Schatten der Zitadelle. Robin Mayerle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robin Mayerle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847677093
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schwieg betreten und starrte ins Leere.

      Broxx bedeutete Margha, ihm ihr Ohr zu leihen, dann flüsterte er hinein:

      „Wir müssen ihn töten. Er ist eine Gefahr für uns alle!“

      Entsetzt entfernte sich die Halborkin von ihm und schaute ihn ernst und enttäuscht an.

      „Broxx! Ist das Blutbad, das wir hier angerichtet haben, nicht genug? Jetzt reicht es!“, sagte sie erbost. „Außerdem sieh dich doch an. Der Dämon, der in dir versiegelt ist, könnte jederzeit die Kontrolle übernehmen!

      Du hast genauso wenig, wie irgendjemand anders das Recht, ihn zu richten, obwohl er nichts verbrochen hat.“

      Leiser fügte sie hinzu: „So kenne ich dich gar nicht.“

      Er senkte die Augen. „Du hast Recht. Es tut mir Leid. Ich glaube, die Bosheit des Dämons hält mich immer noch umklammert.

      Auf jeden Fall müssen wir herausfinden, ob er infiziert ist.“

      „Einverstanden. Ich bereite sobald wie möglich ein Elixier zu, das ihn auf Krankheiten überprüft.“

      Broxx nickte. „Wir übernachten am besten in einer der Wohnungen. Vielleicht finden wir dort auch etwas vernünftiges zu Essen.“

      Dann nahm er den Verletzten auf seine Schultern und forderte die anderen auf, ihm zu folgen.

      ***

       Nachdem die Gefährten in einem Gasthaus mit genug Betten für alle geschlafen und sich an den Vorräten bedient hatten, gingen sie zu den Kutschen zurück.

      Als sie sie erreichten, dösten die Moohls zufrieden in der Nachmittagssonne des nächsten Tages.

      Sie packten ihre Siebensachen und begannen die Reise zurück nach Hammerfall.

      Während dem ständigen Ruckeln der Kutsche auf den unebenen Wegen, dem Auf und Ab der Landschaft und mehreren Sonnenzyklen, fand Broxx wieder viel Zeit nachzudenken.

       Bin ich den Werwölfen wirklich so ähnlich?

       Ja, letztendlich schon. Zwar kommt meine Fähigkeit, mich in ein wolfsähnliches Wesen zu verwandeln vom Dämon in mir und nicht von einer mysteriösen Infektion, aber mein Zustand ist nicht anders. Zerstörungswut und Aggressivität beherrschen mich immer mehr.

       Selbst nach meiner Rückwandlung hat die dämonische Aura noch nachgewirkt. Margha hat Recht. Ich kann verstehen, dass sie sich im Moment von mir distanziert.

       Ich muss mich bei ihr entschuldigen.

      Nachdenklich wanderte sein Blick über seine Arme zu seinen Händen. Zahlreiche Narben, von Kratzern bis zu tiefen Einschnitten zogen sich über seine Haut. Die Handflächen waren verhornt vom vielen Kämpfen. Eine Entwicklung, die sich vollzog, seit er sich als Kind in der Kriegskunst geschult hatte.

      Nun betrachtete er seine Finger. Sie waren kräftig, dick und etwa 5 Zoll lang. Plötzlich fiel ihm auf, dass seine Fingerkuppen die durchsichtig-schimmerende violette Farbe der Schatten annahm. Bei der anderen Hand war es genauso.

       Nein! Die Seuche in mir breitet sich aus. Ich beginne, zu einem von ihnen zu werden...

      Er hatte Angst. Alles in ihm widerstrebte dem Schattensein.

      Ein Monster, dass sich gegen seine Freunde wenden würde. Gegen alles, was ihm wichtig war. Gegen Margha.

       Hoffentlich finde ich eine Möglichkeit, diese Krankheit loszuwerden, bevor ich meinen Verstand verliere.

      Und wieder spielten sich die Bilder seiner Gefangennahme, des Aufhalts in der Zitadelle, Tethas Tod, Mroshs Tod, die Auslöschung Donnerbergens ab.

      Sein Herz zog sich zu einem dicken Knoten zusammen.

      ***

      Als Margha und Broxx zusammen Feuerholz im Wald nahe ihres derzeitigen Lagers sammelten, ergriff er die Gelegenheit, die Zweisamkeit beim Schopf.

