Dämon III. Alfred Broi. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Broi
Издательство: Bookwire
Серия: Dämon
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742795526
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Dämon starrte ihn mit seinen schwarzen, toten Augen an.

      Francesco nickte. „Genau!“ Er lächelte fast schon zufrieden.

      Das wäre kein guter Tausch! Die Stimme klang fast höhnisch.

      Francesco verlor augenblicklich sein Lächeln.

      „Augenblick mal…!“ hob Christopher an und seine Stimme klang leicht verärgert.

      Doch der Alte deutete ihm mit einem Kopfschütteln an, den Mund zu halten. „Du weißt aber schon, was ich bin?“ meinte er dann.

      Der Dämon lachte heiser auf, seine Stimme dröhnte kurz durch die Halle. Natürlich! Aber ich bin mir sicher, du weißt auch, wer er ist!

      „Er?“ Francesco lachte beinahe verächtlich auf und warf Christopher einen abschätzigen Seitenblick zu. „Er ist ein räudiger Bastard, der sein Gehirn im Schwanz herumträgt! Vollkommen unwichtig und nutzlos!“

      „Hallo?“ Christopher war sichtlich geschockt und sah den Alten mit großen Augen an. „Sag mal geht´s noch?“ Doch Niemand reagierte auf ihn.

      Samael lachte heiser. Ich sehe etwas anderes in ihm!

      Jetzt lachte auch Francesco auf. „Ich weiß, aber…!“ Sein Blick wurde urplötzlich sehr ernst. „….es wird dir nicht gelingen, es an dich zu bringen!“

      Für einen kurzen Moment schwand das Leuchten aus den Augen der Kreatur, dann aber lächelte sie wieder. Ich denke doch!

      „Ich konnte sehen, dass du es bereits versucht hast,…!“ Der Alte fixierte den Blick des Dämons. „…vergeblich!“ Als Antwort erhielt er ein mürrisches Brummen. „Das Tor ist perfekt in ihm platziert…!“ Francesco merkte, wie Christophers Blick sich verfinsterte. „Du kannst es nicht an dich nehmen, ohne ihn zu töten!“

      „Tor?“ Christopher war sichtlich total verwirrt, aber auch wenig geduldig. „Platziert? Häh?“

      „Und damit ist es nutzlos für dich!“ fuhr Francesco fort.

      „Kann mir einer sagen, was hier los ist?“ Christopher starrte die beiden mit ärgerlicher Miene an. „Wovon redet ihr da, verdammt?“

      Samael blieb einen Moment stumm, dann lächelte er wieder sanft und selbstsicher, was ihn nur noch bedrohlicher wirken ließ. Das werden wir sehen. Ich habe alle Zeit der Welt. Irgendwann werde ich schon einen Weg finden!

      Francescos Gesicht verzog sich zu einer gequälten Grimasse. „Das dachte ich mir!“ Seine Stimme klang etwas geschafft und er atmete tief durch.

      „Was dachten sie sich?“ fragte Christopher, der noch immer total verwirrt war. Wenn er sich nicht so schwach gefühlt hätte, hätte er sich den Alten schon vorgeknöpft, so aber hatte er nicht die Kraft dazu.

      „Und deshalb…!“ Francesco warf Christopher einen fast mitleidigen Blick zu, den dieser überhaupt nicht einordnen konnte. „…werde ich…!“ Der Alte schniefte kurz durch die Nase. In den Augenwinkeln konnte Christopher sehen, wie seine rechte Hand aus einer Seitentasche in seinem Umhang hervorkam. Für einen Wimpernschlag glaubte er, etwas Metallisches aufblitzen zu sehen. „….das Trumpf-As aus dem Spiel nehmen!“ endete Francesco seinen Satz.

      Sowohl Christopher als auch Samael schauten ihn überrascht an.

      Was willst du? fragte der Dämon abschätzig.

      „Ich werde ihn töten!“ Und in einer flüssigen Bewegung riss er ein verdammt großes Messer in die Höhe und rammte es Christopher schräg unterhalb des rechten Schulterblattes bis zum Anschlag in den Körper.

      Wenn meine Enkeltochter schreit, brauche ich ein Feuerwerk von ihnen!

      Razor hatte den Sinn dieser Worte des Alten zunächst nicht verstanden. Nachdem sie ihren Platz am Rande des Hallendaches eingenommen hatten und das Geschehen im Inneren des Gebäudes verfolgen konnten, spürte er immer deutlicher, dass Francesco auf Etwas hinzuarbeiten schien, um Moonlights Kerl aus der Bredouille zu holen. Was das jedoch sein würde, konnte er nicht genau sagen.

