Shabbadag schwenkte das Fernguck ein Haus weiter und sah die großen Schaufenster von IDEALL Reisen. Der alteingesessene Familienbetrieb ist Shabbadags Arbeitgeber. Das Reisebüro in der Hastemalnemarkeystraße ist das Hauptgeschäft. Im Gebäude befinden sich Büros und Personalräume sowie das firmeneigene Museum mit Restaurant. In der obersten Etage ist der Wartebereich für Reisende. Von dort betreten die Gäste die FLUGS Raumgleiter, die vom Dach starten. IDEALL ist der terranische Marktführer für Reisen aller Art ins Weltall und das Paralleluniversum. Ob Firmengründer Furzbold Schnodderig das ahnte, als er mit einem zweisitzigen Taxi - Pedalflieger anfing?
Ein weiterer alteingesessener Familienbetrieb, geführt in der dritten Generation, findet sich im nächsten Haus. Üller Utz betreibt in den Räumlichkeiten seinen Handel mit traditionellen, terranischen Waffen. Darunter eine sehenswerte Abteilung antiker Jagdwaffen. Die wird von Fachleuten und interessierten Laien sehr geschätzt. Üller Utz ist fachkundiger Sachverständiger, Gutachter und Meister. Seine filigrane Feinarbeit in eigener Werkstatt wird weithin gerühmt. Üller richtet verbeulte Blasrohre, spitzt stumpfe Pfeile und biegt so manchen geraden Bogen krumm. Als einer der letzten seiner Zunft beherrscht er das Handwerk des Büchsenmachers. Er stellt die Büchsen her, befüllt sie mit Fisch und drückt diesen die Augen zu, bevor die Büchse geschlossen wird. Ihm ist niemals ein Fisch ausgebüchst. Darauf ist Üller Utz sehr stolz. Neben seiner Arbeit ist Üller Utz als Trommler bekannt. Er haut in einer beliebten Band auf die Pauke. Die Gruppe heißt GUTEN – A – BAND.
Neben Üllers Geschäft finden Interessierte den Eingang zur Vertretung des Planeten HIOB. Dort sitzt der Hiobische Handelsbeauftragte Bobi Kar. Der Volksmund nennt sein Büro Hiobs Botschaft. Es folgt in der Häuserreihe das Museum für moderne Kunscht mit der Horst Emscher Dauerausstellung im 7. Stock. Sehenswert wegen der ausgestellten original RÜBENHAUBE und der ausdrucksstarken Installation - Brot-Auf-Strich-. Empfehlenswert sind profunde Führungen durch die Ausstellung mit Professor Dr. Joghurt Lööf, Dozent für „Irgendwas mit Kunscht“ an der Kackda Janethin Unität.
Shabbadag schwenkte das Fernguck an den Häusern entlang. Er sah Restaurants, Boutiquen, Blumenläden, Bäckereien, Eisdielen, Gaststätten, Kabaretts, Theater, und das Wichsfigurenkabinett der Madame Tussi. Die Hastemalnemarkeystraße endet auf dem „Großen Platz“. Der Große Platz wird vom Einkaufszentrum „Peters kleine Bretterbude“ eingerahmt. Das Einkaufszentrum erhielt seinen Namen zum Andenken an den ursprünglich hier ansässigen Zeitungsverkäufer Peter Klabottnik. Peter ging seinen bescheidenen Geschäften in einem ausrangierten hölzernen Gartenhäuschen nach. Aus diesen einfachen Anfängen wuchs der heutige Gesamtkomplex. Eigentümer ist Tai Kouhn, der seinen Besitz der Tatsache verdankt, das Peter Klabottnik ihm den Einstieg ins Geschäftsleben ermöglichte. Diesen Fakt würdigte Tai durch die Namensgebung.
Tai Kouhn erkannte bereits als Jugendlicher, dass mit der Reisefreudigkeit der Terraner Geld zu verdienen ist. Er baute einen Tisch vor Peters kleiner Bretterbude auf. Peter Klabottnik, der mehr breite als lange Gemütsmensch, gestattete ihm, einen Teil seines Grundstücks zu nutzen. Tai bot Waren feil, die Reisende für Ausflüge zur Erde benötigten. Die Reisenden konnten wählen, ob sie die Gegenstände erwerben oder mieten wollten. Anfangs spezialisierte sich Tai auf Asienreisen mit einem Schlitzaugenverleih. Später verlieh er Kimonos an Japanreisende. Führte die Reise in kalte Gebiete Japans, fanden die Damen in seinem Sortiment die traditionelle Kleidung sogar mit Heizung! Tai nannte sie Eskimonos. Das Geschäft lief gut, Tai Kouhn konnte eines Tages Peter Klabottnik die kleine Bretterbude abkaufen. Tai vergrößerte das Sortiment, sein Geschäft wuchs. Er baute an, gründete weitere Geschäftszweige. Schließlich wurde aus dem Straßenhändler der Kaufhauskönig von Terrarium. „Peters kleine Bretterbude“ ist inzwischen die wichtigste Adresse für terranische Reisende. Die Geschäfte boomen, da das Reisen immer beliebter wird. Davon profitiert gleichermaßen das Alfons von Quak Wellnesscenter. Das „Alfons“ ist im Schwuppdiwupp Weg Nr. 10 zu finden. Shabbadag schwenkte das Fernguck in die ungefähre Richtung. Das „Alfons“ liegt am Ende des nördlichen Bereichs des 40000 qm großen Außengeländes vom größten Hort im Ort. Die wilde Grünlandschaft ist kaum zu übersehen. Nach kurzem Suchen hatte Shabbadag das „Alfons“ im Visier.
