Bei dem Gedanken drehte sich Jordan der Magen um. Er spürte eine unbändige Wut auf diesen Menschen. Wer konnte so grausam sein, so etwas anderen an tun?
„Oh mein Gott“, Frank setzte sich in seinen Stuhl und atmete mehrfach tief ein.
„Was sonst noch? Schlimmer kann es ja nicht mehr kommen.“
Bei diesen Worten blickten sich Mike und Jordan an. Mike räusperte sich.
„Nun, Kathrin Higgins war noch am leben, als er sie mit dem Stiel sexuell missbrauchte. Erst als sie die Besinnung verlor, brachte er sie um.“
Frank schüttelte angewidert den Kopf und gab beiden die Akte zurück.
„Ich kümmere mich um den Bürgermeister. Seht zu was ihr aus dem Psychologen rausholt. Ich spreche mit Rick und Todd. Ich möchte das wir uns morgen früh um 8 Uhr im Büro treffen, damit wir gemeinsam durchgehen können, was wir bisher haben. Ich will diesen Mistkerl haben!“
Mit diesen Worten entließ der Captain Jordan und Mike. Von ihren Schreibtischen her konnten die zwei sehen, wie er zum Telefon griff und anschließend beschwichtigend mit den Händen gestikulierte. Jordan blickte zu seinem Partner rüber.
„Das dürfte jetzt der Bürgermeister sein, wir müssen uns beeilen bevor er nochmal zu schlägt!“ Sie griffen nach ihren Jacketts und verließen das Büro.
Um punkt halb sechs morgens versammelten sich alle im Salon. Vivian kam herein und baute das Frühstücksbuffet auf, es roch augenblicklich nach Rührei, geröstetem Speck, frischen Brötchen und Kaffee.
„Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen und großen Hunger. Ich habe immer das Problem das ich zu viel koche, deswegen endschied ich mich eine Pension zu führen, damit ich eine Ausrede habe.“
Taylor ging zu ihr hin und legte ihr eine Hand auf die Schulter, „seien sie unbesorgt, ich denke das werden wir schon schaffen und so himmlisch wie das riecht.“
Taylors Magen fing zu knurren an.
„So, das sagt wohl alles, ich sterbe fast vor Hunger. Darf ich mir schon davon nehmen?“
Vivian lächelte glücklich, nickte und verschwand aus dem Zimmer. Der Kaffee rann Taylors Kehle runter, sie spürte die erste Wirkung des Koffeins. Gott tut das gut….. Sie beschloss nach der Besprechung kurz Ben und Christine anzurufen, oder denen zumindest eine SMS zu schicken das sie gut angekommen war, sonst machten sie sich nachher noch Sorgen.
Zu Taylors Freude war heute auch Angela da, sie war gestern Abend nicht mit anwesend, da sie schon im anderen Stadtteil Ardmores war, um sich einen Überblick zu verschaffen, was noch getan werden musste und wer wie einsetzbar war.
Angela war die Vertretung für Darlene wenn sie nicht da war, so wie gestern. Sie hatte Talent, sie brachte alles wieder zum laufen, egal um was es sich handelte, also von unschätzbaren Wert für die Organisation.
Taylor mochte sie auf Anhieb gut leiden, sie war eine Frohnatur und versuchte in allem das Beste zu sehen, das bewunderte sie insgeheim an ihr. Taylor war schon immer ein Realist, sie konnte nicht alles optimistisch sehen, selbst wenn sie es gekonnt hätte.
Spätestens in der Notaufnahme hätte sie sich das abgewöhnt, sie hatte zu viel gesehen. Kinder mit Schussverletzungen durch Bandenkriege, vernachlässigte, misshandelte Kinder, oder einfach nur schwerkranke Patienten die ein hartes Los mit ihrer Gesundheit gezogen hatten. Es existierte so viel sinnlose Gewalt und hier in Ardmore, eine beschauliche Kleinstadt, kam der Fingerzeig Gottes und vernichtete so viele Existenzen und Leben.
Taylor schüttelte den Kopf um sich aus diesen trübsinnigen Gedanken zu befreien, und spürte jetzt erst das sie von ihren Teammitgliedern beobachtet wurde.
„Geht’s dir gut?“
Santiago beugte sich vor und berührte sie am Unterarm, sein Blick sah besorgt aus.
„Ja danke, mir fehlt nichts, sorry, ich war gerade ganz in Gedanken.“
Das war Taylor sehr unangenehm, bei einer so wichtigen Besprechung einfach gedanklich abzudriften, das sah ihr eigentlich gar nicht ähnlich.
