Mephisto. Jörg Gugel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörg Gugel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738035643
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der Hexen und anderer Zauberwesen war ein Teil, die ihnen aus alten Büchern vorgelesen wurde. Auch wichtige Themen wurden an den Tag gestellt, die jedermann, oder besser gesagt „jederfrau“ einbringen konnte, da die 700 weißen Hexen ausschließlich weiblich waren. Man berichtete oft von den bösen, schwarzen Hexen, von denen es nur 666 Exemplare gab. Daher war das Gute auf der Welt noch in der Überhand, wie Mageira ihnen regelmäßig erklärte.

      Sammy wurde in der Gruppe der Hexen gut aufgenommen und war, wegen ihres kindlichen Äußerlichen und ihrer Frohnatur, bereits jetzt das Nesthäkchen, dass von den alten Weibern auch gerne einmal in die Wange gekniffen wurde (worüber sie sich gar nicht freute). Oder ihr wurde der ein oder andere Fehler schon einmal besser verziehen. Das war auch wichtig, denn Sammy – obwohl nicht dumm – hatte noch viel zu lernen. Sie war einfach noch unerfahren und wusste oft nicht, wie sie sich zu verhalten hatte, denn auch in dem Orden hatte man Etikette, die unbedingt eingehalten werden mussten.

      Als die junge Hexe das Haus verließ, sah sie, dass Mindy schon wartete.

      „Was glaubst du, was wir heute machen?“, fragte Sammy.

      Mindy zuckte mit den Schultern: „Ich habe von Grevia gehört, dass wir heute so etwas wie ein neues Gesetz bekommen. Aber Genaueres wusste sie entweder nicht, oder sie wollte es mir nicht sagen!“

      Mindy konnte sich mit Hilfe ihrer geistigen Kräfte mit einer der Ordenshüterin namens Grevia unterhalten. Diese erschien ihr als eine schneeweiße Katze, wann immer Mindy sie in Gedanken rief. Außerdem war Grevia Mindys Vertraute. Sie beide verband eine magische Bande, mit der sie sich stets in Verbindung halten konnten, egal wie weit sie voneinander entfernt waren. Dieser Umstand gab der noch recht jungen Mindy einen hohen Stellenwert im Orden, da Grevia eine überaus weise und geachtete Magierin war. Daher wusste sie meist, was im Orden vor sich ging und das war für Sammy sehr wichtig, da es ein Gesetz war, über den Stand der Dinge dort bescheid zu wissen. Wie sie das bewerkstelligen sollte war unwichtig. Aber zum Glück hatte sie ja Mindy.

      Als sie ein paar Minuten gewartet hatten, stockte plötzlich die Zeit und es erschien erneut der Geisterwolf, der ihnen die Mitteilung des Treffens überbracht hatte. Sammy und Mindy sahen sich kurz an, nickten und gingen beide auf dieses Wesen zu. Als sie es schließlich berührten, waren sie ohne jedes weitere Zeichen verschwunden.

      Nur wenige Sekunden danach standen sie in der Vorhalle des geheimen Hexenordens der weißen Mächte. Vor ihnen stand eine verhutzelte Frau mit einem Notizblock und einem Kohlestift: „Samantha Beth und Mindy Becarter anwesend! Guten Tag, ihr Süßen“, dabei lächelte sie und offenbarte ein paar Zahnlücken. Grevia war schon eine alte Hexe, hatte einen leichten Buckel und glänzend weißes Haar, das ihr in Locken um den Kopf wucherte. Ihr Gesicht war faltig, aber sehr freundlich, wie die nette Dame von nebenan. Doch derjenige, der sich dachte, dass die arme, alte Frau sich nicht zu wehren wisse, der wurde eines besseren belehrt, wenn sie aus dem Nichts bösartige Ranken aus dem Boden wachsen ließ, die ihr Opfer fest packten und erst wieder losließen, wenn Grevia ihnen dies befahl.

      Doch heute hatte sie keinen Grund, die beiden Mädchen mit ihren Schlingpflanzen zu bedrohen und ließ sie durch das große Eichenholztor, das etwa doppelt so hoch war, wie Sammy selbst.

      Die kleine Hexe ging voraus, gefolgt von ihrer besten Freundin und sah sich in einer herrlichen Halle wieder, deren Boden mit warmen Parkett besetzt war und von deren Decke große, gläserne Kronleuchter hingen, die den weiten Raum in ihr sanftes Licht aus Gold hüllte. Überall waren Sitzgelegenheiten, wie zum Beispiel ein brauner, gemütlicher Chintz-Sessel und ein dazugehöriges Sofa daneben um einen runden kleinen Marmortisch mit einer gehäkelten Tischdecke obenauf. Die Wände waren weinrot tapeziert und hie und da mit einem Portrait einer ehemaligen weißen, ehrwürdigen Hexe beschmückt. Die breiten Fenster offenbarten ihnen eine Landschaft, die es auf Erden nicht gab. Das Herrenhaus, indem sie sich befanden, hieß Auren-Ville und stand auf einem Vorsprung eines Berges, der über weite Felder hinab sah. Fast am Horizont endeten jedoch die reich mit Nahrung bestellten Äcker und offenbarten, dass sich die Welt dort scheinbar in Nichts auflöste, denn Sterne und Himmelsgefilde zeigten sich dahinter, drei Monde und zugleich auch die Sonne auf der anderen Seite des Firmaments. Man hatte also die Erde verlassen, um sich mit den Schwestern des Ordens zu verabreden. Wo dieser Ort war, das wusste nur die oberste Hexe, Mageira, die es von ihrer Mutter und die wiederum von der ihren erfahren hatte. Allen anderen war der Platz verborgen und nur dann auffindbar, wenn sie in das Gebäude eingeladen wurden. Selbst die Schwestern, die sich fast immer in diesem Ort befanden – wie Grevia – , machten da keine Ausnahme.

