Breaking News für die Liebe - Promis sind Idioten!. Mira Schwarz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mira Schwarz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737594462
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vor Lachen fast hintenüber gekippt. Sie hatte was von »Doris Day auf Crack« geschnaubt und die Hälfte von ihrem Schaumwein verschüttet. Ich hatte noch einmal in den Spiegel gesehen und zugeben müssen, dass die Frisur nicht ganz so stilvoll war wie geplant. Also hatten wir beschlossen, es mit der Rundumerneuerung nicht zu übertreiben und meine Haare wie immer zu einem kurzen Zopf zusammen gebunden.

      Und jetzt stand ich hier, angezogen wie ein Filmstar, und wusste nicht, wohin.

      Alles sah so anders aus. An der Seite des Foyers war eine schicke Bar aufgebaut. Die Terrassentüren zum Innenhof waren weit geöffnet und von draußen drangen Musik und warme Sommerluft herein. Noch war es hell, trotzdem leuchteten überall bunte Lichterketten und Lampions. Das Befremdlichste waren aber die Gäste - Männer mittleren Alters in maßgeschneiderten Anzügen, ihre Begleiterinnen meist ein bis zwei Jahrzehnte jünger.

       Tief durchatmen, Becca!

      Ich konzentrierte mich auf das Logo des Senders: das grüne N-aktuell gab mir das beruhigende Gefühl, dass sich hier nicht alles über Nacht in eine Parallelwelt verwandelt hatte.

      Das war doch wirklich bescheuert. Ich sollte mich hier wie ein Fisch im Wasser bewegen. Schluss jetzt mit dem Theater. Himmel noch mal, ich war Becca Martens, Fernsehjournalistin und bald schon die Leiterin der Sparte Abendnachrichten. Das war auch der Grund, weshalb ich in diesem Jahr zum ersten Mal zu diesem Fest eingeladen worden war.

      Mein Chef Volker war vor zwei Wochen zu mir an den Schreibtisch gekommen und hatte mit lauter Stimme verkündet, dass er mich dieses Jahr gerne auf dem Sommerfest sehen wollte. Ich kapierte sofort, was es damit auf sich hatte. Er wollte mich testen, wissen, ob ich mich nicht nur wie eine Journalistin, sondern auch wie eine Geschäftspartnerin verhalten konnte.

      Schließlich ging er ein hohes Risiko ein, wenn er mir die Verantwortung für die Abendnachrichten übertrug. Ich war erst 34 und ich konnte tatsächlich ein klein bisschen schwierig werden, wenn ich mich in ein Thema verbiss.

      Ich hatte Volker lässig geantwortet, dass ich in meinem Terminkalender nachsehen würde, ob ich zum Sommerfest kommen könnte. Er sah mich einen Moment perplex an und ruckelte seiner schwarzen Brille. Dann hatte er laut gelacht und geantwortet, dass er mich pünktlich auf dem Fest erwarte - im Kleid und mit einem Lächeln im Gesicht.

      Beides trug ich nur äußerst ungern auf Befehl.

      Wie gern wäre ich hier in Jeans und T-Shirt aufgetaucht, nur um meinem Chef zu beweisen, dass ich mir nichts vorschreiben ließ. Aber blöderweise wollte ich diese Beförderung - ich wollte sie um jeden Preis. Das war es, worauf ich in den vergangenen Jahren hingearbeitet hatte. Wofür ich mir die Nächte im Sender um die Ohren geschlagen hatte. Wofür ich jeden noch so schwierigen Auftrag als Reporterin angenommen hatte – von den lästigen Gewerkschaftsverhandlungen bis zum x-ten Wetterchaos.

      Ich würde Volker beweisen, dass ich diesen Party-Test mit Bravour bestehen konnte! Ich musste jetzt nur schnell mit irgendjemandem ins Gespräch kommen, damit jeder sehen konnte, wie souverän ich war und wie einfach mir das alles fiel. Verdammt, warum war gerade das immer am Schwierigsten?

      Wie sollte ich das anstellen? Irgendwelche Leute anquatschen? Wenn ich hinter einem Interview her war, konnte ich mit jedem ein Gespräch anfangen – vom Konzernchef bis zur Bundeskanzlerin. Aber Party-Smalltalk gehörte nicht gerade zu meinen Stärken.

      Ich umklammerte entschlossen das leere Sektglas, ging mutig ein paar Schritte auf die Raummitte zu und versuchte, wichtig auszusehen. Aber irgendetwas ließ mich schon wieder innehalten. Diesmal war es irgendwie … gruselig.

      Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Aus dem Augenwinkel hatte ich etwas gesehen. Etwas Schönes, Beruhigendes, Vertrautes und doch etwas, was mich in meinen Grundfesten erschütterte. Mein Gehirn versuchte noch, die Information auszuwerten, während sich mein Kopf bereits drehte und nach der Ursache für mein plötzliches Unwohlgefühl suchte.

      Als ich den Grund entdeckte, musste ich fast über mich selbst lachen.

      Super, Becca, ganz toll.

