Vater und Klon. Wolf Buchinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolf Buchinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742780416
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im Geld. Kann nichts damit anfangen.

      Außer es weiter zu vermehren.

      Es ausgeben, um wirklich zu leben?

      Aktiv sein und etwas Positives anfangen?

      Davon habe ich geträumt, das war’s dann schon.

      Ich habe mich nur um Zahlen gekümmert,

      nicht um Menschen

      Nun lebe ich, um zu sterben.

      Ich glaube nicht mehr an ein Wunder.

      Die Kommission hat Sie auserwählt!

      Holidrio! Wow! Das kann doch nicht wahr sein! Ich glaub‘, ich spinne! Yippiyeah!

      Scheiße …, mein ruhiges Leben ist vorbei! Endgültig. Für immer. Er wird mich überleben. Ich werde endlos weiterleben. In ihm. Mein Gott, ich bin der Erste, der sich einen unerfüllbar erscheinenden Lebenstraum erfüllen kann. Ich. Ich. Paul, der Unbedeutende. Paul, der bald Weltberühmte. Paul, der in wenigen Monaten direkt neben Gott stehen wird. Paul, Paul, wenn das deine Eltern wüssten … und Waldi, mein treuer Dackel, der leider zu früh überfahren wurde, ihn hätte ich auch gerne mitgenommen. Schade - und doch so schön! So schön! Puuh, ich muss mich schütteln, um es zu glauben!

      Ja, Paul ist wach, nein, er träumt es nicht wie schon so oft. Paul ist ausgewählt worden unter Hunderten von Bewerbern, vielleicht unter Tausenden. Mein Name wird in den Geschichtsbüchern stehen, gleich neben allen Entdeckern: Christoph Kolumbus und Paul, Neil Armstrong und Paul, warum so bescheiden, ich gehöre zu den allergrößten Weltveränderern: Jesus Christus und Paul. Haha! Paul Bo-cuse ist ein Nichts im Vergleich zu mir. Nach mir werden Städte und Schiffe benannt werden, Inseln und Sterne, „Paul’s Bier“, „Paul’s Lieblingschips“, „Paul fährt nur Toyota … falsch: Mercedes“.

      Paul, Paul, Paul, was ist nur aus dir geworden? Vor kurzem noch bist du fast vor Langeweile gestorben, du wusstest nicht, wie du den Tag rumbringen sollst, geschweige denn den Abend. Du hast deinen 70. Geburtstag alleine vor dem Spiegel verbracht, nur damit dir jemand zurückprostet. Du hattest nie wirklichen sozialen Kontakt, dafür haben dir deine Eltern goldene Löffel in die Wiege gelegt, die du reichlich vermehrt hast. Der Preis war die Einsamkeit mit deinen Bankkonten. Zu unattraktiv für Frauen, zu eklig zu Kunden, zu ungeschickt bei Gesprächen, selbst Small Talks hast du versaut mit unpassenden Bemerkungen. „Passt Ihre Krawatte wirklich zum Sakko?“ Und so bist du ein einsamer Wolf in einer großen Luxusvilla geworden. Deine Kontakte nach draußen wurden immer spärlicher und nur Edouard, die treue Seele, die du aus der Gosse gerettet hast, wohnt unten im Pförtnerhaus und kommt ausschließlich, wenn du ihn rufst.

      Schluss mit den Selbstgesprächen! Die Welt muss mein Glück erfahren!

      „Edouard, Edouard, es ist dringend!“

      „Oui, Monsieur Paul.“

      „Wie kommst du so schnell hierher?“

      „Isch abe vor das Tür gewartet, isch abe drei komische Typen nich hereingelassen, sie wollteten Sie filmen.“

      „Das war ein Fehler. Okay, das konntest du ja nicht wissen. Ich bin jetzt weltberühmt! Ich lese dir mal die brandaktuelle Mail vor.“

      „Brand – wo Monsieur?“

      „Nein, nein, keine Angst, lediglich eine ganz neue Info aus China.“

      „Sind die Aktien geklettert?“

      „Nein! Setz dich hin und hör zu! Vor ein paar Minuten hat mir Frau Professor Ming aus China geschrieben: *Sehr geehrter Herr Paul, nach langwierigen Selektionen und Diskussionen können wir Ihnen hocherfreut mitteilen: Unsere Kommission hat Sie auserwählt! Sie werden der erste Mensch in der Geschichte der Welt sein, der vollumfänglich geklont werden wird!*

