So würde ich ihr das zwar nie sagen, aber sie hat schon ein Talent dafür, alles aus einem raus zu kitzeln. Nach dem Ende meiner Geschichte, meinte sie: „Wie gut, dass wir in unserem eigenen Haus wohnen. So eine Wohnanlage ist doch bei so vielen Eigentümern immer ein Streitherd. Jeder hat immer wieder was zu meckern oder will was anderes repariert haben. Da haben wir es schon besser getroffen. Bei uns bin ich die Verwaltung und das ist auch gut so.“
Na ja, mal ganz ehrlich, welcher Mann würde in so einem Moment wiedersprechen wollen. „Also mein Schatz, wenn das so ist, dann stelle ich hiermit den Antrag unseren Plan von einem Geschwisterchen für unseren Prinzen weiter zu verfolgen und zwar jetzt und im Schlafzimmer.“
Diesem Vorschlag kam meine selbsternannte Frau Verwalterin auch gleich nach und somit hatte ich eine wunderschöne Nacht.
Am nächsten Tag ging ich rundum zufrieden ins Büro und war schon gespannt, ob es mittlerweile Neuigkeiten gegeben hat. Leider ist dem nicht so und dementsprechend ist die Lage etwas angespannt, um es milde auszudrücken.
Kaum bin ich eingetroffen, da wird schon eine Besprechung von meiner Chefin anberaumt. „Meine Herren, ich muss Ihnen ja nicht die Ernsthaftigkeit der Lage erklären.“ Tolle Einleitung von Frau Wachter, denk ich so, das kann ja heiter werden. „Nicht nur, dass wir weder den Fahrer noch das Fahrzeug ermitteln konnten, wir haben auch sonst nichts was wir der Presse einstweilen mitteilen könnten. Noch sind wir zwar nicht in der Luft zerrissen worden, aber um 10 Uhr ist eine kleine Pressekonferenz und wenn wir nichts vorlegen können dann Gnade uns Gott. Hat irgendwer Vorschläge wie wir aus diesem Schlamassel einigermaßen glimpflich rauskommen können?“
Natürlich hat keiner von uns eine wirklich zündende Idee. Nach gut einer Stunde beendet Frau Wachter die Besprechung ziemlich ergebnislos. Beim Hinausgehen aus dem Sitzungsraum bitte ich meine Chefin um ein kurzes Vieraugengespräch.
„Also Herr Bosch, was möchten Sie mir denn mitteilen was Sie nicht eben vor den Kollegen sagen wollten?“.
„Ich wollte vor den Kollegen nichts sagen, da ich leider nichts Konkretes beisteuern kann. Aber wenn Sie mich fragen wie wir die Presse irgendwie beschäftigen können, würde ich den Versuch wagen, die Unfalltheorie etwas zu erweitern. Das bedeutet, wir sollten unser Unfallopfer etwas genauer unter die Lupe nehmen und den Fall von der Mordkommission untersuchen lassen. Ich weiß, das ist zwar im Moment noch nicht auf dem Plan, würde uns aber Zeit verschaffen bei der Presse. Wir sagen einfach, dass aufgrund einiger neuer Aspekte in alle Richtungen ermittelt wird. Außerdem glaube ich, dass da nicht alles so glasklar ist, wie es auf den ersten Blick scheint.“
Meine Chefin sieht mich erstaunt an und meint: „ Wissen Sie etwas, was noch nicht bekannt ist, oder ist das ein Schuss ins Blaue?“.
„Also um ehrlich zu sein, ist das ein reines Bauchgefühl, dass an der ganzen Sache mehr dran sein könnte. Die Presse erwartet eine Stellungnahme und am besten einen Fahndungserfolg und wir können nicht wirklich was anbieten. Wenn wir aber andeuten, in alle Richtungen zu ermitteln und uns so etwas mehr Zeit verschaffen können bevor wir in der Luft zerrissen werden, haben wir vielleicht Glück und können doch noch was liefern. Einen Versuch wäre es wert. Noch dazu, wenn wir den Journalisten von den Nürnberger Nachrichten eine Exklusivstory zusagen, denke ich, dass wir nicht gleich in Grund und Boden geschrieben werden.“
„ Herr Bosch, selbst wenn Sie Recht haben sollten und an der Sache mehr dran sein sollte als vermutet, können wir nicht so einfach Exclusivstorys zusagen. Das verbietet ja schon das Pressegesetz, wie Sie bestimmt wissen „. bekam ich schroff zur Antwort.
„ Selbstverständlich bin ich mit dem Pressegesetz vertraut und würde dies ja auch nicht brechen wollen. Da wir aber sowieso bei der Herausgabe von Informationen bei allen Zeitungen, Radio und dem Franken Fernsehen anrufen, ist es durchaus legitim bei den Nürnberger Nachrichten anzufangen.
