Nur was war mit meiner Tochter? Voll Schrecken rannte ich zu den Stufen und sah hinunter. Da lag meine geliebte Tochter. Sie war blutüberströmt. Wie konnte das sein. Sie war doch auch ein Werwolf geworden und somit so gut wie unverletzlich. Ich sprang die Treppe mit zwei großen Sätzen hinunter und blieb bestürzt neben ihr stehen.
Am Geländer, direkt in Höhe der ersten Stufe war eine schmuckvolle Verzierung in Form einer Schlange, die sich um eine große Kugel gewunden hatte. Beides war offensichtlich aus reinem Gold. Der Schwanz der Schlange war dabei so geformt, dass er in Richtung in die große Eingangshalle auslief. Das wirkte sehr elegant, nur war diese Verzierung für meine Tochter fatal gewesen. Sie war wohl von oben herunter direkt auf die Schlange gestürzt und zwar genau mit dem Kopf auf den auslaufenden Schwanz, der ihr tief in ihr Auge eingedrungen war. Sie lebte noch, nur hatte sie diese Verletzung so geschwächt, dass sie wieder ihre erste Natur angenommen hatte. Sie sah mich mit ihrem einem heilen Auge an. Diesmal schien sie mich zu erkennen, denn sie sagte mir in perfektem Nahuatl, der Sprache unseres Volkes:
„Vater, Du bist mich holen gekommen!“
Sie hatte mich wohl trotz meiner Verwandlung in meine zweite Natur erkannt. Ich setzte mich neben sie. Sie litt ganz offensichtlich sehr unter ihrer Verletzung. Sie blickte mir in die Augen, dann sagt sie:
„Vater, ich habe eine Tochter. Es ist also Deine Enkelin. Du musst mir versprechen, gut für sie zu sorgen.“
Ich verstand. Sie wollte, dass ich sie von ihren Qualen erlöste. Das wollte ich gerne für sie tun. Also riss ich ihr mit meinen Zähnen die Kehle auf. Dann öffnete ich ihren Brustkorb und entnahm ihr das Herz, welches ich mit den zeremoniellen Worten Mictlantecuhtli, dem Herrscher von Mictlan opferte.
Wütend und gleichzeitig traurig stieß ich ein qualvolles Heulen aus. Jetzt hatte ich wirklich alles verloren. Ich hatte zwar Rache an dem Winzling nehmen können, jedoch war dabei meine geliebte Tochter durch meine ureigene Schuld ebenfalls in Mictlan eingezogen.
Da hörte ich ein Baby schreien und erinnerte mich an die Worte meiner Tochter, die eine Enkelin erwähnte. Ich ging also die Treppe wieder nach oben. Das Geschrei des Babys führte mich in ein Zimmer. Dort lag in einem Babybett ein etwa ein Jahr altes Baby. Es war überirdisch schön. Große, dunkelbraune, fast schwarze Augen und schwarze Locken, die auf das Gesicht einer Göttin fielen. Ich nahm das Baby aus seinem Bett und hörte hinter mir plötzlich jemanden schreien. Das Kindermädchen hatte mich entdeckt. Ich war so sicher gewesen, dass in diesem verfluchten Haus keine Angestellten sein würden, dass ich wohl sehr überrascht geschaut haben musste. Dann realisierte ich, dass das Kindermädchen im Begriff war, Alarm zu schlagen. Deshalb sprang ich mit einem gewaltigen Satz auf sie zu und tötete sie innerhalb von einer einzigen Sekunde. Dann sah ich das Baby wieder an und was ich sah verschlug mir den Atem. Durch die offensichtliche Gewalt des Todes des Kindermädchens aufgeheizt, versuchte das Baby, sich in einen Werwolf zu verwandeln. Dabei biss sie mich heftig in den Arm. Ich wollte gerade zu lachen beginnen, da hörte ich ein heftiges Klopfen an der Türe. Offensichtlich war unser Kampf doch gehört worden. Also nahm ich das Baby und rannte aus dem Zimmer. Ich brauchte dringend ein Versteck. Dabei hatte ich die ganze Zeit ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich hatte wieder eine Aufgabe. Ich würde für dieses Baby sorgen. Ich würde dieses Mädchen erziehen. Ich würde sie alles lehren, was ich wusste. Ich drückte dieses hilflose Bündel also an meine Brust, während ich auf der Suche nach dem Versteck hektisch durch das Haus rannte.
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