Die Comtesse Fica von Mannslieb erhielt als erste das Wort zur Diskussion des aufgeworfenen Genproblems. Sie war nun schon lange ordentliches Mitglied des Kronrates. Ihre Mutter, die Gräfin Gracia hatte ihr den dem Hause Mannslieb zustehenden Platz im Kronrat überlassen. Die Comtesse bedauerte außerordentlich, dass das Königreich nicht einfach bei seinen Nachbarn einige Männer entführen könnte, wie dies in historischer Zeit durchaus ab und zu vorgekommen war. Sie würden sich sicher schnell an ihre Aufgabe gewöhnen und Gefallen daran finden.
Diese Bemerkung rief bei den meisten Frauen am Beratungstisch zwar ein zustimmendes Schmunzeln hervor, aber die Prinzessin wurde direkt förmlich:
»Meine ehrwürdige Mutter, unsere Königin, verfolgt eine friedliche Politik. Niemals werden wir unsere Nachbarn angreifen oder irgendwelche illegalen Aktionen auf deren Territorium ausführen.«
Cunni betonte, dass das Königreich sich seit Jahrzehnten um die Aufnahme in die UNO bemüht, um Teil der internationalen Völkerfamilie zu werden. Es läge nicht an ihnen, dass dieser Antrag mit fadenscheinigen Argumenten wie zum Beispiel dem Vorwurf der Männerdiskriminierung oder der Behauptung, Femina sei gar kein echter Staat, immer wieder zurückgewiesen, ja nicht einmal behandelt wird. Unter keinen Umständen wolle frau sich weitere Hinderungsgründe für eine UNO-Aufnahme und internationale Anerkennung einhandeln.
Natürlich wusste Fica von Mannslieb dies alles, aber die Kronratsmitglieder wussten, dass Fica von Mannslieb wie zuvor auch ihre Mutter zu jedem Tagesordnungspunkt sprechen musste, auch wenn sie nichts Konstruktives beizutragen wusste.
Als Nächste meldete sich Angela Mergel, eine betagte und sehr prominente Schauspielerin zu Wort und schlug vor, einfach mehr Jungen zur Geburt freizugeben und aufzuziehen. Ihre einfache Formel lautete: mehr Spermaten, mehr Gene. Und außerdem noch mehr Vergnügen für die Damen. Sie hatte ganz offensichtlich nichts verstanden.
Die Leiterin des Sexuologischen Instituts erklärte Frau Mergel und den anderen Anwesenden noch einmal geduldig das Problem. Dabei ging sie noch einmal ausführlich auf die Tatsache ein, dass eine einfache Erhöhung der Zahl der Spermaten das Gendiversitätsproblem nicht löst. Wegen des bereits relativ hohen Inzestuitätsgrades der Bevölkerung käme durch Zuwächse aus demselben Genpool keine wesentlichen Erneuerung oder Bereicherung der verfügbaren Gene zustande. Mit anderen Worten: Eigentlich müssen von irgendwoher fremde Gene in die Reproduktion der Bevölkerung Feminas eingebracht werden.
An diesem Punkt der Diskussion angekommen, meldete sich Heiba zu Wort.
»Ihre Hoheit, sehr geehrte Kronrätinnen, sehr geehrte Damen, erlauben Sie mir, diesen zuletzt geäußerten Gedanken aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Frau Kronrätin Ursnor, mit der ich mich in der Pause unterhalten konnte, brachte mich da auf einen Gedanken. Wir müssen ihre Idee der Entwicklung eines Tourismus in unser Land und den sicher nicht ganz ernst gemeinten Gedanken ihrer Erlaucht, Kronrätin Comtesse von Mannslieb, der Entführung junger Männer bei unseren Nachbarn geeignet verbinden. Tourismus heißt nicht umsonst auch Fremdenverkehr – und genau diesen brauchen wir. Ich weiß zum Beispiel, dass es in Europa Männer gibt, die in ihrem Urlaub zum Ficken nach Thailand fahren. Warum sollte es uns nicht gelingen, die Interessen einiger dieser Männer auf unser Königreich zu lenken? Selbstverständlich müssen wir dabei Gelegenheit haben, unter den möglichen Interessenten die für uns geeigneten, also junge, gesunde und intelligente Männer auszusuchen. Dann sollte es doch für uns nicht schwer werden, solche Männer für unsere Zwecke auszunutzen.«
Die Prinzessin nickte bedächtig zu diesem Vorschlag:
»Vielen Dank, Frau Staatssekretärin Schadduus, Ihre Idee ist es wert, weiter verfolgt zu werden. Sie ist ja noch nicht ausgereift, hat aber möglicherweise das Potential zur Lösung unseres Problems. Ich möchte hiermit den Beschluss verkünden, Ihr Ministerium damit zu beauftragen, diese Idee bis in alle Details auszuarbeiten und ihre Machbarkeit zu prüfen. Schwierigkeiten könnten sich aus der Tatsache ergeben, dass unser Staat in der Männerwelt nicht anerkannt, ja, in den meisten Ländern der Bevölkerung nicht einmal bekannt ist. Das könnte ein Hinderungsgrund für viele mögliche Kandidaten sein, in unser Land zu kommen. Denken Sie bitte auch über diese Frage nach, Frau Schadduus.«
Danach beendete Cunni die Beratung recht zügig und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, diese Frage abschließend in zwei Monaten wieder besprechen zu können.
