hier saß ein fast besinnungslos betrunkener und total frustrierter Mann neben mir. Ihn so zu sehen und zu hören ekelte mich derart, dass ich einen Impuls nicht unterdrücken konnte – den zur Flucht. Thomas, fuck yourself!
Le Figaro
Das war also meine Ausbeute nach meinem Ex: Messie und Mr. Top of the Flops.
Ich trenne mich von dem Mann den ich liebe, weil er mich nicht genug zurück liebt, und anstatt endlich die Liebe zu bekommen, die mir zusteht, küsse ich nur Frösche, die sich in hässliche Kröten verwandeln, und nicht wie versprochen in wunderschöne Prinzen.
»Ella, du darfst auch nicht so anspruchsvoll sein«, sagte kürzlich noch eine Freundin zu mir. Das kann sie aber nicht ernsthaft gemeint haben, denn meine Toleranz grenzt ja schon an Anspruchslosigkeit.
Wie verzweifelt muss eine Frau sein, wenn sie wie ich hartnäckig eine schrullige Diva liebt? Mit Diva meine ich meinen Ex. Mein Ex hat seine Launen rücksichtslos ausgelebt und seinen Gefühlen immer freien Lauf gelassen – mindestens so lange, bis er mir meine Laune verdorben hatte.
So auch mal auf einer Autofahrt nach Bad Homburg zu einer Freundin von mir, die uns zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen hatte. Ich wäre auch alleine dorthin gefahren, aber er wollte ja unbedingt mit. Und kaum waren wir auf der Autobahn, da fing er an zu zetern:
»Warum tue ich mir das eigentlich an? Habe ich nicht genug Stress?«
»Aber du wolltest doch mit«, erwiderte ich. »Du hättest ja auch zu Hause bleiben können.«
»Du weißt doch, dass ich so wenig Freizeit habe.«
»Ja, weiß ich. Ich sagte ja: Du hättest auch zu Hause bleiben können.«
»Weißt du eigentlich, wie viel Kilometer das sind? Und das alles für so eine blöde Geburtstagsfeier. Ich hoffe, die Fahrt lohnt sich wenigsten und wir werden nicht nur mit einer Bratwurst abgespeist.«
Ich hoffte ihn mit einer Neckerei vom Thema abzulenken:
»So wie du fährst kommen wir nie an. Warum hast du dir eigentlich einen Porsche gekauft, wenn du auf der Autobahn so langsam fährst, als würdest du einen Parkplatz suchen?«
Er musste tatsächlich grinsen:
»Weil ich jetzt mit 140 km/h auf der linken Fahrspur fahren kann, ohne dass einer hupt.«
Danach: Schweigen. Es hatte gewirkt. Denkste – das Schweigen hielt nur so lange an, bis wir weit genug gefahren waren und sich eine Umkehr nicht mehr gelohnt hätte. Denn dann ging es wieder los:
»Jetzt ist hier auch noch ein Stau!«, sagte er genervt.
»Da vorne geht es doch schon wieder weiter«, versuchte ich wieder zu beschwichtigen.
»Toll – bis zum nächsten Stau.«
So ging das die ganze Fahrt. Und als wir endlich ankamen, war er wieder bester Laune. Nur meine Laune, die war dahin. Die Partygäste haben sicher gedacht: ER ist ja einer Netter – aber SIE?
Damals war ich so blöd und habe die Kosten für die Autofahrt und die Hotelübernachtungen allein getragen, damit er mir nichts nachsagen konnte. Heute bin ich so klug und habe immer Ohrenstöpsel dabei.
Ich bin nicht anspruchsvoll – ich bin Idealistin und habe eine sehr idealistische Vorstellung von einer Partnerschaft. Gleichberechtigung, Respekt und gegenseitige Rücksichtnahme bilden die Grundlage einer guten Beziehung. Amen.
Obwohl ich auch durchaus bereit bin, meine Bedürfnisse in einem gewissen Rahmen zurück zu stellen und mich dem Partner anzupassen, wenn es den gemeinsamen Zielen dient. Beispiel mein Ex-Ex und ich: Ich habe vier Jahre lang beruflich auf der Stelle getreten, bis er sein Studium abgeschlossen hatte und klar war, wohin ihn seine Kariere und unser gemeinsamer Weg führen würde.
Seine Kariere führte ihn dann in den Süden und steil nach oben. Das war zu der Zeit als ich realisierte, dass wir wohl doch nicht das gleiche Ziel hatten. Ich wollte Ehe, er genoss den Status einer unverbindlichen Beziehung und wollte dies auch gar nicht ändern.
Gerade rechtzeitig wurde mir klar, dass während er konsequent seinen eigenen Weg ging, ich auch an mich denken musste. Da kam für mich das berufliche Angebot für ein Projekt nach Hamburg zu gehen, gerade recht.
Irgendwann einmal später hat mein Ex-Ex zu mir gesagt, dass unsere Beziehung praktisch daran gescheitert sei, dass ich mich gegen ihn und für meinen Beruf entschieden hätte. Typisch männliche Wahrnehmung – er hatte scheinbar vergessen, dass er sich zuvor für seinen Beruf entschieden hatte und nach München gegangen war.
Genau genommen bin ich ein gutmütiges Schaf. Anstatt immer Verständnis zu haben und Rücksicht zu nehmen, hätte ich öfter mal Zicke sein sollen und meine Rechte einfordern müssen. Ich erinnere mich an eine Situation im letzten gemeinsamen Urlaub mit meinem Ex-Ex in der Türkei, als einer aus der Clique, die ich kennen gelernt hatte, zu mir sagte:
»Für eine Single-Frau ist das hier nun nicht unbedingt die richtige Ferienanlage. Diese ist mehr was für Paare und Familien. Du hättest dich lieber in den Single-Club nebenan einmieten sollen.«
»Aber ich bin doch gar nicht allein hier, sondern mit meinem Freund«, sagte ich.
»Du bist mit deinem Freund hier? Wo ist der denn? Den haben wir ja noch nie gesehen.«
Stimmt, die meiste Zeit des Urlaubes hatte ich allein verbracht, denn mein Ex-Ex war im wahrsten Sinne des Wortes abgetaucht. Täglich machte er Tauchausflüge, die mindestens den halben Tag dauerten. Und danach war er in der Regel so müde, dass er erst mal schlafen musste. Für Gemeinsamkeit blieb da nicht viel Zeit.
Warum stehen wir Frauen auf Männer? Vor allem: Warum stehen wir selbst dann auf Männer, wenn wir von Ihnen nicht mal besonders gut behandelt werden? Sind wir masochistisch veranlagt?
Hirnforscher haben die Antwort darauf gefunden: Wir Frauen können einfach nicht anders. Obwohl wir rational betrachtet wissen, dass wir die Kerle eigentlich zum Teufel jagen sollten, liegt in den Tiefen unseres Stammhirnes die Botschaft verankert, dass wir ohne sie nicht leben können. Aus Selbstversuchen weiß ich, dass das stimmt.
Ich bemühe mich zu analysieren, wer Macho oder Pascha ist und auf keinen Fall in mein Beute-Schema darf, aber kaum kommt ein solches Exemplar daher, setzt mein Verstand aus und meine Hormone spielen verrückt. Wie bei meinem Friseur. Ein Südländer und ‚Macho vor dem Herrn’ – viel zu jung für mich und zum Niederknien hübsch.
Ich genoss es, mich von seinen schönen Händen und Worten verwöhnen zu lassen:
»Sie haben so schöne Haare. Überhaupt –