Mephisto. Jörg Gugel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörg Gugel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738035643
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Zeit etwas Interessantes passiert?“

      Diese Frage war in dem Pub so etwas wie eine Standartprozedur, mit der man zu verstehen gab, dass man etwas hören wollte. Der Untote stierte jedoch nur weiterhin völlig teilnahmslos zum Tresen, hob seine rechte verfaulte Hand und der Wirt, eine Miniaturausgabe eines Trolls, brachte ihm sein Getränk, das wie Wasser mit Hackfleisch aussah.

      „So, gibt es Gehirn jetzt wohl auch schon in flüssig?“, grinste er der lebenden Leiche entgegen. Doch diese beachtete ihn weiterhin nicht. Der Wirt mischte sich ein: „Vergiss es, mein Freund! Bei dem hat sich bereits alles zersetzt, auch die Stimmbänder! Recht kurzlebige Geschöpfe, diese Zombies“, fügte er nachdenklich hinzu. Dann wandte er sich wieder an den Teufel: „Wenn du was wissen willst, solltest du zu Spikle gehen, das ist dieser Kampfgoblin, der gerade den Vampir da drüben zu Brei geschlagen hat. Er hat in letzter Zeit einiges gehört, wie es scheint. Darunter“, der Troll schmunzelte: „scheinbar auch, dass die Geliebte dieses Vampirs sich mit einem Gnom eingelassen hat. Ehrlich gesagt, da wäre ich auch ausgerastet!“ Mit einem freundlichen Zwinkern entfernte er sich und ging kopfschüttelnd lachend zu einem anderen Gast, um dessen Bestellung aufzunehmen.

      Mephisto warf einen letzten Blick zu dem stummen Untoten, der nicht zu bemerken schien, dass der Eiswürfel, an dem er gerade genüsslich lutschte, nichts anderes als sein eigenes rechtes Auge war. Er ging rüber zu Spikle und klopfte ihn mit einem Finger auf die Schulter.

      Mit einem erschrockenen Zucken wandte sich der Goblin um und fasste sein Gegenüber mit argwöhnischem Blick ins Visier. „Oh! Dachte, des is schon wieder dieser dämliche Vampirjunge! Der soll sich nich nochma mit mir anlegen!“ Bei diesen Worten plusterte er sich auf und offenbarte dürre, jedoch seltsam muskulöse Arme. Er sah den Höllenbewohner auffordernd an: „Was willstn du eigentlich von mir?“

      Mephisto ignorierte die unverschämte Ausdrucksweise, weil er wusste, dass dies für einen Kampfgoblin völlig normal war. „Ich habe gehört, dass du ein paar Gerüchte aufgeschnappt hast! Und ich bräuchte ein paar Infos, die du mir vielleicht geben könntest!“

      Spikle grinste und offenbarte dabei makellos weiße, aber sehr spitze Zähne: „Junge, da bisse bei mir anner richgen Adresse! Ich weiß ne Menge! Was willsn wissen?“

      Der Teufel zögerte nicht lang, packte sein Gegenüber am Arm und zerrte ihn schließlich in einen Nebenraum. Spikle empörte sich darüber und versuchte sich erfolglos aus dem starken Griff zu befreien: „Was solln das, Junge? Lass mich los, Mann“, brüllte er zornig.

      Mephisto zeigte sein gefährlichstes Grinsen: „Uns sollen nicht alle belauschen! Du wirst mir nun sagen, was du über einen Teufel namens Beelzebub weißt! Also, spuck´s aus!“

      Der Kampfgoblin sah so aus, als würde er gleich auf den Teufel losgehen – offenbar hatte er noch nicht bemerkt, wen oder was er vor sich hatte. Er dachte wohl, mit diesem lästigen Fremden könnte er genauso umgehen, wie mit dem armseligen Vampir, dessen Freundin er als Schlampe bezeichnet hatte und jetzt auf dem Boden des Schankraumes vor sich hin jammerte.

      „Ich will wissen, was du über den Verbleib von Beelzebub weißt!“, wiederholte Mephisto ruhig und weiterhin lächelnd.

      Spikle sah ihn einige Zeit lang ausdruckslos an. Dann, als wäre ihm ein Licht aufgegangen, wurden seine Augen groß und sein Gebaren änderte sich schlagartig.

      Er sagte: „Viel weiß ich nicht, Mann! Man munkelt, dass so´n großer, hässlicher Dämon, der total rot war, eine Frau mit sich geschleppt hat, die sich total gewehrt ha´m soll!“

      Der Teufel runzelte die Stirn. Die Beschreibung eines „großen, hässlichen Dämons, der total rot war“ passte wie die Faust aufs Auge zu Beelzebub.

      „Wo war das?“, fragte er.

