Reitschuster und das Phantom. Frank Röllig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Röllig
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738001662
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meinte Reitschuster, nachdem er Schallers Bericht gelesen hatte. „Das scheint ja dein erster Alleingang zu werden. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Fall. Damals ging es um Viehdiebstahl. Aber einen bewaffneten Raubüberfall … das dauerte dann schon noch ein paar Jahre“, ulkte er.

      „Mach dich nur lustig über mich! Schließlich habe ich dir das gesamte Wochenende freigehalten. Das war doch okay oder?“

      „Aber klar, das war auch sehr ehrenwert! Ich sehe, dass meine zugegeben manchmal harte Schule Früchte trägt. Aus dir ist ein ganz passabler Kriminalist geworden.“

      Schaller war wieder versöhnt und so berichtete er seinem Chef die letzten Neuigkeiten über seinen Fall. Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, meinte Reitschuster: „Das ist eine echt harte Nuss, die wir da zu knacken haben. Hatte diese Tankstelle eine Videoüberwachung?“

      „Ja schon, die Aufnahmen starten jedoch normalerweise erst ab Einbruch der Dunkelheit. Sie werden dennoch ausgewertet.“

      „Soll ich dir ehrlich etwas sagen?“ Reitschuster sah, dass Schaller ganz Ohr war. „Es mag zwar etwas widersinnig klingen, aber wir haben gar nichts. Bis jetzt sind wir auf eine Wiederholungstat angewiesen.“

      „Ja meinst du wirklich?“

      Es sollten drei Tage vergehen. Da erhielt Frau Wimmer einen Anruf eines sehr aufgeregten Mannes. „Kripo Krumbach, Sie sprechen mit Frau Wimmer, Grüß Gott!“

      „Bitte helfen Sie mir, ich bin überfallen worden. Ich habe einen Zigarrenladen in Günzburg.“

      „Alles verstanden, lassen Sie alles so wie es ist. Sind Sie außer Gefahr?“

      „Ja, mir geht es soweit ganz gut, glaube ich.“

      „Geben Sie mir bitte Ihren Namen, Anschrift und Telefonnummer durch“, sagte Frau Wimmer aufgeregt.

      „Mein Name ist Birkner, mein Laden ist am Marktplatz 12. Bitte beeilen Sie sich!“

      „Wir tun unser Möglichstes. Begeben Sie sich nicht in Gefahr. Verlassen Sie Ihr Geschäft und suchen Sie die Öffentlichkeit. Meine Kollegen sind in wenigen Minuten bei Ihnen.“

      Sie legte auf und alarmierte sofort Reitschuster und Schaller, die gerade im Maximilian, einem Café Bistro im Herzen Günzburgs, eine Pause einlegten.

      Es klingelte bei beiden gleichzeitig. Bei Schaller war es Frau Wimmer, bei Reitschuster war es Jasmin. Er grinste Schaller an, der angestrengt dreinschaute. „He Bär, ich möchte dich ja nicht stören, aber es gibt Anzeichen, dass der bewaffnete Räuber erneut zugeschlagen hat.“ Sofort beendete Reitschuster sein Telefonat. „Du wirst es kaum glauben, aber das Verbrechen fand keine 400 Meter von hier statt. Genau am anderen Ende des Marktplatzes gegenüber der Sparkasse“, sprudelte Schaller aufgeregt heraus.

      „Dann aber los, Schaller, das wäre doch sehr peinlich, wenn wir als Letzte dort ankämen“, schrie Reitschuster. Er warf der Bedienung einen Zwanziger auf den Tresen. „Stimmt so!“ Diese schaute ihm verwundert hinterher. „Die Adresse hast du?“ Schaller nickte. Beide liefen, was die Lungen hergaben.

      30 Meter vor dem Geschäft bremsten sie ab und zogen ihre Waffe, jedoch so unauffällig, dass man nur im Laden sehen konnte, was da vor sich ging. Zunächst schauten sie nach dem Eigentümer. Als er sich zu erkennen gab, sagte Reitschuster: „Herr Birkner, bleiben Sie draußen und suchen Sie meine Kollegen der Schutzpolizei!“

      Im Geschäftsraum, der zur Straße lag, war niemand. Jetzt gab Reitschuster Schaller ein Zeichen. Sie deckten sich gegenseitig und durchsuchten Raum für Raum, zuerst im Laden, dann in der angrenzenden Wohnung. Als sich beide sicher waren, dass dort niemand war, steckten sie ihre Waffen zurück in die Holster. Schaller schaute sich um. Alles schien an seinem Platz zu sein. Sie verließen den Laden und gingen zu Birkner, der bereits von den Rettungssanitätern versorgt wurde. Der Notarzt kam zu ihnen. „Wie geht es dem älteren Herrn?“, fragte Reitschuster. „Das wollte ich Ihnen gerade sagen. Der Mann stand kurz vor einem Herzinfarkt. Wir haben ihn stabilisiert und bringen ihn jetzt ins Kreiskrankenhaus Günzburg. Würden Sie bitte seiner Frau Bescheid geben, Herr Kommissar?“

      „Ja wir werden Frau Birkner informieren.“ Reitschuster ging wieder zu Schaller. „Hast du mit der Zentrale Kontakt? Ich vermisse Stone und sein SpuSi-Team. Wo steckt der nur wieder?“

      Reitschuster konnte ja nicht ahnen, wie recht er mit seiner Äußerung hatte.

