27° 28’ 16.00’’ S / 153° 02’ 10.57’’ O – Brisbane City, QLD Dieser Mann hatte doch etwas zu verbergen. Sheila tobte. Sie schritt im Büro ruhelos auf und ab wie ein Raubtier in seinem Käfig. „Warum wehrt sich dieser Miller eigentlich so vehement dagegen, dass ein Fernsehteam die Expedition begleitet? Kannst du mir das vielleicht sagen? Unsere Zuschauer haben ein Recht darauf, es zu erfahren. Und auf eine lückenlose Berichterstattung. Im einundzwanzigsten Jahrhundert sollte das zu den Grundrechten gehören! Schließlich leben wir hier in einem freien Land und nicht in einer Diktatur.“ Sheilas Chef stand am Fenster und blickte aus dem 7. Stock hinunter auf den Brisbane River und den CityCat, der soeben am Pier des Expo-Geländes gegenüber anlegte. Ein paar Dutzend Menschen gingen von Bord des Katamarans und verteilten sich langsam auf der Uferpromenade. Samuel hatte jedes Wort seiner Mitarbeiterin registriert. „Weil es seine Expedition ist, und weil er ein Recht darauf hat, seine Leute abzuschirmen und in Ruhe arbeiten zu lassen. Er hat ein Kamerateam angeheuert, das die Expedition begleitet und ihre Arbeit dokumentiert. Er hat also vorgesorgt, dass die Welt erfährt, was da draußen passiert. Offensichtlich bedeutet es für ihn mehr als nur eine Fahrt ins Blaue. Und außerdem: Wer sollte denn, deiner Meinung nach, diese Berichterstattung übernehmen? Ich nehme an, du hast dich selbst dafür ausgesucht, stimmt’s?“ Sheila blieb stehen, sah ihren Chef einen kurzen Moment unverhohlen an und nickte. Sam schien zu begreifen. Ein Lächeln tauchte um ihre Mundwinkel auf. Sie musste jetzt trotzdem vorsichtig sein. Schließlich hatte sie gestern ganz schön alt ausgesehen, als dieser Jonathan sie derart abservierte, dass ihre eigene Zukunft nun auf dem Spiel stand. Sheila wäre allerdings nicht Sheila gewesen, wenn sie die neue Ausgangslage nicht gewinnbringend für sich selbst zu nutzen verstanden hätte. Sie war bereits auf einem guten Weg dahin. Sie kannte jetzt nur noch ein Ziel: Sie wollte Jonathan Miller vernichten. Und sie war bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen, wenn nötig, sogar jeden Preis! „Überleg doch mal, Sam, wir müssen schließlich unsere Zuschauer darüber informieren, was in diesem Lande geschieht. Die Satellitentechnik macht es uns heute möglich, live aus jedem Winkel der Erde zu senden. Da ist doch das Outback kein Problem. Und ich habe die beste Qualifikation, die du dir vorstellen kannst, um diesen Job zu machen, das weißt du auch. Warum gibst du mir also nicht noch diese eine Chance?“ Inzwischen waren Passagiere zugestiegen und die Schnellfähre hatte abgelegt, um die nächste Pier anzusteuern. Samuel drehte sich zu seiner Mitarbeiterin um. „Du hast sie gehabt. Und du hast sie gestern gründlich vergeigt. Begreif das doch endlich! Ich kann dir nicht mehr helfen. BrisbaneQTV ist für Sheila Young passé, endgültig passé. Pack also schleunigst deine Sachen zusammen und verlass dieses Büro! Niemand hier wird dir auch nur eine Träne nachweinen. Du hast mit dem Vertrauen deiner Kollegen und der Geschäftsleitung gespielt. Und du hast es missbraucht. Das werden sie alle hier nicht so schnell vergessen. Im Gegensatz zu dir haben viele eine Familie zu ernähren. Und nun müssen sie um ihren Job bangen. Drei unserer besten Werbekunden sind bereits für das nächste Quartal abgesprungen. MorleysPartnership Enterprises sind zwar noch da, aber wenn ich noch einen Finger für dich rühre, spricht sich das sofort herum. Dann ist auch Jonathan Miller weg und wir können dichtmachen. Du bist fertig, Sheila, verstehst du? Geh weit weg von hier und such dir woanders eine neue Plattform für deine Eskapaden! Vielleicht hast du Glück, und du findest Anschluss, bevor das ganze Ausmaß des Schadens, den du hier angerichtet hast, öffentlich wird! Mehr kann ich nicht für dich tun.“ Sheila hatte sich die Vorwürfe ihres Chefredakteurs äußerlich geduldig angehört. Innerlich kochte sie vor Wut. „Aber versteh doch, ich musste das tun. Dieser Mann hat was zu verbergen. Das spüre ich ganz genau. Was auch immer es ist, es ist der Schlüssel. Dieser Mann will mich fertigmachen, und in diesem Punkt ...“ Sheila wollte einen neuen Anlauf nehmen, um das Blatt doch noch zu ihren Gunsten zu wenden, aber sie hielt mitten im Satz inne. Plötzlich schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf, den sie so schnell wie möglich in die Tat umsetzen wollte. Sie zögerte nicht länger, packte in Windeseile ihre persönlichen Dinge vom Schreibtisch in einen Faltkarton. Sam sah ihr dabei zu. „Es freut mich, dass du offensichtlich einsiehst, dass es zwecklos ist, deinen Job in diesem Laden weiterzumachen.“ Sheila antwortete nicht. Sie benötigte nicht viel Zeit zum Einpacken. In einer Minute war sie fertig. Sie klappte den Deckel zu und schaute sich noch einmal im Raum um. Sie hatte nichts vergessen, hob den halbvollen Karton und lächelte Sam an. „Ja okay, ich habe verstanden.“ Er wartete, bis sie sich der Tür zuwendete, und folgte ihr in kurzem Abstand. „Pass in Zukunft einfach besser auf, wie du deine Sache verkaufst! Und das meine ich ganz ehrlich. Als Freund, nicht nur als dein Chef.“ Gemeinsam verließen sie das Büro, das einmal Sheilas ganze Macht repräsentierte und von dem aus sie ihre Fäden gezogen hatte.
Ich hatte diese große Entdeckungsreise nach Swan River zwar ebenso begonnen wie die beiden zuvor. Während der ersten ausgedehnten Durststrecke nach nur zwei Monaten kamen mir jedoch große Zweifel, ob ich so jemals mein weitgestecktes Ziel erreichen würde. Wir waren voraussichtlich mehr als zwei, wenn nicht sogar drei Jahre unterwegs und völlig auf uns allein gestellt. Schon zu diesem Zeitpunkt der Expedition wurden wir durch die Umstände unserer Reise gezwungen, umzudenken, wollten wir lebend am Indischen Ozean ankommen. Über mehr als hundertachtzig endlose Meilen hatten wir uns täglich weiter durch ein ödes und trockenes Gebiet vorangequält und am Ende selbst vorwärtsgetrieben wie unsere eigenen Tiere. Unter Aufbietung unserer allerletzten Kraftreserven waren wir auf ein Flussbett gestoßen, das an dieser Stelle ganzjährig mit Wasser gefüllt zu sein schien. Ich ließ sofort einen