Frau Wachter kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und sagte darauf „Tja, mein lieber Herr Bosch, dann schlage ich mal vor dass Sie dies so in die Wege leiten und im Interesse von uns allen hoffe ich, dass sich Ihr Bauchgefühl nicht irrt.“
Nach diesen netten Worten gehe ich erst mal in unsere kleine Küche und mache mir eine Tasse Kaffee. Mit meiner dampfenden Lieblingstasse bewaffnet, auf der ein Bild meines Sohnes eingebrannt ist, setzte ich mich an meinen Schreibtisch und überlegte, was ich jetzt zuerst tun soll.
Natürlich hatte ich mir schon vor dem Gespräch mit meiner Chefin einen Plan überlegt. Nun denke ich nochmal nach, wie ich den Chef der Mordkommission am besten überzeugen kann, in diesem Fall eine Ermittlung einzuleiten.
Da er mir aber noch einen Gefallen schuldig ist, bin ich mir jedoch sicher, dass er mir ein paar Minuten seiner kostbaren Zeit opfern wird.
Vor einiger Zeit war bei der Verfolgung eines Verdächtigen von einem seiner Leute von der Schusswaffe Gebrauch gemacht worden.
Der Kollege hat zwar danebengeschossen, aber es schlug doch ein wenig Wellen. Bei so was ist dann immer schnell von der Verhältnismäßigkeit die Rede und in der Presse kommt man selten gut dabei weg.
Jedoch gelang es mir, aus einem Schuss auf einen unbewaffneten Verdächtigen einen korrekten Warnschuss zu machen und alle kamen mit einem blauen Auge davon. Da es nicht viele Personen wussten und der Staatsanwalt diese Version ebenfalls geschluckt hatte, schrieb die Presse sogar einen Vorzeigeartikel über die Mordkommission.
Nachdem ich meinen Kaffee ausgetrunken hatte, telefonierte ich mit Herrn Fischer, dem Leiter des Morddezernates. Wie gesagt, wir hatten in der Vergangenheit schon gut miteinander zusammengearbeitet und ich hoffte, dass er mich wenigstens anhört und nicht gleich wieder auflegt, sobald er weiß, was ich von ihm wollte.
Zu meinem Glück hatte er Zeit für mich und bat mich, ihn in seinem Büro aufzusuchen. Gesagt, getan und schon saß ich zehn Minuten später mit Herrn Fischer und einem weiteren Kollegen von der Mordkommission zusammen.
Ich kannte ja Herrn Fischer bereits und wusste noch, was er für eine hagere Figur hat. Neben seinem Kollegen sieht er aber regelrecht dürr aus. Was ihm jedoch an körperlicher Masse fehlte, machte er durch analytisches Denken locker wieder wett.
Er begrüßte mich freundlich und stellte mir seinen Kollegen, Kriminalhauptkommissar Köster, vor. Ein Typ um die 40 mit sportlicher Figur, leicht schütterem Haar und sympathischer Erscheinung.
Nachdem ich beide begrüßte und mich für den schnellen Termin bedankte, fing ich an meine Geschichte zu erzählen.
„Wie Sie ja bereits wissen, wurde gestern eine 34 jährige Frau von einem Fahrzeug erfasst und tödlich verletzt. Im Moment wird fieberhaft nach dem Fahrzeug, wahrscheinlich ein SUV eventuell ein Mercedes, sowie dem Fahrer, hier könnte es sich laut Zeugenaussagen auch um eine Frau handeln, gefahndet. Leider immer noch ohne Erfolg. Die Presse macht uns die Hölle heiß und wir sehen im Augenblick ziemlich blöd aus. Blöd ist hier noch untertrieben. Gegenwärtig wird noch von einem Unfall mit Todesfolge sowie Fahrerflucht ausgegangen. Ein paar Tage kann ich unsere Lieblingsjournalisten noch vertrösten, aber dann muss ich Farbe bekennen.
Entweder wir haben dann einen Fahndungserfolg und idealerweise die ganze Aufklärung des Unfalls oder wir stehen noch viel blöder da als jetzt.“.
Der Dezernatsleiter, Herr Fischer, und Kriminalhauptkommissar Köster hörten mir aufmerksam zu, ohne mich zu unterbrechen.
Im Gegenteil, Herr Köster machte sich bereits Notizen. So fuhr ich mit meiner Erklärung fort. „Zwar gibt es momentan keinerlei Anhaltspunkte, dass dies ein Fall für die Mordkommission ist, ich möchte Sie jedoch trotzdem bitten, sich den Fall etwas genauer anzuschauen. Zum einen möchte ich später sagen können, sollten wirklich alle Stricke reißen, wir haben alles versucht und nichts vergessen. Außerdem könnte wirklich mehr an der Sache dran sein. Noch dazu hört es sich auch nach draußen, also eben für die Presse,