Die Positiven. Gerhard Freitag. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gerhard Freitag
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847688846
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IHR DIE TOILETTE BENUTZEN. DRAUSSEN GEHT IHR ABER WEITER, BIS IHR NACH ETWA 15 METERN RECHTS EINE TÜR MIT DER AUFSCHRIFT >Umwälzung 3< SEHT. DORT GEHT IHR HINEIN UND WARTET, BIS EINE FRAU KOMMT.“ Danach noch verstärkt: „JETZT!!“

      Die Stimme klang, wie der Zusammenstoß eines Güterzugs mit einer verstimmten Riesenorgel.

      Ein Mädchen erhob sich und wendete sich unsicher umherblickend zur Tür. Eve sah aus den Augenwinkeln, dass sich am Nebentisch auch ein Offizier in Kapitänsuniform erhoben hatte.

      Das Mädchen ging hinaus. Der Kapitän folgte ihr mit einigen Schritten Abstand.

      Wiederum einige Schritte später folgte Eve.

      Nachdem sie den großen Vorraum mit den Toilettentüren durchquert hatte, wandte sich das Mädchen nach rechts. Der Kapitän folgte ihr, als sei es die größte Selbstverständlichkeit, statt aufs Klo, ebenfall ganz hinaus zu müssen.

      Beunruhigt sendete Eve „Toku, pass auf. Ein Mädchen ist auf dem Weg zu dir, aber ein Mann in Kapitänsuniform folgt ihr. Sie sind jetzt beide zwischen uns.“

      Einige Sekunden später kam die Antwort: „Das Mädchen ist völlig in deinem Bann, der andere hat einen mentalen Block. Das kann ja heiter werden.“

      „Ich heiße Peter Boid und bin auch auf dem Weg zu Umwälzung 3. Ich bin ein Freund, ich bin der Mann in der Kapitänsuniform und ein Freund“, hörten Sie beide die telepathische Stimme eines Dritten.

      Inzwischen hatte das Mädchen die angelehnte Tür erreicht und drückte sie auf. Nur Sekunden später folgten der Kapitän und Eve.

      „STILL STEHEN, NICHT RÜHREN“ kreischte die kreissägeähnliche, donnernde, nachhallende und doch unhörbare Stimme aus Eve.

       „Ich bin ein Freund. Ich bin nur für drei Tage auf Titan und habe euch eine dringende Mitteilung zu machen. Gerry Suffex hat mich geschickt.“

      „OK, dann bleib trotzdem einen Augenblick ruhig“, versetzte Toku, und an das Mädchen gewandt sagte er mit Stimmbandstimme: „Keine Angst, wir wollen dir nichts tun, wir müssen dir nur dringend eine Geschichte erzählen, die du für ganz unglaublich halten wirst, die aber trotzdem dein ganzes weiteres Leben bestimmen wird. Wie heißt du?“

      Das Mädchen war starr vor Schreck und nicht nur unfähig zu antworten, sondern auch unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Soeben war sie noch mit ihren Mitschülern bei der Party gesessen und sie hatten darüber geredet, was sie im Sommer, nach Abschluss der Prüfungen, machen würden, als sie eine Stimme hörte, wie sie nie zuvor eine Stimme gehört hatte. So stellte sie sich die radlose Notlandung eines Raumgleiters auf einem Betonband vor. Die Stimme hatte ihr etwas befohlen und es war ihr absolut unmöglich gewesen, dem Befehl nicht Folge zu leisten.

      Nun stand sie da in einem Technikraum mit zwei Männern und einer Frau und alle drei sprachen manchmal, ohne dass sie etwas gesagt hätten. Oder sagten etwas ohne Stimme. Oder sagten etwas direkt in ihrem Kopf. Oder …

      Sie wusste nicht, wie sie das hätte nennen sollen. Sie versuchte, einen Schritt auf den Mann zu zumachen, der in dem Raum gewartet hatte. Aber auch das ging nicht.

      „DU KANNST DICH JETZT RÜHREN. ABER NICHT SCHREIEN“, erklang da wieder die furchtbare Befehlsstimme, wie die Trompeten von Jericho. Nun konnte sie sich bewegen.

      „Ich schlage vor, du hörst dir einmal meine Kurzgeschichte an“, sagte der Mann. „Morgen hast du ja keine Schule und wir können uns treffen, dann erzähle ich dir die ganze Story“, ergänzte er dann.

