„Und jetzt willst Du nach Mexiko?“
„Ich könnte morgen früh im Flugzeug sitzen!“
„Gute Güte, Layla, wo soll ich das Budget für diesen Flug hernehmen?“
„Du machst das schon!“
„Also gut, Economy, nicht Business Class, keine Five Star Hotels und Layla keine zerstörten Hotelbars mehr. In spätestens einer Woche erwarte ich Dich zurück und jeden Abend erwarte ich einen ausführlichen Bericht!“
Layla gab ihm einen dicken Kuss auf den Mund, dann drehte sie sich um und wollte das Büro verlassen, als ihr noch etwas einfiel.
„Peter, kannst Du Dich bitte um Mercedes kümmern? Sie hat hier niemanden und ich weiß nur, dass sie aus Puebla ist. Kannst Du versuchen, ihre Familie ausfindig zu machen?“
„Mach ich gleich morgen früh!“
„Des Weiteren brauche ich Informationen über diesen Sergio Alcazar und Aguas Verdes. Ebenso alles was Du finden kannst über die verschwundenen Frauen von Cholula und Puebla!“
„Geht klar, brauchst Du sonst noch was?“
„Nein, Danke, die Reise buche sich selbst!“
*
An ihren Schreibtisch angekommen, machte sich Layla auch gleich an die Organisation ihrer Reise. Sie würde, wie immer mit der Lufthansa von Basel über Frankfurt nach Mexiko City fliegen. Am Flughafen würde sie dann einen Bus nach Puebla nehmen. Dort könnte sie dann erst einmal bei ihrer Großmutter wohnen.
Der erste Anruf galt dann auch dem Reisebüro. Layla hatte Glück. Es war auf beiden Flügen jeweils noch ein Platz in der Economy Class für sie frei. Sie musste nicht einmal auf die Warteliste. Das Taxi für den Flughafen war in Sekunden organisiert. Die Leute dort kannten Layla schon. Als nächstes rief sie ihre Großmutter an, konnte dort aber nur ihren Vetter Daniel erreichen. Den traf beinahe der Schlag, als er hörte, wer am Apparat war, versprach aber dann, alles für ihre Ankunft zu arrangieren.
Dann begann Layla etwas im Internet zu recherchieren. Gut, sie wusste, dass Peter da wohl wesentlich mehr herausholen würde als sie selbst, aber ein wenig wollte sie sich auch selbst vorbereiten. Leider fand sie gar nichts. Weder über Sergio Alcazar, noch über Mercedes Ramírez. Auch über Aguas Verdes gab es nichts, wirklich überhaupt nichts. Über den geheimen Pfad von Cholula gab es dagegen eine ganze Menge, aber dies las sich eher, wie ein Gruselroman, als wie reale, glaubwürdige Informationen. „Niemand, der diesen Weg betrat, kehrte je zurück…“, und dieser ganze reißerische Unsinn. Layla wollte den Computer gerade abschalten, da fand sie doch noch etwas Interessantes. Es war ein Bericht über verschwundene Frauen in Cholula und Umgebung. Es schien tatsächlich so, als ob in Cholula und Puebla gehäuft junge Frauen verschwanden, die nie wieder auftauchten. Und dieses Verschwinden schien sich schon über Jahre hinweg zuziehen. Gut, in Mexiko verschwanden sehr oft Menschen ohne jede Spur, aber dass es so gehäuft junge Frauen zwischen 16 und 24 waren, die verschwanden und man wirklich nie mehr etwas von diesen Frauen gehört hatte, das war schon seltsam. Dann begann der Bericht wieder ins Lächerliche abzudriften. Eine alte Frau meinte, eine der verschwundenen jungen Frauen schreien gehört zu haben und dies direkt auf dem geheimen Pfad von Cholula. Mein Gott, dachte Layla. Das Internet war ja toll um Informationen zu beschaffen, doch oft wurde man auch von sinnlosen oder sogar falschen Information förmlich erschlagen und konnte dann die wichtigen und sinnvollen Infos nicht mehr finden. Layla beschloss deshalb, die Suche doch Peter zu überlassen, schaltete den Laptop ab und zog ihn aus der Docking Station. Sie wusste zwar nicht, ob sie ihn gebrauchen würde. In Aguas Verdes würde es sicher keinen Wireless Hotspot geben, aber sicher war nun mal sicher. Zusammen mit ihrer Kameraausrüstung würde sie das Gewicht zwar sicher erschlagen, aber Layla wollte einfach nicht ohne ihre elektronischen Helfer, an die sie sich so gewöhnt hatte, losziehen.
