Der Sturm der Krieger. Paul D. Peters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul D. Peters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738069273
Скачать книгу
öffneten sich, offenbarten ein silbernes Glühen zwischen den Lidern. Allen Tod vermochte bloß ihr Blick, doch als sie Kla'ach mit seinem Siegel erkannten verschwand die Drohung zwischen den Schlitzen und so verweilten sie so ungerührt wie zuvor.

      Sodann traten sie hinein, in die Brutkammer der Göttinnen von Schwinge und Klaue. Bis zu den Knien ging der grün schimmernde Nebel, der aber ebenso das Violett der hoch leuchtenden Irrlichter reflektierte. Stickiger konnte die Luft kaum sein, so dachte Galdor. Sie roch intensiv nach Moschus, feuchtem Stein und irgendwie nach ranziger Milch. So manch weitere Duftnote, die sich kaum zuordnen ließ, erfüllte ihn teils mit Ekel, teils mit einer Form von Lüsternheit, die er aber gegenüber sich selbst nicht zugeben wollte. Seine Haut begann sofort heftig zu schwitzen. Mit seinen Sinnen spürte er die enorme Präsenz von Macht, die sich hier konzentrierte und die besonders vom Dunkel im weiter hinter gelegenen Teil der Halle ausging.

      Etwas mühevoller ging der bucklige Kla'ach weiter voran. Er wirkte etwas erschöpft, aber auch nervös, denn sogleich würde er seinen Göttinnen gegenüber treten. Immer wieder blickte er zurück auf den Mann in schwarzer Robe, der ihm nicht schneller folgen wollte.

      Jetzt sah Galdor die ersten Eier, die aus den Schlieren heraus ragten. Weiß und fleischig waren sie, groß und kühl. Bis knapp unter das Kinn des Hexers reichten sie in der Höhe, manche waren auch kleiner, manche ganz offensichtlich deformiert, manche wiewohl deutlich größer. Sie waren Schale und Haut, aber im Inneren waren sie allein Leben, neues Leben. In jedem wuchs ein Skrael heran, ein neues Kind der neuen Rasse, die erst seit wenigen Jahrhunderten auf dieser Erde wandelte und ihren Schrecken auf Geheiß ihrer Schöpferinnen in die Welt hinaus trug.

      Ergriffen war er, der Magier des Abgrunds, denn er stand inmitten eines der mächtigsten Schöpfungsakte seit Anbeginn der Zeitalter. Doch nicht die Allmutter hatte all dies hier getan, nein, mit der Macht des Abgrunds, mit dem großen Sakrileg hatten sich Matronen zu Göttinnen erhoben und sich dieses Land genommen um alles Land zu erobern, um allein im Dienste des Weltendrachens den Boden zu bereiten für die Dritte Niederkunft, denn die gesamte Steppe sollte zum ersten Aufmarschgebiet der Armee der Finsternis werden.

      Berauscht von der Bedeutung all dieser Gedanken war Galdor Ird Shandrach vor einem der größten Eier stehen geblieben und wollte dieses mit zittriger Hand berühren. Es war eindeutig erst frisch gelegt worden und überragte ihn deutlich. Mit Feuchtigkeit glänzte es noch, mit dem Schleim des Gebärens. Weiter noch streckte er die Hand, er fühlte bereits das Wesen darin, einen perfekten Krieger mit Flügeln, einen Skaru-Kai, der schon sehr bald schlüpfen würde und sich alsbald zu den Seinen in himmlischen Schwärmen zu erheben, auf dass all diese ihre Verderbnis auf die Länder von oben herab speien mochten, aber ehe er tatsächlich die Schale mit kribbelnden Fingerkuppen berühren konnte ertönte plötzlich ein berstendes Zischen und das donnernde Rascheln von Federn. Laut und dröhnend hallte es ihm quer durch die Halle entgegen. Etwas bewegte sich in der so hohen wie tiefen Finsternis vor ihm, etwas von gewaltiger Größe.

      Kla'ach schien verschwunden. Das große Ei ließ er hinter sich und langsam bewegte sich der Hexer auf den Säulenbogen vor ihm zu. Kurz schimmerte da wieder etwas auf, kurz funkelten da zwei Augen. Sie hatte ihn angesehen, scharf und hart. Ihre Schuppen und ihre Federn machten erneut dieses knisternde, raschelnde Geräusch. Ihre enormen Schwingen rieben sich an den Wänden, an der Decke. Gänzlich erkennen konnte Galdor Ird Shandrach sie nach wie vor nicht, denn sie hielt sich weiterhin im Schatten auf. Ein etwas höher schwebendes Irrlicht warf für einen Augenblick einen Schein auf ihre gewundenen Hörner, auf ihre verzerrte Fratze, die wohl mehr menschliche Züge haben mochte, aber zugleich sowohl Vogel als auch Weib spottete. Das Irrlicht erlosch sofort mit ihrem Gedanken daran.

