Schatten der Zitadelle. Robin Mayerle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robin Mayerle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847677093
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denn sie stand auf, setzte sich neben ihn und nahm ihn in den Arm. Trotz seiner neunzehn Jahre fühlte er sich nun wieder wie ein kleines Kind. Doch die Berührung tat gut und so ließ er all die Emotionen, die sich in ihm aufgestaut hatten einfach heraus.

      Erst als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, löste die Elfin die Umarmung.

      „Danke“, schluchzte er. Sie nickte nur.

      Nach einer Weile sagte Elune plötzlich:

      „Ich habe meine Elfen verloren, als ich sechs Jahre alt war. Sie starben im Kampf gegen die Oger.

      Danach wurde ich von einer Kriegerschule zur nächsten geschickt. Besser als im Waisenhaus einzugehen war es allemal, aber wirklich schön war es nicht.

      Was ich sagen will, ist: Ich verstehe, wie hart es ist, seine Familie in jungen Jahren zu verlieren.

      Der Schmerz wird nie mehr vollständig vergehen, aber das Leben geht weiter.“

      „Du hast Recht. Danke.“

      Sie lächelte. Es war dass erste Mal, dass er sie lächeln sah. In diesem Moment wirkte sie seltsam verletzlich, aber dennoch anmutig.

      ***

       Unruhig wälzte Broxx sich hin und her. Träume von wolfsartigen Kreaturen, glühenden Augen in der Dunkelheit und anderen ungewöhnlichen Wesen plagten ihn. Als er erwachte, perlten Schweißtropfen von seiner Stirn.

      Nach oben blickend, bemerkte er, dass Wolken den Vollmond am nächtlichen Himmel verdeckten.

      Er sah sich um. Die anderen schliefen fest neben dem vor sich hin flämmelnden Lagerfeuer.

      Langsam stand er auf und schritt in die Nacht hinaus. Sich ein wenig die Beine zu vertreten, würde ihm gut tun.

      Doch kaum hatte er sich einige Fuß vom Lager entfernt, machte ihn ein donnerndes Geräusch irgendwo im vor ihm liegenden Gelände hellhörig.

      Jedoch kehrte schon in dem Moment, als er es vernommen hatte, wieder Ruhe ein. Verdutzt lief er weiter. Vielleicht hatte er sich getäuscht.

      Er genoß die Stille, die kalte, feuchte Luft und die kühle Brise, die ihm über seine beigefarbene Haut strich.

      Als er gerade wieder zurück gehen wollte, blitzte ein Lichtschein einige Meter von ihm entfernt auf. Die Augen zusammenkneifend erkannte er eine Öllampe. Hinter ihr löste sich jetzt langsam eine Gestalt aus dem Nebel.

      Broxx griff sofort an seinen Gurt und tastete nach seinen Äxten – doch sie waren nicht da.

       Verdammt! Ich muss sie im Lager vergessen haben.

      Nach einem als Waffe benutzbaren Gegenstand suchend, glitten seine Augen über den Boden.

      Aschfahl kam die Gestalt, beinahe schwebend, immer näher an ihn heran.

       Dann eben mit bloßen Händen. Was ist das? Ein Irrlicht?

      Als der Mor'grosh Anstalten machte, auf das Wesen loszugehen, gebot es ihm mit abweisend ausgestreckter Hand, aufzuhören und sagte:

      „Fürchte dich nicht. Ich bin Kumupen und lebe in Donnerbergen. Unsere Torwachen haben euch bemerkt und ich bin hier, um euch den Zugang zur Stadt zu weisen.“

      „Mitten in der Nacht?“ Broxx wurde stutzig. Irgendetwas an dem Mann war ihm nicht geheuer, obwohl er eigentlich recht vertrauenswürdig erschien. Die kurzen, grauen Haare, die vielen feinen Fältchen im Gesicht, die stupsige Nase und die eisblauen Augen strahlten Gutmütigkeit aus.

      Dennoch: als die Blicke der beiden sich trafen, regte sich der Dämon in Broxx plötzlich. Es war wie ein Krampf. Seine Muskeln zogen sich kurz zusammen und entspannten sich nach wenigen Augenblicken wieder.

      „Alles in Ordnung?“, fragte Kumupen.

