Wir haben wieder was gelernt.
Nach zwei Stunden stellt unser Monteur fest, dass die Umwälzpumpe nicht angeschlossen ist, die Kabel hängen lose herum. Wenn diese Pumpe nicht tut, kann die Kühlung nicht funktionieren.
Er schliesst die Pumpe an und siehe da, sie funktioniert einwandfrei. Sie saugt die vorhandene Kühlflüssigkeit vollständig ein.
Somit ist klar, dass der Motor ohne Pumpe gelaufen sein muss, denn er hatte im heissen Zustand die Flüssigkeit verbraucht. Es müssen drei Liter Frostschutz 50:50 nachgeschüttet werden, dann läuft der Kreislauf rund.
Schliesslich wird noch ein kaputter Thermostat diagnostiziert, der aber erst beschafft werden muss. Der Motor kann trotz fehlenden Thermostats zumindest kurzzeitig probelaufen.
Wir werden immer zuversichtlicher.
Alles was bisher nicht funktionierte, beruht lediglich auf Nachlässigkeit der Vorbesitzer.
Ein paar Teile, einige neue Schläuche, das scheint alles zu sein. Unser Monteur schaut sich noch die Getriebekupplung an, meint aber, die sei ganz ok. Er ersetzt schließlich den fehlenden See für die Kühlung mit einem Eimer Wasser.
Zündung ein und anlassen.
Die Kontrollleuchten für das Kühlwasser und den Stromkreis brennen.
Das ist aber auch alles. Keine Zündung.
>>Ja, mei, da muss wohl mal die Batterie geladen werden. Noch mal.<<
Der Motor dreht zweimal und springt dann an. Qualm und Kühlwasser spuckend, beginnt er warm zu laufen. Er schmatzt vor sich hin, spuckt ordentlich Kühlwasser hinten raus, was beweist, dass die Fehler behoben sind, wird warm, nachdem ein paar Mal Gas gegeben wird und läuft brummend rund.
Wow!.
Wieder ein Stück der Reise näher. Das wichtigste Teil nach dem Rumpf funktioniert einwandfrei.
Bei dicken Leberkässemmeln mit Kaffee fragen wir nochmal nach:
>>Der Motor ist ok, Sie brauchen da keine Sorge haben. Ich habe schon ganz andere Motoren gesehen!<<
Unser Monteur hatte übrigens an diesem Tag Geburtstag, wie wir später erfahren.
Bis zum Dienstag soll der Rest gerichtet werden. Dann steht tatsächlich eine fahrbereite, ca. 30 Jahre alte, schnuckelige Myra 21 vor unserem Tor.
Stolz nennen wir sie MS-Ismaning.
In Anlehnung an “stimmige” Grössenverhältnisse der MS–Europa oder MS-Deutschland, ist unsere MS-Ismaning ganze 6,70m lang, inkl. der Badeplattform, und 2,30m breit. Sie hat ca. 80cm Tiefgang, je nach Beladung und der 2 Zylinder-Dieselmotor verfügt über 25 PS.
Ist das nix?
Probefahrt
Wir hatten Schlimmes befürchtet.
Aber warum nicht auch mal Glück haben.
Wir können die erste Probefahrt planen.
Ich hatte erfahren, dass man für den Starnberger See eine Sondergenehmigung für eine zweistündige Probefahrt vom Landratsamt bekommen kann. Die wird beantragt und am 11. Mai ist es dann soweit. Wir packen alles ein, was man für eine Probefahrt braucht: Rote Fahne*, Ersatzteile, Werkzeug, Feuerlöscher, Rettungswesten, Pütz*, Leinen und Anker, Zündschlüssel und Ausweise. Paddel haben wir noch keine. Die werde ich bei ebay ersteigern.
Dietlinde hat inzwischen den Bogen raus, mit dem Hänger zu rangieren. In nur 15 Minuten hat sie das Boot auf unserem Parkplatz gedreht und ab geht es zum Starnberger See. Uns wurde eine Slip-Möglichkeit* in der Anlage Ambach genannt. Die fahren wir an, finden sie schliesslich und stellen fest, dass alles sehr eng gebaut ist, so dass wir mit unserem 12 m Gespann nur schwer rangieren können.
