kleine Ewigkeit. H. Loof. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: H. Loof
Издательство: Bookwire
Серия: kleine Ewigkeit
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742710246
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dabei zufällig auf Kerwin zu stoßen, war ziemlich aussichtslos. Nach kurzer Überlegung kam sie zu dem Schluss, dass nur die Leute vom Schlangenclan ihr helfen konnten Kerwin zu finden. Wahrscheinlich war Kerwin sogar von diesen Leuten entführt oder sogar getötet worden. Wobei, sie hatte keine Leiche gefunden.

      Also entführt!, dachte sie hoffnungsvoll.

      Die Lage hatte sich damit aber noch weiter verschlechtert. Nun hatte sie es nicht nur mit 6 kampferprobten Männern zu tun, sondern gleich mit einem ganzen kriegerischen Stamm. Zudem wusste sie nicht mal, wo sie nach diesem Clan suchen sollte. Für eine kurze Zeit übermannte sie die Verzweiflung. Aber der Gedanke, dass sie an dieser Misere schuld war, holte sie wieder aus den destruktiven Gedanken zurück.

      „Wenn ich nicht weiß, wo die Kerle zu suchen sind, muss ich eben jemanden finden, der das weiß!“, murmelte sie wütend und machte sich daran wieder den Weg zurück zur Hauptstraße zu nehmen, um ihr dann weiter zu folgen.

      Es musste schon nach Mitternacht sein als sie am Rand der Straße dunkel ein kleines Bauerngehöft entdeckte. Leise und vorsichtig nährte sie sich den Gebäuden. Der Gutshof war nicht mal eingezäunt, so dass Amber ohne Behinderung bis zu dem Hof zwischen Scheune und Wohnhaus gelangen konnte. Sie schlich sich zur Scheune und probierte dabei möglichst wenig Spuren zu hinterlassen. Das große Scheunentor stand ein wenig auf und Amber quetschte sich hinein. Es roch nach Stroh und Heu. In dem düsteren Mondlicht, das durch die schmalen Fenster und Ritzen hereinfiel, suchte sich Amber in der hintersten Ecke auf dem Stroh ein Nachtlager. Sie legte sich hin, bedeckte sich etwas mit dem Stroh und rollte sich so gut wie möglich ein, um die Kälte etwas erträglicher zu machen. Sie wollte eigentlich nur etwas ausruhen. In Erinnerung an das Grauen und die Toten des letzten Tages dachte Amber, dass sie nicht einschlafen könnte. Doch die Erschöpfung sorgte für einen schnellen und tiefen Schlaf.

      ***

      Die Beine bewegten sich nur langsam und unter äußerster Anstrengung durch die dunkelrote, fast schon sirupartige Flüssigkeit. Amber versuchte verzweifelt die kleine Tür am Ende des Raumes zu erreichen. Aber das Blut, das ihr bis zu den Knien reichte, schien ein Eigenleben zu führen und sie unbedingt daran hindern zu wollen. Nach einer gefühlten Ewigkeit gelang es ihr endlich doch noch die Tür zu erreichen und sie zu öffnen. Vor ihr stand ein hässlicher Mann, der ihr den Rücken zugewandt hatte und Ambers beide Schwerter in der Hand hielt.

       Warum weiß ich, dass er hässlich ist?

      Von irgendwoher hörte sie leise eine kleine Mädchenstimme: „Töte ihn, füge ihm Schmerzen zu, räche mich!“

      Die Stimme klang verängstigt und traurig. Amber wusste wem sie gehörte und sie sah noch mal das Bild von Galina vor sich, wie sie mit aufgeschlitzter Kehle in ihrem eigenen Blut auf dem Boden lag. Der Blick von Amber wanderte langsam abwärts zu ihrer Hand, in der ein langes Messer lag. Kraftvoll stieß sie immer wieder auf den Mann ein und erwachte.

      Der Traum spukte noch durch ihren Kopf als sie blinzelnd die Augen öffnete und feststellte, dass es schon hell war. Die letzte Nacht hatte in ihrem Inneren diesen Nachhall erzeugt, der aber erstaunlicherweise der Realität sehr nahekam. Natürlich war sie nicht durch ein Meer von Blut gewatet. Allerdings stimmte es, dass sie die Wache hinter der Tür brutal getötet hatte und das wohl, weil sie an die Ermordung von Galina dachte.

      Vielleicht treffe ich auch noch auf deinen zweiten Mörder, dachte sie traurig und hätte am liebsten vor Wut über die EINZIG WAHRE KIRCHE aufgeschrien.

      Müde und zerschlagen grub sich Amber aus dem Stroh aus und als sie endlich wieder den normalen Boden unter den Füßen hatte, legte sie ihre Schwerter beiseite. Ein Bett im Stroh klang zwar immer gut und es hatte sie auch leidlich warmgehalten, allerdings sorgten die Halme in ihrer Kleidung nun für einen Juckreiz, der einen in den Wahnsinn treiben konnte. Nachdem sie Ihre Kleidung so gut es ging von den Strohresten befreit hatte, überlegte sie, wie es jetzt weiter gehen sollte. Sie hatte noch keine Entscheidung fällen können, als Geräusche andeuteten, dass jemand die Scheune betrat. Nervös wartete sie auf den Neuankömmling. In Lumpen und einem viel zu dünnen Mantel betrat ein Kind die Scheune und näherte sich neugierig. Das kleine, etwa 10 Jahre alte Mädchen schaute Amber mit großen Augen an. Trotz ihrer Jugend schien es sofort die Situation zu erfassen.