      Nun befanden sich um die 700 Hexen in einem Raum und warteten, dass das Treffen beginnen würde. Das Gedränge war trotz des voluminösen Raumes groß, aber alle waren erfreut darüber, dass sie sich wieder sehen konnten und erzählten von ihren Erlebnissen und Neuigkeiten, tauschten Erfahrungen von Flüchen und Zaubern aus und umarmten einander. Sammy und Mindy hatten ein paar ihrer Freundinnen gefunden, Alexa aus Glasgow und Ladive aus Dijon. Alexa war etwas fülliger, hatte rotes Haar und trübgrüne Augen. Sie schien immer zu schmollen und war auch meist pessimistisch gestimmt. Ladive war sehr zartgliedrig, bewegte sich geradezu graziös und war etwas eingebildet. Sie hatte lange, glatte, blonde Haare, die ihr vorne etwas in das hübsche Gesicht fielen.

      „´Allo, meine Lieben“, begrüßte sie Sammy und Mindy herzlich und küsste ihnen auf die Wangen.

      „Na, gibt es was neues bei euch“, fragte Sammy.

      „Niescht der Rede wert. Man erssählt siesch nur, dass Vialé seit einiger Sseit niescht mehr gesehen wurde. Iesch ´offe, ihr ist nieschts passiert!“

      Alexa verzog eine Miene. Sie sprach mit schleppender Stimme: „ich denke mal, dass sie entführt wurde! Wie würdet ihr euch sonst erklären, dass sie einfach so spurlos verschwindet?“

      „Ach ja“, lachte Mindy: „Optimistisch wie immer, unsere Alexa!“

      Doch viel Zeit zum Reden hatten sie nicht mehr. Die Doppeltür, die in einen nächsten, noch größeren Raum führte, öffnete sich knarrend und Mageira, eine alternde, jedoch trotzdem voller Anmut scheinende Frau mit langen Schals um ihren Hals und mit edlen Tüchern, Ringen und Spangen beschmückt, trat in den Saal, der augenblicklich mucksmäuschenstill wurde.

      „Findet euch nun in unsere heilige Halle ein.“ Danach drehte sie sich wieder um und ging mit erhabenen Schritten und gestreckter Haltung wieder hinein. Die anderen Frauen folgten ihr gespannt.

      Sammy bewunderte diesen Raum. Er war sehr schön und mystisch. Keine Fenster brachten das Licht der Sonne und der drei Monde und Sterne hinein, dafür aber tausende von Lichtkugeln, die an den Wänden hingen. Die Decke war nicht zu sehen, dafür aber tausende von kleinen Lichtern, von denen niemand wusste, woher sie kamen oder was sie waren. Stühle waren in Reihen aufgestellt und allesamt auf eine Art Bühne gerichtet, die so breit wie der Raum selbst war. Auf ihr stand ein kleines Podest, von wo man in die Menge sprach und von jedem gesehen und gehört wurde. Dies war ein Teil der Magie dieses Ortes, denn auch das leiseste Flüstern vorne war noch in den entferntesten Ecken zu hören. Das Beeindruckendste aber waren die Wände selbst, die von innen her schwach in Mustern leuchteten und stetig ihre Farben wechselten.

      Mageira stand nun vorne auf dem Podest, von dem zu den anderen sprechen würde.

      „Meine Schwestern“, eröffnete sie mit ernster, klarer Stimme: „Ich freue mich, euch in bester Gesundheit und großer Zahl begrüßen zu können. Ich heiße euch hiermit herzlich willkommen und eröffne das 3723. Ordenstreffen der weißen Mächte!“

      Einzelner Applaus erschallte durch den Raum.

      „Heute möchte ich euch über den Gefahren der Unterwelt berichten. Denn obwohl in aller Augen der ahnungslosen Menschen ohne jegliche Kenntnis über die Welt der Magie kein Zeichen des Übernatürlichen erscheint, sehen die Obersten des Ordens die wahren Schrecken unter uns. Sie sind befähigt, schwarzmagische Kreaturen zu erkennen und zu bekämpfen. Daher weilen diese für gewöhnlich nicht in der Oberwelt.“

      Bei diesen Worten bekam Sammy eine Gänsehaut. Sie suchte den Blick ihrer Freundinnen und entdeckte darin die Spiegelung ihrer eigenen Ehrfurcht vor den mächtigen Hexen.

      „Doch