      „Weiß nich genau!“

      „Was heißt <nicht genau>?“

      „Man munkelt´s halt, Mann, deswegen heißt´s Gerüchte!“

      „Was erzählt man sich so! Komm schon, lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!“

      Der Goblin überlegte. „Man sagt, die sei´n Alborqu. Aber ich weiß nich´ was ich davon halten soll. Ich mein, warum ausgerechnet in diesem verpissten Rattennest?“

      „Um sich zu verstecken, du Blödmann“, dachte der Teufel, sprach es allerdings nicht aus.

      Spikle sah ihn einige Zeit lang mit interessierter Miene an, dann sagte er: „Du bist einer von den´n, oder etwa nich´?“

      Mephisto sah ihn fragend an: „Von wem?“

      „Na, einer von den´n, die im Schloss le´em. Die Bestrafer der Menschen!“

      „Du bist einer von der ganz schnellen Sorte“, spottete der Teufel.

      „Boah ey, ich pack´s nich´! Endskrass, dass ich ma´ so ein´ seh“, sagte Spikle mit sichtlicher Ehrfurcht.

      Doch Mephisto war es egal. Ohne Spikle auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte er sich um. Der Gerüchtekönig rief ihm hinterher: „Ey, wart´ ma´! Wo gehst´na so schnell hin? Hab´ ich was falsch´s g´sagt?“

      Doch der Höllendiener hatte keine Zeit für ungehobelte, selbstverliebte Angeber und verließ die Bar. Er ließ es sich aber zuvor nicht nehmen, dem Zombie noch ein Hirngebräu zu spendieren.

      Statt einem <Dankeschön> erntete er für seine großzügige Tat nur einen dümmlichen, verständnislosen Blick.

      Na, vielen Dank auch!

      Noch mehr verhagelte ihm der Gedanke an seinem weiteren Weg den Tag.

      Alborqu, dachte er grimmig, nicht gerade mein Lieblingsort. Aber ich hätte mir denken können, dass dieser Feigling sich dort versteckt.

      Doch Mephisto hatte keine andere Wahl. Wenn nur der leiseste Verdacht darin bestand, dass Beelzebub in Alborqu war, dann musste er ebenfalls dorthin. So ging sein Mantel erneut in Flammen auf, umfasste seine Silhouette und er tauchte zeitgleich viele Meilen entfernt wieder auf und blickte sich um.

      Modriger, schwelender Gestank biss in seine Nase. Dieser rührte von einem Leichnam, aus dessen Rücken strahlende Flammen tanzten. Der leblose Körper machte es unmöglich zu erkennen, ob das Brandopfer ein Mensch oder ein Dämon gewesen war! Schon näherten sich gierige Gesichter, vermummt in den versteckten Nischen der Ruinen! Für die ausgemergelten Ungeheuer von Alborqu musste das verbrannte Fleisch wie ein Festschmaus duften! Bald war der Kadaver gelöscht, auseinander gerissen und bestialisch verschlungen worden! Und die Menschen konnten das Schauspiel aus von Grauen erfüllten Augen heraus beobachten! Den jungen Teufel wiederum interessierte weder die erbarmungslose Armut, noch die brachiale Gewalt, mit der um den Schmaus gerungen wurde! Er hatte einzig und alleine sein Vorhaben im Sinn: Beelzebub, der in diesem Hort des Grauens versteckt sein sollte.

      Die Elendsstadt alleine genannt war ein recht schwacher Anhaltspunkt, denn der Ort war, trotz dessen er fast die kleinste der Dämonensiedlungen war, ziemlich groß. Er überlegte, wo er mit der Suche beginnen könnte. Mit einiger Verachtung im Gesicht erblickte er dass Alborquer Herrenhaus, das Anwesen von Shazgiem.

      Nein, den Stadtherrn würde er nicht bitten, ihm zu helfen! Aber an wen sollte er sich denn dann wenden?

      Menschen wollte er nicht fragen, auch wenn es ihnen in hier möglich war, andere Dämonen zu sehen, da viele von ihnen bereits tot waren. Dies war der Ort, an dem Drigorius seine Opfer herbrachte, um sie dem Siechtum und Elend auszuliefern. Doch das Lästige war, dass die Dämonen hier ebenfalls nichts als Abschaum waren, ihr Stadtherr eingeschlossen.

      Es schien, als würde es eine langwierige Suche werden und der Teufel fragte eine Gruppe von Trollen, Fimiren und Halbmenschen, die nicht ganz so verwahrlost aussahen wie der traurige Rest dieses Ortes, wo man hier etwas zu trinken bekäme. Denn abgesehen davon, dass Alborqu geradezu ein Synonym für armselig war, gab es hier die besten, für Dämonen ungefährlichen Getränke, da hier der Tua-Kail floss (in den aber unglücklicherweise des Öfteren die Besoffenen