WIDERSTAND UND BEFREIUNG 1934 - 1945. Charlotte Rombach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charlotte Rombach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783847661825
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ehrt, den bürgerlichen Widerstand Österreichs regelmäßig erwähnt – aber den österreichischen kommunistischen Widerstand und seine Opfer (viele junge Mitglieder des KJV wurden geköpft) von offizieller Seite unterschlägt.

      Allen, die an dieser Broschüre mit gearbeitet haben, ist der Wunsch gemeinsam, vor allem jugendlichen Leserinnen und Lesern durch ihre persönlichen Erinnerungen an eine schreckliche, grausame Zeit die Notwendigkeit des Widerstands gegen den auf kommenden Faschismus in Österreich zu vermitteln.

      ***

      Alexander Bergelson: Der Feind muss vernichtet werden

      Alexander (Iljitsch) Bergelson wurde im Jahre 1922 in der Kleinstadt Nowograd-Wolynsk im Gebiet Schitomir, Ukraine, geboren. Er ist Veteran des Zweiten Weltkriegs, den Hitler zum totalen Krieg gegen „die jüdischbolschewistische Gefahr“ erklärte. A. Bergelson war einer der 500.000 Soldaten jüdischer Nationalität in der Roten Armee, die gegen die Wehrmacht kämpften.

      Frage: Alexander, Sie nahmen aktiv als Soldat der Roten Armee am Großen Vaterländischen Krieg teil. Erzählen Sie bitte davon.

      Am 9. Mai 1941 wurde ich zur Roten Armee einberufen und kam in das 1. Artillerie-Luftabwehr-Bataillon der Flakabwehr, wo ich bis zum Kriegsanfang in einem besonderen Ausbildungskurs mit anderen Rekruten eingeschult wurde. Nur acht der 38 jungen Rekruten meines Zuges überlebten den Krieg.

      Es begann der Krieg. Die Deutsche Wehrmacht hatte am 21. Juni 1941 vertragsbrüchig die Sowjetunion überfallen. Ihre Truppen überschritten die polnisch-russische Grenze und griffen in einem Überraschungsangriff unsere Grenztruppen an. Die Angriffe waren so heftig und unerwartet, dass sich unsere Truppen zurück ziehen mussten. Für eine weitere Ausbildung blieb uns also keine Zeit. In höchster Eile wurden wir auf Lastwagen verfrachtet und nach Lwow gebracht. Dort zogen sich unsere Truppen nach heftigem Feindbeschuss weiter zurück. Die erste Schlacht erlebte unser Zug bei Iwano-Frankowsk und wurde dann ins Hinterland Richtung Stalingrad gebracht. Erst in der Stadt Achtyrka (Sumsker Gebiet), erhielten wir unsere Soldatenuniform, Gewehr und Munition. Dort begannen wieder Gefechte mit den Deutschen, bei denen unsere Soldaten unter das Feuer deutscher Flugzeuge kamen und sich wieder zurückziehen mussten.

      Anfang 1942 wurde ich mit der Gruppe meiner Landsleute in Bykowo bei Stalingrad weiter militärisch eingeschult, man rüstete uns mit guten Waffen und warmer Kleidung aus. Danach wurden wir nach einer Umgruppierung in die Nähe von Kursk verlegt, ich kam in die 15. zweifach mit dem Roten Bannerorden ausgezeichnete Sewaschsker Division. Im Kursker Bogen kam es zu schweren, langen Kämpfen, die sich niemand vorstellen kann, der sie nicht selbst erlebt hat, sie waren unbeschreiblich hart und entsetzlich.

      Damals sind sehr viele Kameraden gefallen. Dort war insgesamt eine sehr schwierige Situation. Hier haben unsere Truppen aber schon intensiv angegriffen. Von unserem Schützengraben aus sah ich Luftkämpfe, aber auch schreckliche Kämpfe von Mann zu Mann. Ich hörte, wie die Raketenwerfer, die Katjuschas („Stalinorgeln“), mit konzentriertem Feuer den Feind beschossen – das war eine mächtige Waffe!

      Das erste Mal wurde ich 1942 im Orlower Gebiet verwundet, am Rücken erwischte mich ein Riesensplitter, der sofort, direkt an der Front operiert wurde. Daneben erhielt ich noch viele andere kleine Splitter, im rechten Bein, über dem Auge, im linken Arm, die bis heute in meinem Körper stecken. Danach wurde ich noch zwei Mal 1943 bei Kursk verwundet.

      Anfang 1943 wurden wir in die Westukraine verlegt, wo die Rote Armee wieder angriff. Es kam zu örtlichen Kämpfen, einmal eroberten wir einen Ort von den Deutschen, dann zogen wir uns wieder zurück.

      Im Herbst 1943 griff die Rote Armee in der Ukraine weiter an, und wir kamen auch durch meinen Heimatort Nowograd-Wolynsk. Wie ich später erfuhr, waren meine Eltern damals schon von den deutschen Faschisten erschossen worden.

