WIDERSTAND UND BEFREIUNG 1934 - 1945. Charlotte Rombach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charlotte Rombach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783847661825
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Lazarett zu bringen und sie zu versorgen. Du warst an der Front in deinem Bereich, mit deinen Patienten (genau so wie im Krankenhaus), oder konzentriert im Operationssaal, immer beschäftigt. Natürlich hat man nebenbei gehört, wenn eine Granate eingeschlagen hat oder ein Flugzeug über uns geflogen ist; der Feind war nahe.

      Aber der Chirurg musste sich immer auf dich verlassen können, du musstest für Operationen sofort alles bereit legen. Man ist so in der Arbeit aufgegangen, dass man nichts Anderes gehört und gesehen hat. Und das 24 Stunden hindurch! Denn an der Vorderfront konntest du nicht sagen, so jetzt lege ich mich nieder und lass die Verwundeten liegen. Du musstest immer bereit sein – wen bringen sie jetzt, hat er eine Bein- oder Kopfverletzung, was ist zu tun? Und Verwundete wurden ununterbrochen heran gebracht, denn es wurde ständig gekämpft. Ich hatte großes Glück, ich wurde nicht schwer verwundet, nur einmal trafen zwei Splitter meinen linken Arm. Der Oberarzt, ein Professor hat mich an Ort und Stelle operiert.

      Maria Muhr (ebenfalls das Kind eines Schutzbundkämpfers, Ch.R.) und eine zweite Kollegin aus dem Medizinischen Institut in Tscheljabinsk haben mit mir den ganzen Krieg mit gemacht, sie waren auch Sanitäterinnen. Wir hatten mit unserem Lazarett nur einen einzigen großen Verlust während des ganzen Krieges – als eine medizinische Schwester auf einem Lastwagen mit den ganzen Geräten und Instrumenten auf dem Weg nach Berlin gefahren ist, hat eine Granate eingeschlagen, hat sie und den Chauffeur getötet und den Wagen zerstört. Wir haben normalerweise in Zelten geschlafen, die auf verschiedenen Plätzen aufgestellt waren, damit nicht alle auf einmal zugrunde gehen, wenn ein Angriff war.

      Frage: Margareta, hast Du irgendeine Anerkennung von offizieller Stelle erhalten?

      Von den sowjetischen Stellen habe ich den Orden für Verdienste im Kampf, den Orden für ausgezeichneten medizinischen Dienst und den Rote-Garde-Orden, den das ganze Bataillon erhalten hat, verliehen bekommen. Zusätzlich erhielt ich 1943 den Orden „Roter Stern“. Als ich schon in Österreich war, übernahm mein Vater für mich noch eine Auszeichnung, die ich erst später verliehen bekommen habe. Vor kurzem, am 7. Mai 2010 erhielt ich von der Russischen Botschaft in Wien eine Medaille zum 65. Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945.

      Frage: Wann bist Du nach Österreich zurückgekehrt?

      Am 16.12.1946 kehrte ich noch in sowjetischer Uniform nach Wien zurück, blieb bis nach Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages Angehörige der Roten Armee und sowjetische Staatsbürgerin. Ich heiratete Franz Kaminek, mit dem ich in Gerasdorf bei Wien lebe.

       ***

      Rudolf Spirik: Das Erste Österreichische Freiheitsbataillon

      Rudolf Spirik wurde 1924 in Schwechat, Niederösterreich, in einer sozialdemokratischen Familie geboren.

      Frage: Rudi, wie bist Du in die Sowjetunion und nach Slowenien gekommen?

      Mein Vater, Rudolf Spirik sen., war Mitglied des Republikanischen Schutzbundes. Bei den Kämpfen in unserer Heimatstadt Schwechat am 12. Februar 1934 wurde er von einem Gendarmen erschossen. Meine Schwester Erika und ich erhielten durch die illegale Organisation „Rote Hilfe“ die Möglichkeit, in die Sowjetunion zu emigrieren, wo wir von August 1934 bis Kriegsbeginn im Kinderheim Nr. 6, das eigens für die österreichischen Schutzbundkinder in Moskau geschaffen wurde, lebten [4]. Ich lernte und arbeitete in Moskau, besuchte 1942-1943 die Kominternschule in Kuschnarenkowo (Baschkirien) und wurde mit anderen Genossen in einer Spezialschule für den Partisaneneinsatz vorbereitet.

      Frage: Wann und wo wurdet ihr schließlich eingesetzt?

      1944 wurden einige Gruppen österreichischer Kommunistinnen und Kommunisten nach Jugoslawien geflogen. Als erste flogen im August Franz Honner, Ferdinand Gotthardt als Funker und Franz Gebhard aus Moskau nach Slowenien und sprangen mit dem Fallschirm in Südslowenien ab. Ein zweites Flugzeug mit Auguste Timischl (Funkerin) und anderen Genossen an Bord stürzte noch auf sowjetischem Gebiet ab.