Von der Dachterrasse des Oberstübchens ist der Ausblick auf Terrarium exzellent. Alles ist sehr gut zu sehen. Der Griesberg, auf dessen Hochplateau das Oberstübchen steht, ist der höchste Berg Terrariums. Die Stadt liegt einem hier zu Füßen. Fast jede Straße hat einen kleinen, von den Bewohnern selbst gestalteten gepflegten Park. Von hier oben betrachtet, sieht es bereits sehr einladend aus, doch wenn man erst einmal die Gemütlichkeit dieser kleinen Oasen aus der Nähe kennengelernt hat, will man nicht mehr woanders sein. Die Pflanzen der Parks setzen grüne Punkte zwischen die Gebäude. Man merkt kaum, das über 300000 Terraner in dieser Stadt leben.
Shabbadag schwenkte das Fernguck in Richtung Hafen. Einige Kutter lagen vor Anker. Die Eigner verdienen ihr Geld mit Fischfang. Der Fluss ist mit vielen unterschiedlichen schmackhaften Fischen gesegnet. Der Fischreichtum gewährt ganzjähriges Einkommen. Das meiste Geld im Terraner Hafen wird jedoch in der Werft verdient. Die Kräne und Gebäude von „Kahntrude & Bootgard“ dominieren die Hafenanlage. Der große Fluss Terramisu schlängelt sich Silber schimmernd, mal schmal, mal breit, zwischen den Häusern hindurch. Sein Wasser schmeckt nach Schokolade. Auf dem ruhigen Gewässer kann man herrliche Ausflugsfahrten mit dem Raddampfer „Rumtreiber“ unternehmen. An seiner breitesten Stelle teilt eine Insel den Terramisu. In grauer Vorzeit existierte in dieser Gegend ein menschenleeres stinkendes Moor, das man unter dem Namen Transpiranien kannte. Ebendieses Moor gehörte zum ehemaligen Königreich Kosmetika. Einst lebte im Morast von Transpiranien eine bemerkenswerte Amphibie namens Knallfrosch. Bedauerlicherweise ist die Art ausgestorben. Es muss faszinierend gewesen sein, diese Tiere während der Paarungszeit zu beobachten. Nach vollzogenem Akt küsste das Weibchen seinen Froschmann mit Zungenschlag und blies ihn dabei auf bis er platzte. Vermutlich gingen auf diese Weise die Männchen aus, so dass der Knallfrosch aus der Fauna des Planeten verschwand. Traurig. Im Austausch dafür siedelte sich der äußerst exzentrische „Ritter von der Burg“ in Transpiranien an. Der erwies sich als guter Ersatz für den Knallfrosch. Der Rittersmann hatte nämlich einen mächtigen Knall! Wenn nicht sogar einen gewaltigen Sockenschuss! Er ließ einen großen Teil des Moors trockenlegen, um eine Ritterburg errichten zu lassen. Im Laufe der Jahrhunderte machte das Moor von Transpiranien eine interessante Entwicklung durch. Immer mehr Gräben und Gewässer legte man trocken. Auf diesem Wege gewann man Land hinzu und machte es urbar. Die Umgebung veränderte sich beständig, das Moor verschwand. Einzig die Insel behielt ihr ursprüngliches Aussehen. Man gab ihr den Namen Eiland. Auf Eiland befindet sich noch heute die robuste Ritterburg. In der Burg ist seit vielen Jahren die Frauenhaftanstalt „Zur schönen Aussicht“ untergebracht. Im Grunde ist das alte Gebäude mehr Museum als Gefängnis. Es beherbergt lediglich eine einzige Gefangene namens Elke Pone. Sie vollendet in ein paar Wochen ihre Ausbildung zur „Beschallerin von Fußgängerzonen“. Besteht sie die Gesellinnenprüfung, wird Frau Pone aus der Haft entlassen und fortan in der Hastemalnemarkeystraße die Terraner mit Musik und Gesang unterhalten. Sobald die letzte Insassin in Freiheit ist, wird das Gefängnis endgültig Museum und in Gänze für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Leiterin der Haftanstalt, Frau Elke Tress, bereitet sich und das Personal seit Monaten auf den Ansturm der bildungshungrigen Bürger vor. Seit Jahrzehnten hat niemand aus der Bevölkerung das alte Gemäuer betreten. Daran besteht nun reges Interesse. Die Ritterburg hat einen gruseligen Ruf! Sie ist mysteriös, rätselhaft, sagenumwoben, geheimnisumwittert.
Der „Rumtreiber“ ist bereits auf Monate im Voraus für Fahrten nach Eiland ausgebucht. Die Eigner überlegen, ob sie ein weiteres Fahrgastschiff bei „Kahntrude & Bootgard“ zum Bau in Auftrag geben.
Shabbadag schwenkte erneut das Fernguck. Ganz rechts in der Ferne, nahe dem Horizont, ist der Harteberg zu sehen. Der Bildungshügel. Das gesamte Hochplateau des Hartebergs belegen die Gebäude der „Kackda Janethin Unität“.