»Alles in Ordnung bei dir?«
Er nickte und wischte sich über die Stirn. »Es geht schon«, knurrte er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, während seine Kiefer vor Anstrengung mahlten.
Kates Hand brannte sich schier in seine Schulter und er schüttelte sie genervt ab.
»Ich mach das hier schon. Räum das kaputte Holz weg.« Sein Ton war schroff und hart, aber er wollte nur noch, dass sie einfach wegging und ihn in Ruhe ließ. Der besorgte Ausdruck ihrer Augen machte ihn einfach fertig. Herr Gott nochmal, er war Anfang dreißig, keine neunzig und kurz davor abzunippeln.
Mit einem Kopfschütteln ging Kate einige Schritte zurück und machte sich wortlos daran, das gesplitterte Holz aufzusammeln. Er spürte, wie sie ihn ständig aus den Augenwinkeln beobachtete. Sie wirkte nicht ängstlich, aber er wusste, dass sie ab sofort auf Abstand gehen würde. Zu seinem Leidwesen registrierte er, dass diese Erkenntnis gemischte Gefühle in ihm auslöste.
Mit einem genervten Grummeln schnappte er sich den ersten Pfahl und ging zu der Stelle, wo der Erste fehlte.
Seine ganze Wut legte er in den Hammer und drosch mit voller Wucht den Pfahl in den harten Boden. Das gleiche Spielchen vollführte er mit den restlichen zehn Holzpfählen. Als er am letzten angekommen war, war er völlig außer Atem und stütze sich am Holz ab. Immerhin hatte der Schmerz wieder nachgelassen und seine Laune besserte sich.
Er wischte sich gerade den Schweiß von der Stirn, als Kate ihm eine Wasserflasche unter die Nase hielt.
»Hier. Trink lieber mal was, bevor du wieder umkippst.«
»Ich bin gestern nicht umgekippt. Ich ... hatte nur Kreislaufschwierigkeiten.«
Mit einem leisen Stöhnen verdrehte sie die Augen. »Dann eben bevor du wieder Kreislaufschwierigkeiten bekommst.« Mit großen Schlucken leerte er die Hälfte seiner Flasche und genoss das kühlende Gefühl, welches das Wasser in seiner ausgedörrten Kehle hinterließ.
Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf seine Züge, als er ihre genervte Miene studierte, die sie selbst beim Trinken zur Schau stellte.
Sie zog dabei ihre Nase kraus und hatte ihre Augenbrauen zu waagrechten Strichen gezogen. Alles in allem sah das wirklich süß aus und er hätte sie am liebsten in die Seite geknufft und gelacht. Stattdessen nippte er wieder an seinem Wasser und wandte seinen Blick ab.
Nach einer kurzen Pause machten sie sich wieder an die Arbeit. Nathan holte dicke Zimmermannsnägel aus dem Werkzeugkasten und stopfte sie sich in seine Shorts, während er Kate dabei beobachtete, wie sie die komplette Ladefläche umräumte.
»Was suchst du denn?«
»Meinen Hammer. Ich hatte ihn hier irgendwo hingelegt.« Sie hob eine schwere Decke hoch und zog das Objekt ihrer Begierde triumphierend hervor.
Als Nathan den kleinen Hammer sah, brach er in lautes Gelächter aus. »Damit willst du die Nägel ins Holz schlagen?«
Verwirrt sah sie zwischen Nathan und dem Hammer hin und her. »Mit was denn sonst?«
»Süße, mit dem winzigen Ding bräuchten wir ewig dafür. Ich nehm den hier.« Mit einem Nicken deutete er auf den Vorschlaghammer, der am Pick-Up lehnte.
Kate machte den Mund auf und wieder zu. Völlig verdattert starrte sie ihn an.
»Hast du mich gerade Süße genannt?« Ihre Tonlage lag bei irgendetwas zwischen Zorn und Fassungslosigkeit. Er konnte sich nur schwer ein Losprusten verkneifen. Gott, was war diese Frau anziehend, wenn sie wütend war.
»Ja, du hast schon richtig verstanden. Süße!« Mit einem provozierenden Zwinkern drehte er sich um und machte sich am ersten Pfahl zu schaffen.