      „Ich versteh das alles nicht“, sagte sie mit ganz leiser Stimme. „Was wollen sie denn von mir? Was haben sie mit mir vor?“

      „Wir haben gar nichts vor. Wir müssen dir nur etwas ganz Wichtiges erklären. Wie heißt du denn?“

      „Was erklären?………….. ich heiße Mona, Mona Myers.“

      „Gut Mona. Hast du schon einmal etwas von Mutanten gehört?“

      „Ja. Meine Eltern haben einmal etwas davon erzählt. Aber was hat das alles jetzt mit mir und der Sylvesterparty zu tun?“

      „Mit dir hat das sehr viel zu tun. Mit der Party gar nichts.

      „Sie mal“, und nun wendete er seine Gedanken direkt an das Mädchen: „Wir haben herausgefunden, dass du zumindest ein latenter Telepath bist und wie du merkst, kannst du meine Gedanken verstehen, ohne dass ich laut spreche.“

      „Und meine Gedanken auch“, ergänzte Eve hinter dem Mädchen stehend. „Und meine Gedanken auch“, sagte eine dritte tonlose Stimme, die scheinbar von dem zweiten Mann stammte.

      „Wir wissen, wie beunruhigend so eine Vorstellung ist. Aber wenn du noch lange von der Party wegbleibst, fällt das todsicher jemandem auf. Wir brauchen daher jetzt dein freiwilliges – und übrigens in deinem Eigeninteresse liegendes - Versprechen, dass du niemand von dieser Episode etwas verrätst. Morgen Nachmittag treffen wir uns und dann erklären wir dir alles ganz genau. Und nun versuche einmal deine Gedanken direkt an mich zu richten, konzentriere dich und antworte.“

       „Ich, ich…., ich werde niemand etwas sagen. Ich will mich ja nicht blamieren.“

      „So ist es fein. Wir haben dich alle drei verstanden.“

       „Wirklich? Obwohl ich gar nichts gesagt habe?“

      „Ja, wirklich. Also abgemacht. Wir treffen uns morgen um 14:00 Uhr Standard im Sportzentrum auf Ebene 48, im Sektor Rot. Wiederhole es, Mona.“

       „Morgen 14:00 Uhr Standard auf Rot, 48.“

      „Genau. Und nun unauffällig zurück zur Party. Bis morgen.“

       „Naja, dann. Bin gespannt. Bis morgen.“

      Nachdem Mona Myers mit noch immer völlig verwirrtem Gesichtsausdruck den Raum verlassen hatte wandte sich Toku an den Kapitän:

      „Nun, Mr. Boid, da haben sie uns ja einen schönen Schreck eingejagt.“

      „Ja, kann ich mir denken! Aber mein Problem ist, dass ich ein relativ schwacher Telepath bin und daher nicht imstande war, Ticity systematisch nach euch abzusuchen. Ich bin nicht einmal zwei Standardtage hier und soll euch eine Nachricht von Gerry überbringen. Ich ging aber davon aus, dass ich euch hier finden werde.“ Mit diesen Worten senkte Peter Boid seinen Mentalblock auf Null, so dass jeder geübte Telepath sich in Sekundenschnelle von der Richtigkeit und Wahrhaftigkeit seiner Gedanken überzeugen konnte.

      „OK, dann schlage ich vor, dass wir jetzt einmal möglichst unauffällig diesen Raum verlassen und zurück auf die Party marschieren. Dort können wir uns ja weiter unterhalten, ohne dass uns jemand zuhören kann.“

       „Gut. Ich gehe jetzt voraus und ihr folgt mir mit etwas Abstand.“

      Peter Boid ging ebenfalls zur Tür, esperte, ob jemand draußen vorbeiging und schlüpfte dann hinaus.

      „Da bin ich aber gespannt“, meinte Eve „Es muss ja wohl wichtig sein, wenn Gerry uns über diese Entfernung zu erreichen versucht.“

       „Da hast du sicher Recht. OK, jetzt du.“

      Eve konnte ebenfalls keine Gedanken in der Nähe der Tür feststellen, trat hindurch und ging langsam zurück zum Saal.

      Eine Minute später hatte Toku die Verriegelungen des Schlosses wieder gerade gebogen und ebenfalls keine Gefahr geespert. Er ließ die Tür von außen einschnappen und reparierte telekinetisch die Netleitung des Alarms. Dann folgte er Eve zurück in den Saal.

      Inzwischen war die Partystimmung noch ausgelassener geworden. Viele Paare bevölkerten die Tanzfläche. Die Musik bemühte sich, den Geräuschpegel noch zu übertönen und dadurch herrschte im Saal eine fröhliche, laute Atmosphäre.

      Peter