      „Pardon, Monsieur, ich kennen das nicht, das Wort klone, ist das eine Art Zucht wie bei die Hünde oder die Mäuse?“

      „Edouard, du Dummkopf! Klonen heißt - äh …, also, das ist ziemlich schwierig, also, klonen heißt: Madame Ming macht aus winzigsten Teilchen von mir, die sie zusammensetzt und wachsen lässt, nochmals einen Paul, der total genauso aussieht und denkt wie ich. Also, das wird ein zweiter, ein neuer Paul. Na, da staunst du?“

      „Pardon Monsieur, rentiert sich das?“

      „Edouard, du Dummköpfchen, stell dir mal vor, es gäbe zweimal denselben Edouard, wäre das nicht schön?“

      „Non Monsieur, einer ist mir oft schon zu viel, ein Edouard, ça suffit!“

      „Ja, das kann ich mir vorstellen bei deinem Rotwein-konsum, e i n Kopfweh am Morgen genügt …“

      „Monsieur, bringt der neue Paul nochmals so viel Geld mit, wie Sie sind, pardon, haben?“

      „Nein, er kommt nackt und ohne alle Mittel auf die Welt.“

      „Das ist dumm, dann müssen Sie ihm die Hälfte von Ihrem Geld geben.“

      „Och, das kann ich mir leisten! Jetzt hör dir aber erst einmal den Rest der Mail an: *Gemäß unterschriebenem Vertrag erwarten wir Sie möglichst bald hier bei uns zu den notwendigen medizinischen Abklärungen und zur Ent-nahme der diversen Gewebeteile. Bitte rechnen Sie mit einer Gesamtdauer von sieben bis zehn Tagen. Für Ihren Aufenthalt ist alles bestens vorbereitet. Falls Sie Medikamente einnehmen, bringen Sie diese bitte mit. Wir erinnern Sie auch an die fünfzig Prozent Anzahlung auf die Gesamtsumme. Wir freuen uns* … blablabla

      „Chef, pardon, was koste das?“

      „Nix viel. Nach zwölf Jahren hier bei mir solltest du doch wissen, dass es heißt: Was kostet das?“

      „Oh pardon Chef, was kostet Kosten?“

      „Oh mon Dieu, alles zusammen 15 Millionen plus Flüge und so.“

      „Kosten kosten … und seit sechs Jahren abe isch keine Kostenerhöhung bekommen …“

      „Wenn du für uns beide kochen musst, dann gibt es mehr L o h n, nicht Kosten, okay?“

      „Aber Chef, lohnt sich denn so viel Lohn für die Chinesin?“

      „Tut mir doch nicht weh, in drei Wochen habe ich das an der Börse wieder reingeholt!“

      „15 Millionen?“

      „Oui, 15 Millionen.“

      Jetzt ist er still, das kann er sich nicht vorstellen, irgendwo ab dreihundert wird’s bei ihm schwierig mit dem Rechnen.

      „Edouard, bisher war es unmöglich, ein Leben selbst zu erzeugen und jetzt kann sie es! Das wäre mir auch zehnmal mehr wert.“

      „Oh là là, 200 Millionen, das kann ich mir nicht vorstellen. Chef, mach Sie es für den alten Monsieur Paul oder für den neuen Monsieur Paul?“

      „Schwierige Frage. Weißt du Edouard, zuerst einmal für mich, ich bin so einsam, so allein …“

      „Isch abe Sie tausend Mal zu mir für eine Flasche Wein eingeladen, Sie sind nie gekommen.“

      „Merci, merci, aber Alkohol ist nichts für mich.“

      „Wegen den Kosten oder weil Sie nischts dabei verdienen können?“

      „Hallo, jetzt wirst du aber frech!“

      „Pardon, mein Problem, immer ehrlisch sein zu müssen.“

      „Und ich tue es auch für mein zweites Ich. Nichts ist schöner, als sich selbst noch einmal zu sehen und zu erleben. Wir könnten alles zusammen machen, stundenlang diskutieren …“

      „Pardon, aber Sie kennen doch schon ihre eigene Meinung!“

      „Aber Edouard! Wir könnten aus meinen Fehlern lernen, vieles besser machen …“

      „Also noch mehr Geld verdienen?“