Er musste über sich selbst den Kopf schütteln. Verhielt er sich bei ihr doch alles andere als normal.
*
Kate stand immer noch bewegungslos auf der Ladefläche und starrte seinen durchtrainierten Rücken an. Eine Gänsehaut lief ihr vom Kopf bis zu den Zehenspitzen, während ihr Herz für einen Moment aussetzte. So hatte ihr Ex sie immer genannt. Niemals hatte sie damit gerechnet, dass dieses kleine Wort ein solches Gefühlschaos in ihr auslösen würde.
»Nenn mich nie wieder Süße...«, zischte sie, als sie von der Ladefläche sprang und sich eines der Bretter schnappte.
Im Augenwinkel konnte sie sehen, wie er breit grinste und stöhnte auf. Es war klar, wie er sie ab sofort nennen würde.
»Hey Süße, mach mal ein wenig hin.« Am liebsten hätte sie ihm den spöttischen Ausdruck aus seinem Gesicht gewischt, aber sie entschied sich dafür, ihn nur finster anzustarren. Was würde es schon bringen, ihm das zu erklären? Er würde es doch sowieso nicht verstehen.
Mit einem Kopfschütteln riss sie sich von ihren Gedanken los und hielt stattdessen ein Brett an den Zaunpfahl, damit Nathan es mit den Nägeln fixieren konnte.
»Kannst du das auch gerade halten?« Er kniff ein Auge zu und legte den Kopf leicht schief. Wollte er so etwa beurteilen, ob das Brett gerade war?
Ungläubig sah sie auf das Stück Holz in ihren Händen. »Das ist doch gerade.«
»Nein ist es nicht. Du musst rechts noch etwas höher.«
Statt mit ihm zu diskutieren, tat Kate wie geheißen und hob das Brett ein Stück höher. Schließlich war es ihr egal, ob alles nun akkurat genau war. Hauptsache sie konnte ihre Pferde wieder auf die Koppel lassen.
»Rechts hab ich gesagt, nicht links. Was habt ihr Frauen nur immer mit den Richtungen?«
»Ich habe es Rechts hochgehoben, Nathan.«
Er grinste sie belustigt an. »Ich meinte Rechts von dir aus.«
Schweigend folgte sie seiner Anweisung, nicht ohne ihm noch einen giftigen Blick zuzuwerfen. Das machte er doch extra, schoss es ihr durch den Kopf, als sie ihn beobachtete, wie er einen Nagel mit zwei gezielten Schlägen versenkte.
Sie kam nicht umhin, das beeindruckende Spiel seiner Muskeln zu bewundern, als er die Schläge mit dem schweren Vorschlaghammer setzte. Wenig erfreut stellte sie fest, wie sich ein zartes Kribbeln in ihrer Lendengegend ausbreite, als sie seine starken Oberarme betrachtete. Wie es wohl war, wenn er sie fest in seinen Armen hielt? Sie atmete zischend ein, erschrocken woher dieser Gedanke auf einmal kam.
Krampfhaft versuchte sie nicht weiter darüber nachzudenken, aber ihr Blick fiel wie automatisch immer wieder auf Nathan.
Der Mittag schritt dahin und die Temperaturen stiegen immer weiter an. Es war heiß in der Sonne und als Nathan sich irgendwann das Shirt über den Kopf zog, erreichte ihre Laune den absoluten Nullpunkt. Mit einem schweren Schlucken registrierte sie, dass nicht nur seine Arme gut durchtrainiert waren, sondern auch sein Bauch. Der Sixpack, der sich unter der gebräunten Haut abzeichnete, bescherte ihr weiche Knie und ein flaues Gefühl im Magen.
Sein ständiges Gemecker an ihrer Arbeitsweise trug auch nicht gerade dazu bei, dass sich ihre Laune wieder hob.
Entweder hielt sie das Brett nicht gerade oder suchte das Falsche aus, hielt es an die falsche Stelle oder an die falsche Seite. Als sie endlich am letzten Zaunpfahl ankamen und Nathan den letzten Nagel setzte, war Kate kurz davor zu explodieren.
Kaum saß das Brett fest, fing sie wutschnaubend an, das Werkzeug zusammenzusammeln, während Nathan am Zaun lehnte und sie verständnislos musterte.
»Sag