Bei einer chronischen Fissur können sich morphologische Befunde zeigen, die als Sekundärveränderungen bezeichnet werden, d. h. hypertrophe Analpapille, Vorpostenfalte, Analkryptitis und Analfistel.
3.6.1. Hypertrophe Analpapille
Am proximalen Rand der chronischen Fissur bildet sich häufig eine hypertrophe Analpapille. Synonyma sind: Analfibrom, »Analpolyp«, Papillitis hypertrophicans und »Katzenzahn« (Wienert u. Mlitz).
Die Vergrößerung der natürlicherweise vorhandenen Analpapillen wird als Folge chronischer oder chronisch-rezidivierender Entzündungsprozesse gesehen, und zwar im Sinne einer proliferativen Fibrosierung im Bereich der Linea dentata (Groisman u. Polak-Charcon; Marti u. Givel; Nicholls u. Glass; Schinella; Schutte u. Tolentino; Wienert u. Grußendorf 1975). Diese Fibrosierung ist in der Regel Folge einer Anitis, Kryptitis oder Papillitis. Die hypertrophe Analpapille ist breitbasig aufsitzend oder gestielt-polypoid, selten mehrzipfelig, von Hirsekorn- bis Kirschgröße, mit leicht geröteter Basis und meist weißlicher, gelegentlich entzündlich erodierter Kuppe. Sie ist von derber Konsistenz bei relativ glatter Oberfläche.
In der Literatur schwankt die Prävalenzrate zwischen 5 % und 45 % (10 Studien, n = 3721) (Tab. 8).
Bei größeren und dann evtl. auch prolabierenden Analpapillen kann es neben dem Fissurschmerz zu Fremdkörpergefühl und frustranem Stuhldrang kommen (Kusunoki et al.; Wienert u. Mlitz 1975).
Histologisch handelt es sich um ödematös aufgelockertes, stellenweise fibrosiertes Bindegewebe mit vermehrten kapillären Gefäßen. An der Oberfläche zeigt sich bisweilen ein akanthotisch verbreitertes Plattenepithel. Als Folge mechanischer Irritation sind gelegentlich auch Exsudateinlagerungen in höheren Epidermislagen sowie in der Hornlamelle zu sehen (Wienert u. Grußendorf 1975).
Differenzialdiagnostisch sind Analthrombosen, Kondylome, tief sitzende Rektumpolypen, amelanotische Melanome sowie das Analkanalkarzinom auszuschließen.
Tab. 8 Prävalenzraten der hypertrophen Analpapille
Bei der Fissurektomie wird die Exzision unter Mitnahme der hypertrophen Analpapille bis oberhalb der Linea dentata geführt. Die histologische Untersuchung des Präparats ist obligat.
LITERATUR
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Marti MC, Givel JC: Chirurgie anorektaler Krankheiten. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1992
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Stürmlinger M: Funktionelle Ergebnisse der lateralen Sphinkterotomie im Rahmen der Behandlung chronischer Analfissuren. Med. Diss. Düsseldorf, 1986
Wienert V, Grußendorf I: Zum Krankheitsbild der Analpapille. Aktuelle Dermatologie 1, 27–30, 1975
Wienert V, Mlitz H: Einführung in die Proktologie. Schattauer Verlag, Stuttgart, 1995
3.6.2. Analkryptitis
Im kranialen Bereich der Fissur lässt sich häufig neben einer hypertrophen Analpapille eine pathologisch veränderte Analkrypte sondieren. Aufgrund der entzündlich-ödematösen Veränderungen im Bereich des Kryptendachs kann man – anders als bei der orthologischen Krypte – den Sondenkopf nicht in der gleichen Weise durchschimmernd erkennen (Dohrenbusch et al.; Klosterhalfen et al.).
Gelegentlich entleert sich während der Sondierung Sekret oder Eiter aus der Krypte.
Die pathologisch veränderte Krypte wird bei der Fissurektomie en bloc mit der Fissur abgetragen.
Die Häufigkeit einer Kryptitis wird von Eißer mit 61 % (n = 131), von Schwaner mit 83 % (n = 60) angegeben.
Die von Krakovic beschriebene bevorzugte Lokalisation der Krypten im dorsalen und ventralen Bereich könnte die gehäufte Lokalisation der Fissuren in diesen Arealen erklären.
LITERATUR
Dohrenbusch J, Klosterhalfen B, Vogel P et al.: Analkrypten als pathomorphologisches Substrat der chronischen Analfissur. coloproctology 8, 368–371, 1986
Eißer H: Die chirurgische Behandlung der chronischen und akuten Analfissur. Med. Diss. Münster, 1990
Klosterhalfen B, Vogel P, Dohrenbusch J et al.: Modelle zur Pathogenese der analen Kryptitis mit besonderer Berücksichtigung der Kryptenverteilung und der Durchblutung des Analkanals. coloproctology 10, 307–310, 1988
Krakovic M: Untersuchungen über die Verteilung der Proktodäaldrüsen beim Menschen in Bezug auf den Umkreis des Analkanals und ihre Beziehung zur anorektalen Fistel. Langenbecks Arch Chir 336, 141–154, 1974
Schwaner S: Operative Behandlung der Analfissur: Ergebnisse, Rezidive, Kontinenzleistung nach Fissurektomie bzw. Fissurektomie und lateraler Sphinkterotomie. Med. Diss. Mainz, 2002
3.6.3. Vorpostenfalte
Am distalen Fissurrand findet sich häufig ein Hautwulst, der von außen erkennbar ist (Vorpostenfalte, Wachtposten, skin tag). Bei der Vorpostenfalte handelt es sich um eine sekundäre Mariske, die möglicherweise Folge einer lokalen Entzündung ist.
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