OMMYA - Freund und Feind. Dennis Blesinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dennis Blesinger
Издательство: Bookwire
Серия: OMMYA
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738094695
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und kritzelte etwas auf ein kleines Blatt Papier, danach wiederholte er die Prozedur mit einem zweiten Blatt. Sichtlich zufrieden reichte er den beiden Personen jeweils eines des Blät­ter.

      »Was ist das?«, fragte Sophia, nachdem sie einen Blick auf die Zeile geworfen hatte, die zu sehen war. Zahlen wechselten sich scheinbar willkürlich mit Buchstaben ab. »Ein Passwort?«

      »Ja und nein«, lautete die Antwort. »Das habe ich mir gerade ausgedacht. Aber von der Struktur und der Länge her stimmen die beiden Zeilen mit den Codes überein, die hier verwendet werden.« Er nickte in Richtung ihres Handys. »Los. Tippen. Und sagen Sie, wenn Sie fertig sind.«

      René blickte auf seine Uhr und nickte den beiden verblüfften Personen aufmunternd zu. Nach einer Sekunde, die sie sich beide fragend angeschaut hatten, wandten sie sich zeitgleich ihren Telefonen zu und fingen an, die Zeichenfolge einzugeben.

      »Fertig.« Sophia hielt ihr Telefon hoch. Keine zwei Sekunden später tat Christopher es ihr gleich. René blickte auf seine Uhr und nickte.

      »Deutlich unter fünfzehn Sekunden«, meinte er. »Nicht übel, wenn man bedenkt, dass du wahrscheinlich alles doppelt siehst und unsere Frau Doktor nicht besonders vertraut mit den Passwörtern hier ist.«

      »Hatte das irgendeinen Sinn?«, fragte die Ärztin, wobei ihr Blick und ihr Tonfall klar zum Ausdruck brachten, dass die Antwort definitiv 'Nein' lautete.

      »Sie werden lachen. Ja.« Dem Lächeln, das René zeigte, fehlte jede Form von Humor, und auch Freundlichkeit suchte man vergebens, wenn man sich die Mühe machte, seine Augen zu betrachten, während er die Ärztin anfunkelte.

      »Die Konsolen haben eine Sicherheitsschaltung. Wenn man den Code eingibt, muss er innerhalb von dreißig Sekunden beendet worden sein, oder es gibt eine interne Alarmmeldung.« Er zeigte auf den Monitor an der Wand. »Die letzten Einträge in jeder Spalte besagen, wie lange der Eingabevorgang gedauert hat.«

      »Was passiert, wenn man sich vertippt?«

      »Gar nichts. Zumindest nicht beim ersten Mal. Nach der dritten Falscheingabe allerdings wird der Zugang zu der Konsole gesperrt und die Sicherheitsabteilung tritt auf den Plan. In jedem Fall erhält der Leiter der Wachmannschaft – in unserem Fall Honk – eine Meldung, wenn der Code falsch oder zu langsam eingegeben wor­den ist.« Erneut drehte er sich zum Monitor und mar­kierte die drei Zeilen.

      »Sechsundzwanzig Sekunden?«, fragte Christopher schließlich. »So lange habe ich an meinem ersten Tag nicht gebraucht. War der betrunken?«

      »Vielleicht sehr nervös«, überlegte René.

      Ein Blick zu Sophia machte deutlich, dass sie ihre fortwährende Anwesenheit hier als unproduktiv betrachtete. Darüber hinaus hatte die Spannung, die zwi­schen ihr und René in der Luft gelegen hatte, keinen Hauch an Intensität verloren.

      »Kann ich dann wieder zurück an meine Arbeit, oder haben Sie noch was zu tippen für mich?«

      Renés Lächeln wurde noch eine Spur breiter und noch humorfreier, sofern dies überhaupt noch möglich war. Betont langsam drehte er sich zu Christopher um, der mittlerweile, trotz seines Zustandes, die Spannung spürte, die im Raum herrschte.

      »Würdest du uns einen Gefallen tun und uns mal kurz alleine lassen?«, fragte René Christopher, ohne sein starres Lächeln aufzugeben. Christophers Blick wanderte kurz von René zu Sophia, dann nickte er der Offizierin leicht zu und verließ wortlos den Raum.

      Kaum dass sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, beugte sich René über seinen Schreibtisch und betätigte einen kleinen Knopf an der Unterseite der Tischplatte. Der Effekt war unspektakulär, zumindest von innen. Von außen betrachtet flackerte die Fensterfront des Büros kurz auf und verwandelte sich dann in eine Spiegelfront, die die Insassen des Büros vor den Blicken der restlichen Belegschaft schützte. René hatte diese Maß­nahme bisher erst ein paar Mal getroffen, meistens, wenn er sich nach durchgearbeiteten Nächten umgezo­gen hatte. Es war nicht sein Stil, den Vorgesetzten her­aushängen zu lassen und seine Mitarbeiter zu überwa­chen, während er keine Lust zum Arbeiten hatte und im Internet spielte. Auf der anderen Seite gab es Gelegen­heiten, die seiner Meinung nach ein wenig Privatsphäre erforderten.