* rote Fahne: die schwenkt man, wenn man manövrierunfähig oder in Gefahr ist.
* Pütz = Eimer
* Ein Slip ist eine abschüssige Fahrbahn, die ins Wasser führt.
Bevor wir alle Befestigungen an Boot und Trailer lösen, überzeugen wir uns erst einmal, ob wir da überhaupt ins Wasser kommen würden.
Wir gehen am Steg entlang.
Sehr flach, mehr als flach!
Der Slip ist schmal und äusserst flach. Das ist einerseits gut für unseren Bus, der die 1,6 Tonnen schliesslich wieder aus dem Wasser ziehen soll, aber andererseits kommt das Boot nicht frei, wenn zu wenig Wasser unter dem Kiel ist. Wir messen, und ich wate ins Wasser.
Es wird nicht reichen.
Unsere zwei Stunden Fahrzeit beginnen schon zu laufen.
Ein Passant meinte,
>>versuchen sollten Sie es wenigsten.<<
Nett und unsicher, wie wir jetzt nun mal noch sind, versuchen wir es.
Spannleinen los, das Lichtgestell vom Trailer abgebaut, das muss sein, sonst kann das Boot nicht freikommen, das Haltetau befestigt, damit das Boot nicht allein losschippert, wenn es aufschwimmt und ab ins Wasser.
Der befestigte Slip ist zu Ende und es kommt zwar Kies, aber es fehlt immer noch mindestens ein halber Meter, bis das Boot aufschwimmen würde.
Also wieder raus aus dem Wasser.
Wir sind aufgeregt und enttäuscht.
Nun würden unsere zwei Stunden ablaufen und die 25 € Gebühren verfallen, ohne dass wir eine Probefahrt erlebt hätten.
Glücklicherweise hatte ich die Telefonnummer der Dame vom Landratsamt dabei. Sie ist nett und nennt uns andere Slips, die wir uns anschauen sollten.Wir schauen uns den Slip an der Wasserwacht an.
Ungeeignet. Nur für Könner.
Wir klappern samt Boot die in Frage kommenden Plätze ab.
Dann fragen wir in Bernried an der Bootswerft Fischer nach.
Dort kann man nur kranen* und das kostet auch noch 60 €.
*kranen: Ein Kran hebt das Boot von Trailer ins Wasser
Aber gleich 4 km weiter in Tutzing, da sind die Bedingungen ideal.
Wir vereinbaren mit dem Landratsamt für Freitag früh einen neuen Termin. Wir wollen zwar das gute Wetter ausnutzen, aber nicht erst mittags ins Wasser, weil wir dann sicher keinen Parkplatz mehr für Boot und Trailer bekommen würden und weil wir gut und gern auf Schaulustige verzichten können.
In der Früh ist es noch empfindlich kalt, so dass wir fast alleine sind.
Dietlinde rangiert den Trailer wie ein Profi ins Wasser, ich schiebe und zerre am Boot, bis zur Hüfte im Wasser stehend und schwupp schwimmt es auf.
Ein tolles Gefühl. Unser Boot schwimmt!
Wir haben das mit dem Slippen hinbekommen.
Zwar muss es später wieder rausgezogen werden, aber nun können wir den nächsten Schritt angehen.
Erst mal samt Hund rein ins Boot und nachsehen, was die Stopfbuchse macht. Ohne Fahrt darf kein Wasser eindringen. Mit Fahrt dürfen ein bis zwei Tropfen pro Minute ins Boot laufen.
Kein Tropfen zu sehen.
Die Buchse, die lediglich aus einem schmalen Hanfring besteht und die einzige Dichtung zwischen Innenund Aussenwelle ist, lässt normalerweise immer etwas Wasser durch. Dafür gibt es die Bilge und die Bilgenpumpe. Ein Problem könnte allerdings sein, dass im Bilgenwasser immer etwas Schmierfett mitschwimmt.
Wenn das rausgepumpt wird, könnte es Geschrei von Polizei oder Umweltschützern geben. Öl im Starnberger See!
Das fehlte noch.
Wir hatten einen Tipp bekommen und Spüli in die Bilge gespritzt. Dann gäbe es halt Schaum auf dem See.
Was kann man machen!
Aylinchen macht