Der Sturm der Krieger. Paul D. Peters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul D. Peters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738069273
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sich Jahrtausende nach Errichtung alle Räumlichkeiten einem jeweiligen Nutzen zuordnen, aber Galdor Ird Shandrach vermutete, dass viele nur um ihrer selbst willen entstanden waren oder um in kryptischer Weise und mit mythischer Anordnung als Lobpreisung der Allmutter zu dienen. Der Hexer bezweifelte, dass selbst die Göttinnen von Schwinge und Klaue ihren selbst erwählten Hort bis in den in den letzten Winkel kannten oder gar alle seine Geheimnisse entschlüsselt hatten. Sie selbst nutzten ja ohnehin nur einen Teil dieses ausufernden Komplexes von Khyraz Draag .

      Nachdem der Skrael Kla'ach ihn durch drei weitere Hallen geführt hatte, gelangten sie schließlich in einen großen Raum mit zahlreichen Säulen. Drei flugfähige Diener der Brut flatterten gerade durch das Maßwerk der oberen gotischen Fenster hinaus. Irgendwo im Schatten einer zerbrochenen Ecke wand sich etwas mit Tentakeln. Etwas anderes, das einer Schlange mit einem menschlich anmutenden Kopf und zu großen Augen glich, schlängelte sich an einer der Säulen empor, hielt dann inne um neugierig und kalt auf den Hexer und den Lakaien hinab zu blicken.

      Galdor war zwar ungerührt von der Präsenz dieser Bewohner des Hortes, aber Kla'ach gebot ihm dennoch, etwas rascher voran zu schreiten.

      Schließlich gelangten sie zu einer enorm breiten Säule, die aus einem kreisförmigen Schacht heraus ragend sich bis zum obersten Gewölbe erstreckte. Zugleich führte sie aber weit in die unteren Stockwerke hinab und mochte gar bis tief in die Felskruste des Berges hinein reichen. In einer Spirale wand sich eine Treppe um die Säule herum.

      Es sollte ein sehr langer Abstieg werden. Insgesamt mochten sie bereits eine Stunde unterwegs sein, so wurde dem Hexer bald gewahr. Inzwischen begann ihn die Ornamentik mit der die große Säule selbstverständlich reich verziert war und die ihn zuvor noch so fasziniert hatte, sogar zu langweilen. Eigentlich könnte er sich mit seinen Kräften auf verschiedene Weise schneller fortbewegen, wenn er es wollte, aber das Zaubern war ihm hier leider verboten.

      Direkte Teleportation oder gar das Heraustreten aus der Geisterwelt hatten die Göttinnen von Schwinge und Klaue bereits vor Jahrhunderten durch das Weben spezieller Zauber verhindert. Dadurch gab es abgesehen von der Halle mit dem Sphärenportal, welches mit einem weiteren in der vorgelagerten Feste direkt verbunden war, keinerlei Zugänge zu Khyraz Draag. Alle anderen Straßen, Aufgänge und Treppen hatten sie längst zerstört. Einen Tunnel gab es noch, einen einzigen, aber weder ließ sich dieser zum Einsturz bringen noch hatten jemals dessen mit Zaubern versiegelte Pforten geöffnet werden können. Jegliche Armee zu ebener Erde würde jedenfalls unmöglich die Zitadelle erobern können. Allein durch die Luft gelangte man vergleichsweise einfach in ihren Hort, wären da nicht die tausenden geflügelten Skrael, die als ihre Leibgarde den Himmel über der Zitadelle beherrschten. Und im Weltschatten lauerte ebenso noch manch dunkler Geist, der zum Schutze diente, so wie der Wächter der Brücke, welchen Galdor persönlich herbei gerufen hatte. Noch immer war er ein wenig stolz auf diesen Akt, denn mit dem Binden dieser Ungeheuerlichkeit aus dem Schoße des Weltendrachens hatte er seine große Macht vor allen anderen bewiesen. All dies hatten er und sein Zirkel für die Göttinnen von Schwinge und Klaue vollbracht, denn durch ihre Geburt in Verderbnis hatten die Herrinnen des Horts die Gabe der Geister verloren. Ein Fluch der Allmutter, so hieß es. Ihr Hauptgrund für das Bündnis mit den Hexern.

      Irgendwann hatte Kla'ach seinen Begleiter in jene Stockwerke geführt, die nicht mehr von riesigen Fenstern im Fels erhellt wurden. Hier begann die tiefe Dunkelheit. Allein schummrige Irrlichter, die in der Luft schwebten, erlaubten eine Ahnung von den gewaltigen Gewölben und jenen Augen eine Orientierung, die die Finsternis nicht zu durchdringen vermochten.

      Galdor Ird Shandrach bevorzugte aber schließlich doch deutlich mehr an Sichtbarkeit. Kurz hielt er im Gang inne und hämmerte zweimal seinen Metallstab auf die Stufe und murmelte eine knappe Formel. Eine grüne Flamme entzündete sich mit einem Zischen aus dem Nichts direkt über seinem Fokus-Artefakt.