      Als Francesco dann aber dieses Mordsding von einem Scheißmesser aus seinem Gewand zauberte und ohne zu Zögern in Christophers Rücken rammte und Moonlight ein furchtbar schmerzhafter und über alle Maßen entsetzter Aufschrei aus ihrer Kehle entfuhr, da erinnerte er sich wieder der Worte des Alten – und handelte sofort.

      Mit einer ruckartigen Bewegung schulterte er die Panzerfaust, die er bereits griffbereit neben sich liegen hatte. Während der riesige Dämon unten ihnen einen Augenblick brauchte, um zu realisieren, dass der Alte tatsächlich das getan hatte, was er getan hatte und Christopher in sich zusammensackte und Moonlight neben ihm einem Nervenzusammenbruch äußerst nahe war, visierte er den hinteren Teil der Halle an. Einen Augenblick später drückte er den Auslöser und das Projektil zischte quer durch den Raum in die Nebelwand, durch sie hindurch und detonierte schließlich mit unbändiger Wucht an der dahinterliegenden Wand.

      *

      Silvia war die ganze Zeit über eigentlich nur eine Mitläuferin gewesen, denn alles lief in einem derart hohen Tempo vor ihr ab, dass sie einfach nicht die Zeit dazu gehabt hatte, irgendetwas von dem, was gerade um sie herum geschah, wirklich zu realisieren.

      Als sie zu Razor gegangen war, schien ihr alles so klar und eindeutig zu sein. Sie hatte ein ganzes Jahr an diesem furchtbaren Ort verbracht und sie war nur deshalb hier, weil sie ihr Leben geopfert hatte, um das von Christopher zu erretten - aus wahrer, reiner Liebe heraus. Das hatte sie auch geschafft und obwohl sie in den ewig langen Sekunden, bevor sie die Handschellen, die sie miteinander verbanden, zerstören konnte, endlich zu sehen glaubte, was sie stets erhofft hatte - nämlich die wahre Liebe auch in Christophers Augen, klar, ehrlich und offen – verblasste dieses Gefühl hier in der Hölle so furchtbar schnell, dass sie sich jetzt kaum noch daran erinnern konnte. Jeden Tag musste man hier ums Überleben kämpfen, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, unablässig. So etwas wie Liebe gab es hier nicht. Freundschaften sollte man besser nicht eingehen, denn jeden Tag starben hier unzählige Menschen und es war verdammt besser, zu keinem von ihnen eine zu enge Bindung zu haben. Hier gab es auch keine Ehre oder Mitleid oder Rücksicht oder irgendetwas, das menschlichem Empfinden auch nur nahe kam. Kaum, dass sie registriert hatte, wo sie gelandet war, hatte sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden mehr Blut und Tod gesehen, als in ihrem ganzen Leben zuvor. Kinder, junge Menschen, Mütter, Väter, schwangere Frauen – es war an Härte, Gnadenlosigkeit, Grauen und Brutalität nicht zu überbieten gewesen und Silvia dachte ernsthaft, sie würde vollkommen wahnsinnig werden.

      Doch genau das geschah nicht und der Grund hierfür war einzig Razor gewesen. Er hatte sich – obwohl er doch so viel besser hätte wissen müssen, dass es ein Fehler war – ihrer angenommen und ihr gezeigt, wie man hier überleben konnte, wofür auch immer das am Ende gut sein sollte.

      Silvia erkannte schnell, dass hierzu jedoch nicht nur Razors Lehrstunden in Kampfkunst aller Art, sondern auch eine radikale Veränderung ihrer Selbst erforderlich war. Da sie nicht sterben wollte, tat sie, was sie tun musste und vergas allmählich, aus welchem Grunde sie hier war, nicht aber, warum sie hier war. Ja, da gab es in der Tat einen Unterschied. Sie war hier, weil sie ihr Leben gegeben hatte, damit Christopher seines nicht geben musste. Das war es, warum sie hier war. Und das vergas sie nie, ganz im Gegenteil, mit jedem neuen Tag kamen die Erinnerungen an jene Nacht immer bitterer in ihr auf, sodass sie sie irgendwann hasste – und unbewusst wohl auch den Mann, dessen Leben sie auf diese Weise gerettet hatte.

      Der Grund, der ihr Handeln in jener Nacht jedoch bestimmte – nämlich ihre Liebe zu Christopher – der verblasste mit jedem neuen Tag und war irgendwann nur noch so schwach, so weit weg und so irreal, dass sie ihn einfach vergas. Zumindest dachte sie das.

      Stattdessen wurde sie zu einer brillanten Kämpferin, die lernte, hier an diesem grausamten aller nur vorstellbaren Orte zu leben und zu überleben, doch von der Silvia, die einst aus Liebe hierhergekommen war, war nichts mehr übrig geblieben – eigentlich.