Anreise
Lukas hatte sich über Ronald gebeugt, um auch etwas von draußen zu sehen. Sie fuhren gerade durch eine ländlich wirkende Siedlung. An der Straße reihten sich hübsche Häuser aneinander, die meisten weiß, einige auch gelb getüncht. In den gepflegten Vorgärten spielten Kinder, in einigen saß auch eine ältere Frau auf einer Bank. Der Bus überholte Radfahrerinnen, auf dem Fußweg liefen Frauen einzeln, manchmal auch zu zweit, und schauten dem vorbeifahrenden Fahrzeug hinterher.
Ein ganz normales Straßenbild, wie es auch in einer Vorstadt in München oder Dresden zu sehen gewesen wäre. Aber etwas fiel auf und reizte die beiden, aufmerksam weiter hinauszusehen: Alle waren nackt! Und – es waren keine Männer zu sehen. Selbst die spielenden Kinder waren nur Mädchen.
Sie wussten es ja, aber es zu wissen oder es mit eigenen Augen zu sehen, war doch etwas anderes. Das war also Femina, hier wollten sie Urlaub machen, einen ganz besonderen Urlaub. Die beiden jungen Männer im Bus, der sie ihrem Urlaubsziel näherbrachte, schauten sich an und mussten grinsen.
Schon auf dem Flug nach Hermosillo lernte Ronald Lukas kennen. Zufällig oder auch beim Ticketkauf durch das Fremdenverkehrsamt von Femina so vorherbestimmt, saßen sie im Flugzeug nebeneinander und kamen so ins Gespräch. Ihnen waren auch andere Deutsche auf dem Flughafen Benito Juarez Mexico City aufgefallen, die nach dem erholsamen Schlaf im Flughafenhotel, der dem Jetlag entgegenwirken sollte, auf den Weiterflug nach Hermosillo warteten. Besonders bei einigen jungen Männern hatten sie den Verdacht, dass sie das gleiche Urlaubsziel hatten, aber sie saßen dann zu weit entfernt, um mit ihnen zu sprechen.
Am Aeroport General Ignacio Pesqueira Garcia von Hermosillo sammelte ein älterer maulfauler Mexikaner mittels eines Schildes die sieben jungen Männer ein, die weiter nach Femina wollten. Sie wurden in einen Bus gesetzt, den der alte Mann dann auch steuerte. Nach einer ihnen ziemlich lang erscheinenden Fahrt durch eine recht trockene Gegend, in der vor allem große Riesenkakteen auffielen, kamen sie an eine Grenzstation. Uniformierte der Policía Federal kamen in den Bus und glichen die Pässe der jungen Männer mit einer mitgeführten Liste ab. Beim Verlassen des Fahrzeugs rief ihnen der Anführer augenzwinkernd zu:
»¡Diviertete!«
Der Bus fuhr etwa zehn Meter weiter, dann verließ ihr Fahrer ihn ebenfalls und lief zurück. Stattdessen stiegen vier junge bewaffnete Frauen ein, bis auf die Bewaffnung und Sandalen völlig nackt.
Die Männer begriffen: Es wird ernst, sie waren in Femina angekommen. Ronald erkannte das auffallende Symbol im Schamhaar sofort wieder. Die beiden exotischen Schönheiten, die durch den Mittelgang nach hinten liefen, um dort Platz zu nehmen, führten es den Männern praktisch in deren Augenhöhe vor.
Wie bei der Surleutnante Ricki, die ihn vor Monaten besucht hatte, war in das schwarze Schamhaar der beiden Frauen, die nach hinten gegangen waren, wie auch bei den vorn gebliebenen, eine Krone hineinrasiert, das Symbol der königlichen Steitkräfte Feminas. Alle vier Frauen trugen einen breiten Gürtel, an dem ein langer Dolch und ein Pistolenhalfter sowie Handschellen befestigt waren. Eine Frau setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Bus wieder, die zweite Frau vorn nahm auf dem Beifahrersitz Platz und wandte sich per Mikrofon an die jungen Männer:
»Liebe Urlauber, ich darf Sie zunächst ganz herzlich im Königreich Femina willkommen heißen. Wir werden Sie nun an die Küste unseres Landes fahren, wo Sie dann offiziell empfangen und noch einmal kurz auf Ihre Urlaubswochen im Lager Lebenslust vorbereitet werden. Wir vier haben die Aufgabe, Sie dahin zu begleiten. Wir sind Angehörige der Königlichen Streitkräfte Feminas und wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Ich selbst bin Surleutnante Mona, den Bus fährt