      „Es tut mir Leid wegen der Sache mit Lurd“, begann er sich zu entschuldigen, „Die Kraft des Dämons weckt eine Boshaftigkeit in mir, die ich selbst noch nie erlebt habe. Jedes Mal, wenn er in mir durchbricht, übernimmt er einen größeren Teil von mir. Eigentlich wollte ich dem Jungen nichts Böses.“

      Sie nickte lächelnd. „Entschuldigung angenommen. Ich weiß, dass du nichts dafür kannst.

      Aber das ist eine ernste Sache. Weißt du noch, was Kumupen gesagt hat? Der Einwanderer hatte eine schwere Krankheit, die eine Art Wundbrand an seinen Gliedern verursachte.

      Ich glaube dieser Wundbrand war die langsame, aber stete Verwandlung in einen Schatten.

      Anscheinend hat die Seuche noch weitere Eigenschaften als nur die Übernahme des Denkzentrums. Ich stelle mir das so vor:

      Sie nimmt beim Austausch von Körperflüssigkeiten, wie bei einem Biss oder bei anderen, stärkeren Verbindungen, wie der Versiegelung des Dämons in dir, Eigenschaften aus dem neu hinzugekommenen Erbmaterial im Wirt auf. Bei den Donnerbergenern war es die Animalität der Wölfe, bei dir ist es die Bosheit und Verderbtheit des Dämons.

      Alles in allem benötigen wir dringend ein Gegenmittel, denn sonst haben wir ein ernsthaftes Problem. Nicht nur du wirst zu einer Gefahr. Gar nicht auszudenken, was für abscheuliche Kreuzungen so möglich sind!“

      „Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Aber du hast Recht. Die Ogerschatten in Karratosch hatten auch nicht mehr ihre ursprüngliche Gestalt. Wahrscheinlich hat sie irgendwer mit Trollen oder Riesen gekreuzt. So lässt sich auch ihre - selbst für sie – gewaltige Kraft erklären.

      Wir müssen herausfinden, wie weit entwickelt diese Seuche ist. Auf jeden Fall wird die Bedrohung schlimmer, je länger wir uns Zeit lassen, gegen sie vorzugehen.“

      Beide schwiegen und ließen die bedrückenden Erkenntnisse auf sich wirken.

      „Ah! Schau mal, da! Königskraut, genau das, was ich für das Elixier brauche. Damit können wir feststellen, ob Lurd infiziert ist oder nicht“, freute sich die Mor'grosh plötzlich.

      „Gut, dann lass uns sofort losgehen, es wird langsam dunkel. Und in diesen Zeiten traue ich selbst dieser ruhigen Umgebung nicht.“

      Noch am selben Abend kochte Margha auf dem Lagerfeuer einen grünlichen Sud.

      Broxx rümpfte die Nase. Die zähe Flüssigkeit sonderte den süßlichen Gestank von faulendem Obst ab.

      Als sie anhand des Geschmacks das Gebräu für tauglich befand, füllte die Mor'grosh etwas davon in einen Becher ab und hielt ihn Lurd hin.

      „Trink das.“

      „Aber... bäh! Das stinkt widerlich!“, antwortete dieser angeekelt und weigerte sich, zu trinken.

      „Gut, dann bleib eben im Ungewissen, ob dein Leben vielleicht nachhaltig beeinträchtigt sein wird. Wir lassen dich dann hier, nur zur Sicherheit, dass du uns nicht eines Nachts zerfleischst.“

      „Hmm... Ist ja schon gut. Her mit dem Gesöff.“ Er nahm einen tiefen Zug.

      „Wähhhh, schmeckt das eklig!“ Dennoch trank er den ganzen Becher aus.

      „Und was bringt das jetzt? Ich merke gar...“

      Mitten im Satz kippte er einfach nach vorne um und blieb mit dem Gesicht vor seinen überkreuzten Beinen liegen.

      Margha grinste. „Es wirkt.“

      „Und jetzt?“, fragte Broxx erstaunt.

      „Jetzt warten wir.“

      „Was passiert dann?“

      „Wirst du schon sehen.“

      Brummend verschränkte Broxx die Arme und wartete.

      Als Lurd plötzlich begann, sich ruckartig zu bewegen, war er schon fast eingenickt.