      „Hab keine Angst, ich tue Dir nichts.“, die leise gesprochenen Worte von Amber sollten beruhigen, aber scheinbar war das gar nicht notwendig.

      „Ich habe keine Angst, aber Du solltest Dich fürchten.“, kam die gelassene Antwort von dem Kind.

      „Draußen sind Gardisten der Kirche und fragen nach einer Frau. Einer bösen Frau.“

      „Nein, böse bin ich nicht.“

      Das Mädchen musterte sie skeptisch.

      „Was ist mit Deiner Hand los?“

      Der notdürftige Verband, der um Ambers rechte Hand gewickelt war, sah inzwischen wirklich unansehnlich aus. Das getrocknete Blut hatte sich mit dem Staub der Umgebung zu einer harten schmutzig braungrauen Masse verbunden. Zudem hatte Amber das Gefühl, dass sich die Wunden entzündet hatten. Nur traute sie sich nicht den Verband abzumachen und nachzusehen.

      „Ich habe mich nur etwas an der Hand verletzt. Ist nicht weiter schlimm.“

      „Sieht aber schlimm aus. Mein Opa hatte sich auch mal an der Hand verletzt. Jetzt ist er tot.“

       Na toll. So ein klugscheißendes Kind hat mir gerade noch gefehlt.

      Bevor Amber etwas auf die Äußerungen erwidern konnte, unterbrach ein gellender Schrei ihre Unterhaltung.

      „Mama, das war Mama!“

      Blitzschnell drehte sich das Mädchen um und stürzte aus der Scheune. Amber stand da und verfluchte die Situation. Sie war gerade so überrascht gewesen, dass sie einfach nicht schnell genug hatte eingreifen können, um das Kind zurückzuhalten. Immer noch fluchend griff sie zu ihren Waffen und machte sich daran dem kleinen Mädchen zu folgen. Vorsichtig schaute sie aus dem Scheunentor hinüber zum Bauernhaus. Der Platz zwischen der Scheune und dem Haus war leidlich vom Schnee befreit und an vielen Stellen lugte der braune, hartgefrorene Boden hervor. Keine Person war zu sehen. Es war alles ruhig, nur die Eingangstür vom gegenüberliegenden Haus bewegte sich noch ein wenig. Ein weiterer Schrei, diesmal von dem Mädchen, ließ Amber zusammenzucken. Mit einem splitternden Geräusch zerbarst das Fenster in der oberen Etage und ein kleiner Körper flog aus dem Haus und schlug mit einem dumpfen Knall auf dem harten Boden auf. Schnell rannte Amber über den Hof darauf zu.

      Vor ihr lag das kleine Mädchen und rührte sich nicht. Es hatte sich offensichtlich bei dem Sturz das Genick gebrochen. Wütend verstärkte Amber den Griff auf ihre beiden Schwerter noch mehr und spürte den stechenden Schmerz in ihrer verletzten, rechten Hand.

      „Warum musstest Du nur einfach so loslaufen?“, flüsterte sie leise und machte sich auf den Weg ins Bauernhaus.

      Die Eingangstür führte auf einen dunklen Flur, von dem mehrere Türen abgingen. Am Ende des Flures führte eine Holztreppe in die obere Etage. Von dort drangen ein paar Geräusche zu ihr herüber, als ob jemand Schubladen und Schränke durchsuchte. Leise schlich Amber die Treppe hinauf und setzte dabei ihre Schritte an den äußersten Rand der Stufen, um möglichst keinen Laut zu verursachen. Nur ein einziges Mal knarrte die Treppe verräterisch, allerdings schien dies keiner bemerkt zu haben. Oben angekommen, blieb Amber erst mal stehen, um zu hören, aus welchem Zimmer die Geräusche drangen.

      Vorsichtig öffnete sie die angelehnte Tür auf der rechten Seite. Ein Kirchenkrieger der ROTEN GARDE stand mit dem Rücken zu ihr und versperrte ihr die weitere Sicht in den Raum. Mit Wucht stach sie ihr linkes Schwert in den Rücken des Mannes, das es vorne am Bauch wieder austrat und versuchte dann mit ruckartigen Bewegungen noch möglichst viele Organe im Körper zu zerschneiden. Auf den Schmerzensschrei des Kirchenkriegers gab es eine Antwort aus dem Raum und Amber konnte, über den nun zusammengesackten Körper sehen, dass sich noch eine Person im Raum aufhielt. Mit brachialer Gewalt zog sie ihr Schwert wieder heraus und sprang über den sterbenden Mann ins Zimmer. Der andere Gardist hatte inzwischen