„Ich habe wohl noch nicht genug Kaffee getrunken, möchte noch jemand eine Tasse?“
Mit diesen Worten stand sie auf um sich Kaffee nach zu schütten.
„Also es sieht folgendermaßen hier aus…“ Angela griff nach einigen Papieren, unter anderem Handgeschriebenes und eine Straßenkarte.
„Ich sprach gestern mit der Einsatzleitung der Feuerwehr und auch mit dem Personal der medizinischen Versorgung. Um es kurz zu machen, das städtische Krankenhaus ist vollkommen ruiniert. Das Gebäude wird abgerissen, die instabilen Patienten wurden in die Turnhalle der High School verlegt. Es ist zur Zeit die einzige Möglichkeit die sie haben. Sie versuchen noch Gerätschaften aus dem Krankenhaus zu beschaffen, was nicht sehr einfach sein wird, da es Einsturzgefährdet ist. Hinzu kommt, das es an medizinischem Personal mangelt. Manche sind selber Patienten, zumal Ardmore noch nie so gewaltig von einem Tornado getroffen worden ist. Die Aufräumarbeiten erweisen sich als schwierig. Es sind alle im Einsatz die helfen können, viele Freiwillige. Das Problem ist, das auch Stromleitungen getroffen wurden und es in einigen Straßen keinen Strom gibt. Die Wasserversorgung ist zum Glück gewährleistet, man weiß aber noch nicht, wie viele Menschen verletzt sind und wer sich noch unter Trümmern befindet. Soweit habe ich von unserer Organisation das Personal eingeteilt. Darlene, wenn du da mal bitte drüber guckst, ob das auch so in deinem Interesse ist?“
Sie schob ihr eine Liste rüber die Darlene mit einem Kopfnicken absegnete.
„Gut, so machen wir das.“
Darlene stand mit der Liste in der Hand auf, griff zu ihrer Tasse und nahm einen Schluck, bevor sie die Liste vorlas.
Taylor saß mit Santiago und Karen im Wagen, auf dem Weg zum ersten Einsatztag. Sie spürte eine innerliche Unruhe, sie wusste nicht konkret was sie erwartete, sie konnte sich nur von dem ein Bild machen, was Angela heute morgen berichtete und das war alles andere als erfreulich.
Taylor wurde in die medizinische Versorgung eingeteilt, sie sollte sich einen Überblick über die Patienten in der Turnhalle verschaffen und dann draußen an der Front mithelfen, vor allem sollten Menschen geborgen werden.
Sie betete, das sie Menschen lebend wieder fand. Als sie allerdings in dem Bezirk eintrafen sank augenblicklich ihr Optimismus. Bäume lagen entwurzelt in Häuser, persönliches Hab und Gut lag verteilt auf den Straßen. Man fuhr mit Planierraupen die Straßen frei, damit man mit Fahrzeugen durch kam. Viele Anwohner halfen mit, Menschen aus den Trümmern zu bergen. Was ihr Herz zusammen ziehen ließ, war der Anblick eines kleinen Jungen und Mädchens die alleine auf einem umgestürzten Baum saßen, während die Mutter schluchzend in den Trümmern nach etwas suchte. Santiago folgte ihrem Blick und hielt sofort an.
Sie stiegen aus dem Auto und liefen zu der weinenden Frau, die ohne Vorsichtsmaßnahmen in das verfallene Haus einsteigen wollte. Sie befand sich bereits auf dem Vordach des Hauses
„He Madam, warten sie, sie können da nicht einfach rauf, bitte… warten sie….“
Santiago rannte zu ihr hin und war mit wenigen Schritten bei ihr. Er fasste sie bei der Schulter um sie zu sich zu drehen. Ihr Gesicht war vom Weinen gerötet und ganz nass.
„Mein Mann, ich suche meinen Mann. Er ist hier rein um unseren Hund zu holen, dann sackte unser Haus zusammen, seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Oh bitte… helfen sie mir…“
Sie krallte sich hilfesuchend an Santiagos Hemd fest. Er geleitete sie runter zu ihren Kindern, wo sich Karen schon um sie kümmerte, die Kinder schauten mit großen Augen zu ihnen auf. Der kleine Junge, Taylor schätzte ihn nicht viel älter als 5, wendete sich hilfesuchend an Santiago.
„Helfen sie meiner Mum und retten unseren Dad? Bitte .. .“
Er