      Der Hexer wagte noch einige weitere Schritte vorwärts, aber irgendwann hatte er das ganz starke Gefühl, dass er hier und jetzt stehen zu bleiben und abzuwarten hatte. In gewissem Sinne mochten sie Wesen von gleicher Macht und mit dem gleichen Herren sein, die darüber hinaus ein in Notwendigkeit geschmiedetes Bündnis miteinander einte, aber eine letzte Verachtung hatten sie stets füreinander übrig. Und eine solche Begegnung war ebenso stets ein Messen ihrer jeweiligen Kräfte, denn beide ließen den jeweils anderen spüren, dass sie den Freund sofort zum Feind machen konnten und im direkten Kampf nur einer obsiegen würde. Aber während der Hexer sich mit tiefster Ehrlichkeit, die er natürlich nie nach außen hin zugeben würde, sich nicht ganz sicher war, ob er ein Drachenweib im Duell zerstören konnte, so wusste die selbst ernannte Göttin von Schwinge und Klaue ganz genau, dass sie die schwarze Made jederzeit zertreten könnte. Und selbst wenn es ihr nicht gelänge, so würde es eine ihrer Schwestern tun oder die ganze Rasse von zig tausenden Kriegern, die alleine ihnen auf ewig dienten.

      Galdor Ird Shandrach neigte dann doch sein Haupt. Die Karikatur des Hofzeremoniells gebot es ihm sogar zu knien. Ein sanfter Regenschleier erschien plötzlich vor diffusem Licht und Dunkel. Eine eigene Atmosphäre hatte sich knapp unterhalb des Deckengewölbes gebildet und manchmal kam all die aufgestiegene Feuchtigkeit von oben herab. Wassertropfen von einem Himmel aus Stein. Irgendwann endete dieses seltsame Schauspiel von Regen inmitten einer Halle unter der Erde.

      Vor sich hörte er irgendwo fast kaum wahrnehmbare Worte Kla'achs, der anscheinend doch nicht einfach so verschwunden war. Offenbar verkündete er gerade offiziell die Ankunft des entsandten Magiers vom Zirkel des Abgrunds. Die beiden gewirkten Zauber des Hexers ließ er in einem knappen Nachsatz nicht unerwähnt. Endlose Ehrfurcht lag da in seinen nervösen Worten. Seine Göttin fauchte ihm fast zärtlich etwas zu und mit tapsenden Schritten begab sich der Lakai hinfort.

      Einen Moment lang war es einfach nur totenstill in dem Gewölbe. Nichts rührte sich im Dunkeln, die Nebel krochen stumm zwischen der Tausendschaft von Eiern. Erneut einige Regentropfen.

      Ein angestrengtes Stöhnen hallte aus dem Dunkel zu seiner Linken herbei. Es war also zumindest ein weiteres Drachenweib im hinteren Teil des Nests anwesend und diese mochte tatsächlich genau jetzt weitere Eier legen. Da spürte der Hexer auch ihre Woge der Macht und ja, jetzt fühlte er im Nacken den bohrenden Blick einer weiteren Herrin der Skrael. Diese musste nach ihm in die Halle gekommen sein und versperrte ihm nun demonstrativ den Ausgang. Drei also. Der Hexer sollte ganz genau wissen, dass es drei waren.

      Irgendwie gefiel ihm diese Situation gerade gar nicht. Die Intensität von der vereinten Macht so vieler Drachenweiber wirkte nun eindeutig bedrohlich, ja feindlich ihm gegenüber. Gemeinsam könnten sie ihn leicht vernichten. Es mochte wenig Sinn haben und fast rein instinktiv geschehen, als Galdor verdeckt einen Zauber zu seinem Schutz zu weben begann, aber für einen Moment gewährte ihm dies das Gefühl von Sicherheit, welches aber sofort wieder verflog, denn natürlich fiel ihm sogleich ein, dass dies gerade in ihrem Nest strengstens verboten war und er ohnehin keinerlei Gebrauch von Magie vor ihnen verbergen konnte.

      Sie lachte. Ein heiseres, dröhnendes Glucksen drang aus der Finsternis vor ihm, das sich zu einem Kichern steigerte und irgendwann mit abgehacktem Lachen mit klackernden Untertönen endete. Sie amüsierte sich ob seiner Dummheit und seiner so offen gezeigten Angst. Kurz darauf ließ sie seine zuvor gerufene Fackel über dem Stab erlöschen. Er hätte es nicht einmal verhindern können.

      Ein Rascheln, ein Scharren. Der Widerhall, allumfassend. Sie bewegte sich langsam auf ihn zu. Die Fratze zeigte sich wieder im fahlen Licht und mit den zur Schau gestellten Zähnen eines viel zu breiten Lächelns wirkte der Anblick noch grotesker, noch schrecklicher. Hörner wie jene der Wilden Götter, die beinahe an der Decke kratzten, krönten das Haupt. Eine Mähne aus Federn. Langes, karmesinrotes Haar in glänzender Glätte hing weit über die Schultern herab. Spitze Ohren. Zerdehnte und schräg geschlitzte Augen, die in vollkommener Dunkelheit funkelten. Schuppen und Gefieder in schillernden Farben, die sich manchmal zu verändern schienen. Rot, Grün und Schwarz. Sie breitete im Ansatz ihre enormen Flügel aus, stützte sich mit einem Arm nach vorne hin ab. Klauen an sechsgliedrigen Fingern. Fahle Brüste ragten weit aus dem Federkleid hervor. Die Beine waren gerade nicht zu sehen, lediglich die Schenkel im Ansatz. Ihr schuppiger Schwanz eines Drachens peitschte aufreizend.

      Es war ein Monster und doch war es zugleich eine Frau, in ihren Zügen, in ihrer Gestalt. Manch dezente Merkmale wie die Nase im Antlitz, die Wangen, die Schultern oder die Form ihrer Beine waren tatsächlich von Anmut. Galdor fühlte sich für einen Moment in perverser Weise sogar