Ihr lagen einige unschöne Wörter auf den Lippen, zu seiner Unordnung, die er hier verbreitete, aber sie verkniff sie sich. Sie würde nur wieder an die Decke gehen.
Wortlos zog sie sich in ihr Zimmer zurück und legte sich wieder in ihr Bett.
Das Tosen ging noch ein paar Stunden weiter und es war unmöglich für Kate, Schlaf zu finden. Kaum war sie eingenickt, donnerte es wieder so laut, dass ihr die Ohren schmerzten und der Wind heulte wie eine wilde Sirene um das Haus.
Als der Sturm endlich nachließ und nur noch hin und wieder ein leises Grollen zu hören war, entspannte sie sich wieder und schloss erleichtert die Augen.
Endlich übermannte sie die Müdigkeit und sie glitt in einen leichten Dämmerschlaf.
Wirre Gedanken stiegen in ihr auf, gemischt mit einem leisen Wimmern. Verwirrt öffnete sie wieder die Augen und blinzelte in die Dunkelheit. Hatte sie das eben geträumt oder hatte sie wirklich etwas gehört? Gespannt lauschte sie und hielt dabei den Atem an. Da war es wieder. Ein leises Wimmern und diesmal war sie sich sicher, dass sie es wirklich gehört hatte.
Sie knipste ihre Lampe an, aber nichts tat sich. Der Strom war also immer noch weg. Also griff sie in die kleine Schublade neben ihrem Bett und holte eine Taschenlampe hervor.
Langsam erhob sie sich und schlich zur Tür. Vorsichtig drückte sie die Klinke nach unten und schob sich auf den Flur. Wieder hörte sie ein Stöhnen, diesmal etwas lauter. Es schien aus Nathans Zimmer zu kommen, dessen Tür einen Spalt offen stand.
Auf leisen Sohlen ging sie zu seinem Bett und beugte sich über ihn. Sie leuchtete mit der Taschenlampe an die Decke, um ihn nicht zu blenden, aber trotzdem etwas sehen zu können.
Er lag auf dem Rücken und warf seinen Kopf unruhig hin und her. Feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn und er murmelte unverständliche Worte.
Kate haderte mit sich selbst. Sollte sie ihn wirklich wecken oder lieber schlafen lassen? Ihre Hand wanderte zu seiner Schulter, als Nathan plötzlich lauthals schrie und sich voller Panik an seine Decke klammerte. Erschrocken zuckte sie zurück, ehe sie sich neben ihn auf den Boden kniete und an seiner Schulter rüttelte.
»Nathan! Wach auf!«
Plötzlich verstummte sein Schrei und er starrte Kate mit weit aufgerissenen Augen an.
»Was... was ist passiert?«
»Schon gut. Du hast nur schlecht geträumt, das ist alles.« Beruhigend strich sie ihm über den Oberarm, aber er zog ihn abrupt weg, als wäre ihre Berührung giftig.
»Danke für's wecken. Geh wieder schlafen!«, knurrte er sie an, ehe er sich auf die Seite drehte und die Decke über sich zog.
Verwirrt blinzelte Kate und erhob sich langsam wieder. Was war denn das eben? Mit einem Schulterzucken drehte sie sich um. An der Tür zögerte sie noch einen Moment und blickte besorgt zu Nathan, aber er zeigte keine Regung mehr, also ging sie wieder in ihr Bett. Wenn er keine Hilfe wollte, dann eben nicht, dachte sie sich genervt und stellte die Taschenlampe wieder aus.
Genervt wälzte sie sich hin und her, aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Zu gern hätte sie gewusst, was Nathan so einen Albtraum bescherte.
Mit einem Seufzen stellte sie die Taschenlampe wieder an. Das Zimmer wurde sofort in ein schummriges Licht getaucht, das alles andere als gemütlich war, aber ihr blieb ja nichts anderes übrig.
Gerade setzte sie sich auf, als sie ein leises Klopfen hörte. »Ja?«
»Darf ich reinkommen?«, schallte Nathans Stimme dumpf durch die Tür.
Verwundert sah sie auf. Was machte er jetzt hier?
»Natürlich.«
Langsam schob sich die Tür auf und Nathan trat in den Lichtkegel, den die Taschenlampe warf. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren.«
»Schon gut. Ich kenn das, wenn man Albträume hat. Willst du drüber reden?«
Er lehnte am Türrahmen und starrte auf den Boden. Plötzlich wirkte er alles andere als selbstbewusst. Verwundert hob sie ihre Augenbrauen. »Ich bin eine gute Zuhörerin. Manchmal hilft es, darüber zu reden.«
Sie konnte selbst nicht fassen, was sie da redete. Wieso wollte sie ihm auf einmal helfen? Aber als sie ihn da so stehen sah, in seiner weiten Trainingshose und nervös an seinem schwarzen T-Shirt herumfummelnd, konnte sie nicht anders.
Er seufzte schwer und fuhr sich durch seine Haare. Plötzlich war die Unsicherheit wieder aus seinem Blick verschwunden und vor ihr stand ein fremder Mann, mit verschlossener Miene.
»Nein, aber ich sollte dir vielleicht erklären, was gestern mit mir los war und warum du dich an Schreie in der Nacht gewöhnen solltest.« Seine Stimme klang resigniert und zeugte von Schmerz. Es berührte Kate, dass Nathan bereit war, sich ein Stück weit zu öffnen.
»Okay, ich höre.« Sie klopfte auf die leere Seite ihres Bettes. Mit einem Seufzen stieß er sich von der Tür ab und setzte sich auf den ihm dargebotenen Platz. Er lehnte sich ans Kopfende und streckte die langen Beine von sich.
Nathan schwieg und Kate wollte schon nachfragen, als er sie plötzlich ansah.
»Vor einigen Jahren hatte ich ein schwere Verletzung. Ich habe mir den Oberschenkelknochen zertrümmert. Leider hatte ich auch noch das Pech und bin an einen richtig schlechten Arzt geraten. Er arbeitete bei der Operation nicht sauber und der Bruch hat sich entzündet.« Er stockte und schien um Fassung zu ringen. Auch wenn er versuchte es zu verstecken, Kate sah das Trauma, das diese Verletzung hinterlassen hatte. Einem Impuls folgend, legte sie ihre Hand auf seine und drückte sanft zu.
»Fast hätten sie mir das Bein abgenommen, aber es ging gerade nochmal gut. Es verheilte und laut den Ärzten auch ohne irgendwelche Schäden. Leider habe ich seitdem immer wieder diese höllischen Schmerzattacken. Sie kommen plötzlich und ohne Vorwarnung. Nichts hilft dagegen und auch jeder Arzt bei dem ich bisher war, hat nichts gefunden.«
Kate wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Es klang schrecklich und wie eine einzige Qual. »Und davon träumst du nachts?«
Er nickte leicht. »Auch. Es sind hauptsächlich die Schmerzen, die mich aus dem Schlaf reißen. Leider habe ich es noch nicht geschafft, das Aufschreien in den Griff zu bekommen. Falls du mich also, wie vorhin, schreien hörst, lass mich am besten einfach in Ruhe. Man kann dann nicht viel mit mir anfangen.« Er lachte, aber die Verbitterung hörte Kate deutlich heraus. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen und zugeflüstert, dass alles wieder gut werden würde, aber das würde es wohl nie.
»Die meisten Leute in meinem Umfeld halten mich mittlerweile für verrückt und versuchen mir zu erklären, dass ich mir das nur einbilde.« Er schnaubte und schüttelte den Kopf.
»Ich halte dich nicht für verrückt«, flüsterte Kate und rückte ein Stück näher. Sie wusste nicht, woher auf einmal diese Anziehungskraft kam, die Nathan ausstrahlte, aber plötzlich hatte sie den Wunsch, ihm nah zu sein und seinen Schmerz einfach wegzuwaschen.
»Danke.« Seine Stimme rutschte eine Oktave tiefer und seine Augen schimmerten dunkel. Er beugte sich ein wenig tiefer, während er sie fixierte. Kates Herz hüpfte gegen ihren Brustkorb und ihr Atem stockte. Was passierte hier?
Plötzlich ertönte ein lautes Fauchen und Nathan sprang, wie von der Tarantel gestochen, aus dem Bett.
»Verdammt!«, schrie er und starrte auf Francis, Kates Kater, der sich sofort schnurrend auf dem Schoss seines Frauchens nieder ließ.
Kate konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, während ihre Finger durch das schwarze Fell fuhren. »Ich hätte dich wohl vorwarnen sollen. Francis mag es nicht, wenn jemand anderes mehr Aufmerksamkeit bekommt wie er.«
»Er mag es nicht? Er hat mir eben in den Zeh gebissen.« Fassungslos schüttelte Nathan den Kopf, ehe sich ein Lachen auf seinen sinnlichen Lippen ausbreitete.
»Kann