      Im Frühjahr 1944 nahm der Stab mich und acht weitere junge Soldaten aus der Armee und kommandierte uns zum Studium ab. Wir kamen in die Technische Ingenieur Fachschule in Ramenskoje bei Moskau. Man wählte nämlich noch während der Kriegshandlungen die jüngsten Kader aus unserer 15. Division aus, um sie bereits für die Zeit nach dem Krieg als Fachleute auszubilden. Schon nach einem Monat entließ man mich aus Krankheitsgründen und überstellte mich für drei Monate in die berühmteste Fachschule für Luftfahrt der Ukraine namens A.S. Mjasnikow (in Krasnyj Kut im Gebiet Saratow), wo die besten und bekanntesten Köpfe der sowjetischen Luftfahrt jener Zeit studierten. Meine Aufgabe war es, die Kursanten aus zu bilden, die u.a. bei Scheinluftkämpfen mit Fotokino-Maschinengewehren auf Ziele schossen.

      Den Tag des Sieges über die Hitlerfaschisten, den 8. Mai 1945 feierte ich in der Fachschule für Luftfahrt im Bezirk Komsomol (Gebiet Saratow) im Kreise meiner Kursanten. Die Nachricht über die Kapitulation der Generäle der Deutschen Wehrmacht wurde mit Begeisterung und Hurra- Rufen aufgenommen. Es herrschte riesige Freude über das Ende dieses grausamen, opferreichen Krieges, die Menschen waren überglücklich, die Stimmung stieg im Laufe des Abends, wir begannen bereits Pläne für die Zukunft in Frieden zu schmieden. Ich spielte Geige, ein anderer Soldat Gitarre, und Hunderte Menschen tanzten die ganze Nacht durch.

      Im Jahr 1945 arbeitete ich als Redaktionssekretär der Bezirkszeitung „Für bolschewistische Kolchose“ und als Redakteur des örtlichen Radios bis 1946. Danach rüstete ich ab und fuhr als erstes in meine Heimat – unser Haus, in dem wir gewohnt hatten, gab es nicht mehr, ich erfuhr, dass unsere ganze Familie von den deutschen Faschisten und ihren Kollaborateuren getötet worden war.

      Danach fuhr ich nach Kiew zu meiner Schwester Anna. Ich arbeitete dort anfangs als Ladearbeiter, später als Leiter einer Lkw-Garage im Trest Gorkomustroi. Gleichzeitig studierte ich abends am Pädagogischen Institut. Bis 1951 arbeitete ich in einer Radio-Fabrik des Ministeriums für Leichtindustrie der USSR, danach im Verlag „Naukowa dumka“.

      Das erste Mal heiratete ich 1950, meine Frau starb aber bereits 1968, sie hinterließ mir einen Sohn. 1998 heiratete ich ein zweites Mal und übersiedelte mit meiner Frau Galina, deren Kinder bereits in Wien lebten, aus der Ukraine nach Österreich.

      Frage: Wie war der „Alltag“ der Soldaten, die Verpflegung usw.?

      Der Militärdienst war etwas Alltägliches, aber zu erleben, dass man dich jeden Moment töten konnte, das war das Entsetzlichste. Der Kriegsalltag war schrecklich. Wir haben 800 Gramm Brot erhalten, davon habe ich die halbe Portion für Zigaretten oder Tabak (Machorka) getauscht.

      Die Verpflegung wurde je nach Kampfsituation mit Lastwagen an die Front befördert, Menschen riskierten ihr Leben, indem sie mit der Feldküche Thermosflaschen mit Wasser und Essen an die vorderste Front transportierten. Wenn das Essen tatsächlich ankam, erhielten wir abwechselnd Nudelsuppe, Hirse oder Buchweizen, Zucker, Fleisch oder Wurst, Brot. Erst nach den Kämpfen konnten wir verpflegt werden. Manchmal jedoch sammelten wir zwischendurch auf den Feldern nicht geerntete rohe Kartoffeln, zerquetschten sie zu einem Laibchen, brieten sie auf einem Stück Blech über einem kleinen Feuer, das wir unter unserem Mantel versteckten, und aßen sie mit Appetit.

      Wir aßen auch Körner – Weizen, Mais usw., was wir eben auf den Äckern fanden. Ich habe sogar Fleisch von einem toten Pferd gegessen, es war gefroren, ich schnitt ein Stück heraus, steckte es unter mein Hemd, damit es auftaute und aß davon stückchenweise – nichts Besseres konnte man sich damals vorstellen! Mit dem Trinken war es besonders schwer, wir litten oft Durst. Nach Kämpfen oder während der Umdisponierung der Truppen hat man uns in Dörfern in Hütten bei Bauern untergebracht. Diese waren meist solidarisch, sie gaben uns zu essen, die Bäuerinnen wuschen und flickten unsere Wäsche.

      Das stundenlange Gehen war sehr anstrengend, du hast mit der Zeit gar nicht mehr gespürt, wie du gehst, wohin du gehst, du hast beim Gehen fast geschlafen, musstest aufpassen, dass du nicht fällst, die Beine und Füße schmerzten, aber du hast gewusst, warum und wozu du das machst.

      Wir schliefen in den Schützengräben, die wir meistens selbst mühsam ausschaufeln mussten. Normalerweise grub man nur zwei bis drei Stunden, aber für die volle Körpergröße