      Der Lakai vor ihm zuckte überrascht zusammen. Mit nervösem Augen überlegte er offenbar kurz, ob er das Wirken eines Zaubers dem Gast mit mahnendem Wort wieder verbieten sollte, aber er schwieg lieber. Der Magier in der schwarzen Robe quittierte dies mit einem Grinsen. Solch ein minderes Wesen zeigte wiederholt Angst vor ihm und seinen Kräften, was ihm natürlich erneut gefiel. Später würde er sich wohl vor den Drachenweibern rechtfertigen müssen, weshalb er einen magischen Akt - sei dieser auch noch so einfach und harmlos gewesen - in ihrem inneren Hort ohne Erlaubnis gewirkt hatte. Galdor war dies gerade aber mehr als gleichgültig. Der Skrael humpelte weiter die Treppe hinab und mit einer Geste seines verkrüppelten Armes bedeutete Kla'ach dem Hexer weiter zu folgen.

      Die Luft wurde nun deutlich stickiger. Und sie stank. Sie stank fürchterlich, zumindest befand dies Galdor so. Das Brutnest war nah.

      Mit der letzten Stufe hatten sie die unterste bewohnte Ebene erreicht und nach dem Durchqueren eines schwer bewachten Torbogens gelangten sie in eine gewaltige Säulenhalle. Kla'ach und Galdor Ird Shandrach schritten an einfachen Behausungen und Zelten vorüber, an in Wände gehauene Höhlen und aufgebrochenen Gruben. Neben magischem Licht waren es auch viele Fackeln und Feuerstellen, die die Weitläufigkeit des Raums etwas mehr erhellte und stetig vor sich hin knisterten. Trübe Schatten, diffuser Schein. Unrat und Schmutz lag am Boden, ebenso wie herabgefallene Mauerteile. Ein schummriger Nebel ließ die Füße beinahe verschwinden. Stickige Luft, bissige Gerüche. Die Lakaien der Skrael kochten, schmiedeten, brauten, werkten und bauten. Neben den starren Wächtern ein stetes, geschäftiges Treiben.

      Die Vielgestalt der im Grunde allein für den Krieg gezüchtete Rasse in ihren groben Rüstungen und zerfetzten Lumpen überraschte den Hexer doch erneut. Die humanoide Form mit dem Schnabelgesicht traf für die meisten zu, aber es schienen sich neue Mutationen und Deformierungen mit jeder weiteren Generation zu entwickeln. Manche waren gar kaum lebensfähig, geschweige denn konnten diese Exemplare kampffähig sein, aber hier waren sie alle gemeinsam versammelt.

      Auffällig in der Schar waren die vielen Elitekrieger, die hier als Leibwache in glänzend roten Rüstungen stationiert worden waren und streng auf jede seiner Bewegungen achteten. Meist standen sie auf erhöhten Positionen, einige andere patrouillierten in kleinen Verbänden zwischen Mauern und Behausungen, doch wie alle anderen ließen sie ihn einfach seines Weges gewähren. Niemand hielt ihn auf, niemand sprach ihn an, niemand wagte gar eine Berührung. Kla'ach humpelte voran mit seinem Siegel und allen war klar, dass hier eine weitere Audienz stattfand. Drehen von Köpfen, spöttisches Klackern, misstrauische Augen.

      Sie alle erkannten ihn zunächst als Eindringling. Der Hexer spürte ihren Hass, ihre Verachtung für den Menschen in ihren Reihen, im Schoße und Ursprung ihrer Existenz, aber sie wussten ebenso, dass er ein Verbündeter ihrer heiligen Mütter war, dass er wie sie alle hier mit dem dunklen Traum des Weltendrachens geboren worden waren. Dies hatten sie alle zu akzeptieren und nicht wenige - dies wusste Galdor ebenso - fürchteten ihn ob seiner bloßen Präsenz, denn in welcher Tiefe der Erde sie auch hier leben mochten, er hatte in den tiefsten aller Abgründe geblickt und er hatte die Macht von dort mitgenommen.

      Galdor und Kla'ach schritten weiter und am Ende der Halle war bereits ein enormer Torbogen, der den Eingang zum Allerheiligsten für alle Skrael darstellte, zu erkennen.

      Für einen interessanten Fakt befand Galdor erneut, dass, obwohl es sich eigentlich um eine Kriegerrasse handelte, erstaunlich wenig an Aggression oder gar Gewalt passierte. Ja, ein scharfes Keifen hie und da, eine schneller Schlag der Ablehnung, aber kein tatsächliches Verletzten von Körpern, kein Geschrei des Zornes oder gurgelnder Blutrausch. Der Grundton all ihren Handelns in diesem Hort war offenbar erfüllt von einer beinahe heiligen Andacht und nicht zuletzt von einer gewissen Konzentration auf die Vielzahl ihrer Aufgaben. In manchen Belangen mochten sie gar besser sein, als die Menschen es waren, so dachte Galdor. Der Hexer fühlte aber noch eine Aufregung, eine große Erwartung im Geiste all dieser Kreaturen. Ihre neuen Geschwister würden schon sehr bald schlüpfen und die Brut würde wieder größer werden.

      Und so gelangte der Lakai und der Hexer schließlich zu einem kolossalen Portal, in dessen Giebel und Rahmen so unheilige wie mächtige Runen in den Stein der Unsterblichen gehauen worden waren. Dicke Schwaden krochen aus dem Dunkel hervor und verflüchtigten sich nur trotzig. Zwei Wächter von enormer Größe standen jeweils zu beiden Seiten, regungslos und kalt. Beinahe wirkten sie