      Der Mann an der Bar, der für mein Magenkribbeln verantwortlich war, war definitiv ein Bekannter. Allerdings kein Bekannter von mir, sondern ein bekannter Fernsehstar: Marc Feldmann, der beliebteste Moderator des Landes.

      Einmal im Monat sorgte seine Quizshow dafür, dass sich am Samstagabend ein Millionenpublikum vor dem Bildschirm einfand. Auch ansonsten tummelte er sich in verschiedenen Formaten der Fernsehlandschaft – von der jährlichen Quizshow für Kids im Januar bis zum obligatorischen Jahresrückblick im Dezember. Im Moment hatte seine Rate-Sendung Sommerpause – aber der Auftakt zur neuen Staffel im Herbst würde sicher wieder die Einschaltquoten einer Helene-Fischer-Weihnachstshow knacken.

      Dieser Abend geriet immer weiter außer Kontrolle. Ich benahm mich also nicht nur, als hätte ich mich hier eingeschlichen, ich schmachtete auch noch die anwesenden Promis an. Die vollen zehn Punkte für peinliches Verhalten waren mir sicher.

      Ich musterte Mister Supermoderator. Da stand er und sah genauso aus wie im Fernsehen: dunkelhaarig, groß und breitschultrig. Der verbesserte Günther Jauch - ebenfalls ein Traum jeder Schwiegermutter, aber nicht so selbstherrlich. Der Moderator, der sich selbst dumm stellte, damit seine Gäste sich besser fühlten. Er hielt den Kopf leicht abgewandt, so dass ich ihn ganz in Ruhe betrachten konnte. Sein Anzug war schwarz, das Hemd darunter grau, der oberste Knopf leger geöffnet. Seine dunkelbraunen Haare wirkten ein wenig verstrubbelt, aber das machte ihn nur noch hübscher. Er war zu Recht ein absoluter Frauenschwarm. Meine vierzehnjährige Nichte Juli war regelrecht besessen von dem Moderator, auch wenn er mit Mitte dreißig viel zu alt für einen Teenie-Schwarm war. Bei meinem letzten Besuch bei Juli hatte ich gesehen, dass an ihrer Zimmerwand zwischen glitzernden Vampiren und Avril Lavigne jetzt auch ein Marc-Feldmann-Poster klebte.

      Oh Gott, ich starrte ihn immer noch an wie ein liebeskranker Teenager. Das musste an diesem bescheuerten Outfit liegen. Seit ich mich so verkleidet hatte, lief alles aus dem Ruder. Ich musste aus diesem Kleid raus. Dieser Gedanke mischte sich mit dem Anblick von Marc Feldmann und führte zu einer Reihe nicht jugendfreier Bilder, die sich unkontrolliert vor meinem inneren Auge ausbreiteten. Ich schnappte nach Luft, konnte aber trotzdem nicht den Blick von ihm abwenden.

      So ein Mist, jetzt hatte er mein Starren bemerkt. Kein Wunder, er stand keine fünf Meter von mir entfernt. Er wandte sich mir zu und hob grinsend sein Glas, während er mir zunickte. War das … Mitleid in seinen Augen? Erst die Kellnerin, jetzt er.

      Ich musste wirklich einen komplett armseligen Eindruck machen.

      Hastig riss ich meinen Blick von ihm los und – es gab doch einen Gott! - endlich, endlich kam ein Kollege auf mich zu. Und nicht nur irgendeiner. Tom, Sportchef und mein väterlicher Mentor hier im Sender, schlenderte vom Innenhof durch die offene Tür herein. Natürlich hatte er sich Volkers Dresscode widersetzt und trug wie immer eines seiner karierten Hemden. Er war eine Legende im Sport, seit über dreißig Jahren im Fernsehgeschäft und konnte sich eine Extrawurst locker leisten.

      Vor Freude wäre ich ihm fast um den Hals gefallen, aber es wurde höchste Zeit, dass ich mich langsam wieder in die Becca Martens verwandelte, die hier arbeitete. Also setzte ich ein gleichgültiges Gesicht auf und ging auf ihn zu. »Hi, Tom.«

      »Becca, schön dich zu sehen«, rief er mir zu und schlug mir auf die Schulter. »Das ist ja wirklich grauenvoll hier dieses Jahr. Komm, holen wir uns erst mal ein Bier. Mir ist schon ganz schlecht von diesem Zeug.« Er zeigte angewidert auf sein Sektglas und schob mich in Richtung Bar.

      Dann sah er feixend auf mein schickes Kleid und hob eine Augenbraue. »So, so, du trägst also Versace«, sagte er dann mit einem süffisanten Lächeln.

      Einen Designernamen aus dem Mund dieses bereits ergrauten Zwei-Meter-Kerls zu hören, verschlug mir für einen Moment fast die Sprache. »Lass bloß nicht die anderen Jungs vom Sport hören, dass du dich bei Abendkleidern auskennst«, sagte ich schließlich. »Und das hier kann ich mir eigentlich gar nicht leisten. Jetzt werde ich jeden Morgen wieder Müsli mit Wasser essen müssen.« Kurz erinnerte ich mich an meine Studienzeit zurückerinnert, wo es tatsächlich