      Mit dem dritten Flugzeug flog noch eine Gruppe von Österreichern aus Moskau, Sowjetunion, zum Partisanen-Einsatz nach Slowenien, um die jugoslawischen Partisanen im Kampf gegen die Deutsche Wehrmacht zu unterstützen. Der Gruppe gehörten u.a. an: Max Bair, Franz David, Friedl Fürnberg, Willi Högl, Ferdinand Leitner, Auguste Samek und ich. Das Flugzeug landete bereits in befreitem Partisanengebiet. Mit dem nächsten Flugzeug wurden Willi Frank, Laurenz Hiebl, Richard Wagner und der Nachschub sowie das umfangreiche Gepäck befördert. Sie alle waren aus Österreich in die Sowjetunion emigriert und dort vor dem Abflug in der Schule in Kuschnarenkowo ausgebildet worden.

      Wir flogen in einer Höhe von nur 500-600 Metern über die Ukraine nach Odessa und sahen, wie verwüstet das Land durch die Deutschen war – von den Dörfern waren nur Ruinen geblieben, Reste von gemauerten Öfen und Herden mit in den Himmel ragenden Schornsteinen. Nach einer Übernachtung im Flugzeug ging es weiter nach Craiova (Rumänien), in einer Höhe von 3000 Metern überquerten wir die Frontlinie, sahen deutlich das Aufblitzen von Artilleriefeuer. In Südslowenien landeten wir in der Bjela Krajina, in der Nähe einer Flussbiegung. Ein Ochsengespann nahm die Ausrüstung auf, und wir marschierten, nach einigen Kontrollen durch Partisanen-Wachposten, in Richtung Kwasice, einem Dorf, das der Gruppe für eine Weile als Standort diente.

      Frage: Was war Eure Aufgabe?

      Es war geplant, eine österreichische Militäreinheit auf zu bauen. Dafür wurden aus verschiedenen Gefangenengruppen zusätzlich Österreicher angeworben, die bereit waren, für die Befreiung Österreichs von den deutschen Faschisten und für die Wiedererrichtung eines freien, demokratischen Österreich zu kämpfen. Dazu stießen noch Österreicher, welche bereits in verschiedenen Partisaneneinheiten die Jugoslawen unterstützen. Im Dorf Tribuce südlich von Crnomelj wurde das künftige Erste Österreichische Freiheitsbataillon stationiert und ausgebildet.

      Seine Teilnehmer wurden nicht nur militärisch geschult, sondern auch über den Krieg und den Sinn ihres Einsatzes aufgeklärt. Österreich, das eine selbstständige Nation, mit eigener Kultur und Mentalität war, wurde im März 1938 gewaltsam vom faschistischen Deutschland angeschlossen und von dessen Terrorregime unterdrückt. Es war wichtig, gemeinsam für die Befreiung Österreichs zu kämpfen – egal ob Sozialist, Kommunist, Katholik, Arbeiter, Bauer oder Intellektueller, alle hatten die Verpflichtung dazu.

      Der erste Kommandant des Bataillons war Max Bair, ein Bauer aus Tirol (er wurde übrigens von einem eingeschleusten SS-Mann schwer verwundet). Er kam aus einer gläubigen katholischen Familie und kämpfte über ein Jahr lang mit sich selbst, ob er aktiv etwas gegen den zunehmenden Vormarsch des Faschismus unternehmen sollte oder nicht. Schließlich verkaufte er seine drei Kühe und fuhr mit dem Erlös über Frankreich nach Spanien, wo er in den Reihen der Internationalen Brigaden gegen die faschistischen Franco-Truppen kämpfte. Nach der Niederlage der Republikanischen Truppen gelang es ihm, in die Sowjetunion zu entkommen. Von dort meldete er sich später zum Jugoslawien-Einsatz.

      Frage: Warst Du direkt an Kämpfen beteiligt?

      Ich war als Funker eingesetzt. Am 24. November 1944 wurde das Erste Österreichische Freiheitsbataillon vereidigt und von Franz Honner verabschiedet. Es vereinigte sich mit der Slowenischen Volksbefreiungsarmee.

      Das Hauptlager befand sich in den Bergen. Ich kam als Funker zur Leitung, die aus Franz Honner und Friedl Fürnberg bestand. Diese wurden bereits von Auguste Samek und Ferdinand Gotthardt unterstützt. Das Lager war gut getarnt, schwer zugänglich und von einer Partisaneneinheit bewacht.

      Nur über einen Steig konnte man es betreten. Damals, Ende 1944 war dieser schon verschneit, der Schnee lag meterhoch auf den Wegen und im Wald. Der Strom für die Funkstation kam von einem Handgenerator und 6-Volt-Batterien, die Antenne war zwischen Bäumen gespannt.

      Nach Entspannung der militärischen Lage übersiedelte die leitende Gruppe der Österreicher näher zu Crnomelj in ein Winzerhaus in den Weinbergen. Dort wohnte sie, dort gab es für die Funkstation