      „Ja. Ich musste mich nur schütteln. Es ist kalt.“

      „Ihr habt Recht. Lasst uns in Euer Lager zurückkehren und Eure Gefährten wecken.“

      „Einverstanden. Folgt mir. Mein Name ist übrigens Broxx.“

      Also gingen sie zurück und weckten die Schlafenden. Broxx rüttelte sanft Margha wach und Kumupen holte die anderen aus ihren Träumen.

      Auf die Frage der Halborkin, wer der ältere Mann sei, sprach Broxx so laut, dass es alle hören konnten:

      „Das ist Kumupen. Er kommt aus der Stadt und hat den Auftrag, uns hinein zu geleiten. Ich denke wir können ihm vertrauen.“

      „Ich danke Euch, Broxx.“

      Überzeugt waren weder der Halbork, noch seine Gefährten, aber es schien ihm die beste Möglichkeit zu sein, in die Stadt zu gelangen.

      Also ließen sie sich vom Tor weg, einen versteckten Bergpass entlang führen. Die Kutschen mussten sie zurück lassen, denn der Weg war zu schmal. Mit Sicherheit würde den Moohls das Gras dort, wo sie angebunden waren, bis zu ihrer Rückkehr genügen.

      Offensichtlich stellte es einen Umweg dar, denn sie wanderten in der Nacht, als die Sonne aufging und selbst dann noch einige Stunden, als diese sich wieder hinter den Horizont gesenkt hatte.

      Irgendwann entschlossen sie sich, eine Rast einzulegen. Da Kumupen meinte, dass der Pfad ungefährlich sei, befestigten sie ihr Lager nur notdürftig.

      Anschließend legten sich die erschöpften Reisenden schlafen.

      ***

       Ein auf ihr Gesicht fallender Mondstrahl weckte Elune.

      Auf das Licht des silbrigen Nachtgestirns reagierten Elfen in besonderer Weise. Energie durchströmte ihren Körper und sie wurden aktiver. Aus diesem Grund mussten sie nur dann schlafen, wenn der Mond nur schwach oder gar nicht leuchtete.

      Hellwach stand sie auf und sah sich um.

      Die anderen schliefen fest auf ihren mit Gräsern und Blättern gepolsterten Nachtlagern. Alle lagen sie da:

      Broxx, Margha, Lurd...

       Moment... Wo ist Kumupen?

      Nach links und rechts hielt sie Áusschau, suchte die Umgebung ab, doch er war nirgends zu finden.

      Gerade, als sie die anderen wecken wollte, hörte sie ein Heulen, wie das eines Hundes oder Wolfs, nur wesentlich lauter. Sofort zog sie ihren Bogen und legte einen Pfeil auf. Ihre Sinne schärften sich auf die Gefahrensituation.

      Auf leisen Sohlen schlich sie in die Richtung, aus der sie das Geräusch vernommen hatte.

      Trotz äußerster Wachsamkeit den Verursacher des Heulens konnte sie nicht ausfindig machen.

      Nachdem sie sich sicher war, dass hier kein Feind lauerte, bewegte sie sich langsam zurück zu den anderen.

      Schon einige Meter entfernt hörte sie ein Scharren, wie von etwas Hartem auf Stein und hechelnde Laute.

      Sie legte die Sehne an, schussbereit.

      Im Lager angekommen war nichts zu sehen das die Elfe beunruhigte, doch sie spürte die Anwesenheit von etwas Bösem.

      Sie schlich sich zu Broxx, um ihn zu wecken, doch in dem Moment, als sie ihn berührte, stürzte aus der Dunkelheit etwas auf sie zu.

      Gerade noch konnte sie sich mit katzenartiger Eleganz zur Seite rollen, doch das wolfsähnliche Wesen setzte schon erneut zum Sprung an.

      Diesmal feuerte Elune geistesgegenwärtig einen Pfeil auf die Bestie ab, dem diese aber mit einem Haken nach rechts auswich und weiter auf das Spitzohr zu stürmte.

      Blitzschnell zog sie ihren Dolch, legte den Bogen auf die Erde und machte sich bereit, den Angriff abzufangen.

      Als die Kreatur sich zähnefletschend auf sie warf, rollte sie sich geschickt auf den Rücken, rammte ihm den Dolch in die Brust und stieß es mit den Beinen wieder von sich.

      Jaulend und wimmernd wie ein verletzter Hund kauerte es am Boden.