Einen gepackten Koffer hatte Layla immer vor ihrem Schrank stehen. Oftmals musste es sehr schnell gehen. Ihr Flug nach Mexiko würde in aller Herrgottsfrühe losgehen. Sie öffnete den übergroßen Koffer und verstaute darin die Kameraausrüstung und in einem Spezialfach den Laptop.
Dann merkte Layla, was für einen Hunger sie hatte. Sie hatte seit dem Mittagessen nichts mehr in den Magen bekommen. Sie öffnete den Kühlschrank und fand dort wie befürchtet nichts. Also musste es wieder einmal der Pizzaservice richten! Dies war natürlich total ungesund so kurz vor dem Schlafen, speziell weil sie ja früh wieder aufstehen musste, um ihren Flug zu erwischen.
*
Layla merkte, wie sie die Geschichte mit Mercedes geschafft hatte, als sie nach eine langen ausgiebigen Dusche ins Bett ging und verzweifelt versuchte, Schlaf zu finden. Ihr Körper sagte ihr, „Hey, ich brauche Ruhe“, aber ihr überdrehtes Gehirn reagierte auf diesen Hilferuf einfach nicht. Die Stellen, wo Mercedes Schläge sie getroffen hatten, schmerzten schon lange nicht mehr, aber die Schläge auf ihre Psyche ließen sich nicht so leicht kurieren. Mercedes hatte Todesangst gehabt, das was sicher. Was hatte aber ihr solch eine allumfassende Angst eingejagt? Es musste was mit Sergio Alcazar, Aguas Verdes und dem geheimen Pfad von Cholula zu tun haben, das war klar. Es war aber der einzige reelle Anhaltspunkt, den sie hatte. Sie war sich auch nicht hundertprozentig sicher, ob sie richtig es verstanden hatte, als Mercedes „él me matará“ geschrieen hatte, oder spielten ihr ihre überforderten Nerven da einen Streich? Und was hatte es auf sich, dass sie im Internet überhaupt gar nichts über Sergio Alcazar und Aguas Verdes finden konnte und über den geheimen Pfad von Cholula fast nur abergläubischen Unsinn?
Als sich Layla nach Stunden von verschwitztem Herumwälzen immer noch eher munterer, als müde fühlte, beschloss sie aufzugeben. Sie konnte ja auf dem knapp 11 stündigen Flug nach Mexiko schlafen. Also stand sie auf und begab sich nochmals unter die Dusche. Das Frühstück musste dann leider ausfallen, da ihr die Pizza vom Vorabend immer noch, wie ein Stein im Magen lag. Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen.
Also machte sie sich daran, die letzte Ausgabe der Basler Woche zu lesen. Bisher war sie einfach noch nicht dazu gekommen. Die BaWo war ein mittelgroßes wöchentlich erscheinendes Magazin aus Basel und der Nordschweiz und in der Region sehr bekannt. Layla arbeitete dort seit zwei Jahren und hatte sich dort schon einigen Ruhm erworben. Speziell ihr Bericht über Straßenkinder in Jakarta war oft auch von überregionalen Medien zitiert worden. Sie wurde dort als der Shooting Star gesehen, Sie selbst glaubte dieser Beurteilung noch nicht ganz. Dafür fühlte sie sich noch zu unerfahren. Da gab es andere auch sehr talentierte Mitarbeiter, die in der Liste noch weiter oben zu sehen wären. Gut, sie war aber auch selbstbewusst genug, um zu sehen, dass sie mit der angesprochenen Reportage etwas Außergewöhnliches geleistet hatte, aber trotzdem wollte sie nicht abheben. Auch Peter Baumann passte da sehr sorgsam auf.
Gerade auch deshalb konnte sie sich maßlos ärgern, wenn ihre Reportagen nicht ankamen. Deswegen schlug sie auch jetzt