      Pfeiffer lenkte das Auto der Spurensicherung. In Höhe der Ortschaft Ettenbeuren mussten sie einem Trecker ausweichen, der mit seiner Gabel weit in die Gegenfahrbahn ragte. Durch dieses Ausweichmanöver verlor Pfeiffer die Kontrolle über das Fahrzeug, sie rutschten in einen Acker und steckten fest. Passiert war niemandem etwas, aber sie kamen nicht mehr vom Fleck. „Ja du Sonntagsfahrer, du elendiger.“ Stone machte sich Luft. Es war allerdings nicht klar, wen er denn nun meinte. „Jetzt schau dir den Dreck an!“ Stone war ausgestiegen und versank bis über die Knöchel im Morast. Glücklicherweise hatte er sich vorher die Schuhe ausgezogen. „Jetzt kommt der auch noch zu uns.“ Ein sichtlich aufgeregter Landwirt eilte zu ihnen.

      „Ja um Himmels willen. Is eana was passiert?“ Der Bauer hatte einen blutroten Kopf. In seinem tiefschwäbischen Dialekt versuchte er, sich zu entschuldigen. „I hatt die Gabel net nach oba gfahrn. Duat mir leid, entschuldigens vielmals.“ Stone betrachtete den Landwirt in seiner Tracht: Gummistiefel grün, Cordhose dunkelbraun, Janker und Hut. Sagte jedoch nichts. Erst mal nicht!

      „He Pfeiffer, bleib im Wagen. Es reicht, wenn einer von uns eine Moorpackung nimmt.“ Dann drehte sich Stone wieder zum Landwirt. „Ihre Entschuldigung in Ehren, aber Sie behindern in diesem Moment die Arbeit der Polizei.“ Er zeigte ihm seinen Dienstausweis. Stone genoss es, den Bauern seine Macht spüren zu lassen. „Jetzt stehen Sie hier nicht so rum wie ein Ölgötze und holen Sie endlich Ihren Traktor, um uns hier herauszuhelfen. Dann werden wir weitersehen!“ In Windeseile holte der Landwirt seinen Trecker, befestigte eine Eisenkette an der Achse und hängte das Auto an. Pfeiffer nahm den Gang heraus und im Nu stand der Wagen wieder am Straßenrand. Nach einer kurzen Besichtigung des Schadens ließ sich Stone die Daten des Landwirts geben. Dann verabschiedete er sich mit einem: „Sie hören von uns.“ Das SpuSi-Team machte sich wieder auf den Weg. Ein verblüffter Landwirt blieb zurück.

      „Hallo Bär“, Stone telefonierte. „Hast du uns schon auf die Fahndungsliste gesetzt?“, schmunzelte Stone.

      „Nein noch nicht, aber in Sorge war ich dennoch! Ist etwas passiert?“

      „Ja, in der Tat. Wir mussten einem Landwirt auf seinem Trecker ausweichen. Ging leider ein wenig in die Hose, na du wirst uns gleich sehen.“

      „Habt ihr die Adresse?“

      „Ja, haben wir. Schaller hat sie uns bereits mitgeteilt.“ Stone beendete das Gespräch und klickte das Handy wieder in die Freisprecheinrichtung.

      Eine Viertelstunde später traf die SpuSi ein.

      „Schön, dass ihr es endlich geschafft habt! Euer Einsatzfahrzeug sieht mal echt krass aus. Damit könntet ihr glatt vom Traktorpulling gekommen sein“, lachte Reitschuster schallend und Wallenstein stimmte gleich mit ein.

      „Also, was wir bisher wissen, ist, dass der Geschäftsinhaber, Herr Birkner, wahrscheinlich vom selben Mann überfallen wurde wie die Tankstellenmitarbeiterin am Samstag. Befragen konnten wir den Inhaber noch nicht, da er einen Kreislaufzusammenbruch erlitten hat.“

      „Das ist nicht viel. Dann schau’n wir mal, ob wir etwas Brauchbares herausfinden werden.“ Er räumte mit seinem Team das Einsatzfahrzeug aus und begann mit der Arbeit.

      „Dann verabschieden wir uns. Solltest du …“ Stone unterbrach ihn: „Dann lassen wir von uns hören“, vollendete Stone den Satz. „Ja genau“, grinste Reitschuster.

      Schaller wartete einige Meter entfernt: „Ich habe gerade Frau Birkner angerufen und ihr schonend beigebracht, was passiert ist. Sie war gefasst, sagte, dass sie gleich ein paar Sachen für ihren Mann einpackt und zum KKH nach Günzburg fährt.“ Reitschuster nickte: