Rache zum Dessert. Monika Clayton. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monika Clayton
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847661771
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sie ihr zerknautschtes Gesicht im Spiegel und wusch sich mit kaltem Wasser ab. Leider ließ auch der zweite Blick keine wesentliche Verbesserung erkennen, was sie achselzuckend zum Aufgeben zwang. Das ließ sich nun mal nicht mehr ändern. Dafür hatte sie einfach zu wenig geschlafen und jetzt zu wenig Zeit, um sich die Kissenabdrücke wegzumassieren.

      Wenn sie die U-Bahn pünktlich erreichen wollte, hatte sie ab jetzt noch zehn Minuten. In Windeseile bürstete sie sich durch ihr widerspenstiges blondes Haar, während sie mit der anderen Hand begann, sich die Zähne zu schrubben. Vier Minuten später fegte sie durch den Flur, schnappte sich im Vorbeilaufen ihre Lieblingsjeans vom Boden und hüpfte einbeinig zurück ins Schlafzimmer, um sich einen Sweater aus dem Schrank zu holen.

      „Was für ein Morgen“, fluchte Theresa vor sich hin und warf einen Blick auf ihre Uhr. Noch fünf Minuten.

      „Kannst du nicht leiser sein, Tessa?“, raunzte Sven ihr unfreundlich zu.

      Oh Mann, wie sie es hasste, wenn er sie so nannte. Tessa hier, Tessa da, sie konnte diese Abkürzung ihres Namens einfach nicht mehr hören. Okay, am Anfang ihrer Beziehung hatte sie es schon prickelnd gefunden, wenn er ihr ein „Oh Tessa“ ins Ohr gehaucht hatte, aber erstens war sie jetzt nicht mit ihm im Bett und zweitens – keine Ahnung – sie mochte es einfach nicht. Jetzt war sie sich auch sicher, dass sie sich vorhin wirklich verhört hatte.

      „Ich hab´s eilig, Sveni“, zischte Theresa gehässig und ließ unsanft die Schlafzimmertür ins Schloss fallen. Für Leise hatte sie wirklich keine Zeit.

      Hätte sie nicht diesen verdammten Druck ihrer Agentur im Nacken gehabt, hätte sie sich jetzt erst einmal hingesetzt und eine Tasse Kaffee gegönnt. Würde sie jedoch noch einmal verspätet zu einem Casting erscheinen, musste sie sich auf einen Rauswurf einstellen. Und ihre Agenturchefin meinte das ernst, da war sich Theresa sicher. Das konnte und wollte sie wirklich nicht riskieren. Denk nicht mal daran, mahnte sich Theresa deshalb. Noch vier Minuten. Eilig riss sie, bevor sie die Wohnung verließ, ihre Jacke vom Haken und hastete die Treppe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hinunter.

      Keuchend erreichte sie auf die Minute genau die U-Bahn und sprang hinein, bevor sich die Türen zischend hinter ihr schlossen. Das war wirklich knapp gewesen. Kurz blickte sie sich in dem fast leeren Abteil um, und warf sich dann ächzend auf eine Bank. Aus ihrer Jeanstasche zog sie einen Haargummi und fasste sich ihre Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Danach band sie die Schnürsenkel ihrer Sneaker und atmete auf. „Puh … Endlich geschafft.“

      Erst jetzt fiel ihr der Blick eines jungen Mannes auf, der sie, mit einem Kaffee-to-go-Becher in der Hand, beobachtet hatte. Seine verquollenen Augen machten den Eindruck, als hätte er die gestrige Nacht, länger als für ihn gut war, gefeiert. Aber wenigstens gab es für ihn Kaffee, dachte Theresa neidvoll. Missmutig wandte sie sich zum Fenster und starrte auf graue vorbeifliegende Wände.

      Dass ihr Tag so beschissen begann, war sicherlich wieder ein Zeichen dafür, dass er nicht gut enden würde.

      Kapitel 1

      Wider erwarten und trotz ihrer pessimistischen Gedanken, fand sich Theresa pünktlich zum Casting ein. Etwas außer Atem stand sie vor einer morgenmuffeligen Dame, die die Castingteilnehmerinnen in Empfang nahm. Mit knappen Worten wies sie Theresa eine Nummer zu und drückte ihr ein Skript in die Hand. „Warten Sie da drüben, bei den anderen“, schob sie die Anweisung, dass Theresa nun von ihrem Tisch treten konnte, hinterher.

      Was für eine unfreundliche Kuh, schoss es Theresa durch den Kopf, während sie davontrabte. Hinter ihr wurde die Tür aufgestoßen und ein weiteres Mädchen stürzte schnaufend an den Empfang.

      Indes hatte Theresa eine Gruppe Frauen erreicht, die wie die Hühner auf der Stange vor dem Castingraum saßen und darauf warteten, aufgerufen zu werden. Argwöhnisch wurde sie von ihren Mitbewerberinnen gemustert und scheinbar nicht für all zu gefährlich eingestuft, denn teilnahmslos senkten sie ihre Blicke wieder auf das Skript.

      Unschlüssig stellte sich Theresa dazu und versuchte so zu tun als wüsste sie, was sie hier tat. Gleichgültig lehnte sie sich an die Wand und überflog das Skript, um dann ungläubig die Augen aufzureißen. Am liebsten hätte sie jetzt auf dem Absatz kehrt gemacht. Für diesen Mist hatte sie sich so beeilt?

      Resigniert ließ sie nun ihrerseits den Blick über die Wartenden wandern und überlegte, für wen diese Rolle wohl am besten geeignet wäre, als sie dem dunklen Augenpaar, einer äußerst hübschen Brünetten begegnete. Du sicherlich nicht, dachte sich Theresa. Herausfordernd zog sie die Augenbrauen nach oben und schnitt eine Grimasse, was das Mädchen irritiert den Blick abwenden ließ und Theresa tatsächlich das erste Lächeln an diesem Tag entlockte.

      „Beginne den Tag immer mit einem Lächeln, dann wird alles gut“, sagte ihre Freundin Luisa immer. Theresa dachte darüber nach. Galt dieser Spruch eigentlich auch noch bei einem zeitverzögerten Lächeln? Früh genug wäre es ja noch.

      Endlich wurde die Nächste aufgerufen und Theresa ließ sich auf dem freigewordenen Platz nieder. Abwartend starrte sie auf die heruntergekommene Wand, an der sie gerade eben noch gelehnt hatte, und hing ihren Gedanken nach. Dieser Tag war knapp über eine Stunde alt und sie war schon an Punkt zwei ihrer das-mag-ich-nicht-Liste angekommen. Denn genauso wie sie es hasste, hektisch und ohne Kaffee das Haus verlassen zu müssen, stellte es ihr die Nackenhaare auf, wenn sie, mit zu vielen Hühnern auf genau das eine Korn hoffte. Außerdem mochte sie es nicht, wenn sie, aus welchem Grund auch immer, gemustert wurde. Und das war ihr heute schon zwei Mal passiert. Somit war sie eigentlich schon an Punkt drei ihrer Liste angekommen.

      Hörbar seufzte Theresa auf, woraufhin ihre junge Banknachbarin verwundert aufsah.

      „Das wirst du erst in ein paar Jahren verstehen“, erklärte Theresa ihre Resignation. Wenn es wenigstens ein richtiges Korn gewesen wäre, für das sie hier herumsaß. Aber das hier schien sich doch wieder nur, als ein nichtssagender Lückenfüller für ihre Biografie zu entwickeln.

      Nach längerem Warten, in dem sie ihr Skript von rechts nach links und links nach rechts auswendig gelernt hatte, wurde Theresa endlich aufgerufen. Drei Caster saßen in dem ausgeleuchteten Raum und lächelten ihr unverbindlich zu, als sie die Tür wieder leise hinter sich schloss.

      „Bereit?“, fragte einer, als sie vor dem Castingpult stand.

      „Sicher“, antwortete Theresa, während sie ihre feuchten Hände hinter ihrem Rücken verschränkte.

      „Dann erzählen Sie bitte kurz etwas über sich.“

      Rasch wischte sich Theresa ihre Hände an ihrer Jeans ab und drehte sich dann der Kamera zu. „Mein Name ist Theresa Sander. Ich bin Schauspielerin und 28 Jahre alt. Vier Mal die Woche jobbe ich außerdem in einem Restaurant und meine Hobbys sind reiten, malen und lesen.“

      Streng genommen waren das zwar nicht ihre Hobbys, sondern von irgendeinem Model, aber da die sowieso alle dieselben Hobbys hatten, machte es sicherlich nichts aus, wenn sie sich mal kurz welche auslieh. Außerdem konnte sie ja auch schlecht sagen, dass sie ihre Freizeit eher damit zubrachte, sich über ihr ungerechtes Leben zu monieren.

      Abschätzend sah der Caster, der in der Mitte saß, sie durch seine Brille an. „Und seit wann schauspielern Sie?“ Dann blickte er desinteressiert auf ihre zweiseitige Vita.

      Steht doch da, du Lackaffe, dachte Theresa unfreundlich, lächelte ihn jedoch an und sagte zwitschernd: „Seit bald sieben Jahren.“

      Wieder senkte er seinen Blick auf ihren Werdegang. Auffällig oft blätterte er dabei zwischen den beiden Seiten hin und her, als ob es dadurch mehr zu lesen geben würde. „Ihre bisherigen Erfahrungen sind … na ja … noch sehr überschaubar“, stellte er mehr für sich selbst, als zu Theresa gewandt fest.

      Was sicherlich nicht an mir liegt, du überkandidelter Fatzke, gingen die Gedanken mit ihr durch, doch auch diesmal lächelte sie offen zurück und zuckte nur verlegen mit den Schultern. Sie fühlte sich einfach nicht wohl, was sicherlich nicht nur an der Rolle lag. Theresa schätzte, dass dieser unsympathische Caster seinen Teil dazu