      Er setzte sich auf den Rand seines Schreibtisches und blickte Sophia Simonsen einige Sekunden lang an. Als er anfing zu sprechen, war das Lächeln auch von seinem Mund verschwunden.

      »Ich weiß, dass ich gesagt habe, dass die militärischen Vorschriften hier nicht allzu streng genommen werden«, begann er. »Salutieren geht mir auf den Geist und ich bin auch der Meinung, jeder Mensch sollte sein Hirn anstellen, wenn es darum geht, Befehle zu befol­gen. Allerdings… « Er stand auf und ging auf die Ärztin zu, die ihm aufmerksam, jedoch augenscheinlich gelang­weilt zugehört hatte. Dies änderte sich, während René die kurze Distanz zwischen ihnen überbrückte. Weniger als zehn Zentimeter trennten die beiden, als er zum Ste­hen kam, und der Blick in seinen Augen hatte nun eine klare Botschaft. Sophia Simonsen war seit mehr als zehn Jahren beim Militär und hatte entsprechend genug Erfahrungen mit Vorgesetzten gesammelt, um zu erken­nen, wann eine Maßregelung bevor stand. Ein kleines Lämpchen in ihrem Gedächtnis ging an und beleuchtete das Wort 'Generalmajor' in einem unfreundlichen grel­len Schein.

      »Sollten Sie sich mir gegenüber noch einmal so verhalten, wenn außer uns beiden noch jemand im Raum ist, dann werde ich Ihnen den Arsch so weit aufreißen, dass Sie für den Rest Ihres Lebens einen Katheter brau­chen werden, um aufs Klo zu gehen. Ist das klar?«

      René glaubte, das leichte Zucken der rechten Hand sehen zu können, und musste sich ein Grinsen verkneifen, als die Hand nach diesem kurzen Reflex weiter hin­ter dem Rücken der Ärztin verharrte. Noch während des steifen Nickens, das erfolgte, fuhr er fort, jetzt jedoch in einem deutlich neutraleren Tonfall:

      »Es gibt einige Menschen auf dieser Welt, denen ich mein Leben ohne mit der Wimper zu zucken anvertrauen würde. Fast alle diese Personen befinden sich jen­seits dieses Büros.« Er nickte kurz in Richtung Fenster, auf deren anderer Seite eine Menge Leute reges Inter­esse an dem Innenleben des kleinen Büros zu entwi­ckeln begannen, das ihnen – anders als sonst – vorent­halten wurde.

      »Sie hingegen«, fuhr er fort, »sind kein Teil dieser Gruppe. Noch nicht. Und ich weiß nicht, ob es jemals so weit kommen wird.« Er wandte sich ab. Er war sich sicher, dass er seinen Standpunkt deutlich gemacht hatte und wollte nicht, dass die Frau einen komplett falschen Eindruck von ihm erhielt. Er genoss es nicht, Untergebe­ne zu maßregeln.

      »Ich bin kein Fan dieser Verbindungsoffizier-Regelung«, erklärte er, während er sich wieder gegen seinen Schreibtisch lehnte. »Das ist auch der Grund, warum wir uns hier fast alle mit dem Vornamen ansprechen. Der Job hier bringt ein Vertrauensverhältnis mit sich, das ein 'Herr Keppler' oder gar 'Herr General' ein wenig albern wirken lässt. Nichtsdestotrotz haben wir hier eine Be­fehlskette, unabhängig vom Militär. Das einzige Glied in dieser Kette, das regelmäßig erneuert wird und ebenso regelmäßig zu Unregelmäßigkeiten führt, ist der Verbindungsoffizier, der uns irgendwann aufoktroyiert wur­de.« Er gab ein abfälliges Schnauben von sich. »Die Hälf­te der Leute, die man uns geschickt hat, war nicht zu ge­brauchen, und der letzte Typ war eine mittlere Katastrophe.« Er machte eine Pause und atmete tief durch. Dann blickte er die Stabsärztin an, wie sie nach wie vor steif wie ein Brett da stand und den Worten ihres Vor­gesetzten lauschte, ohne ihn dabei anzublicken, wie es üblich war, wenn man von seinem vorgesetzten Offizier getadelt wurde.

      »Ich glaube, dass Sie das Potenzial haben, Teil dieser Gruppe werden zu können, aber bis das soweit ist, tun Sie sich, mir und allen anderen einen Gefallen und tun Sie einfach so, als ob ich ihr Vorgesetzter wäre. Okay? Und damit wir uns nicht missverstehen. Was ich eben gesagt habe, meinte ich so. Jede einzelne Silbe.« Er wartete einige Sekunden, bis ihm klar wurde, dass sich an der starren Haltung der Offizierin, sowohl ihrer körperlichen als auch der geistigen, nichts ändern würde, ohne dass er ihr eine Ohrfeige geben würde. Er seufzte innerlich, ließ sich bei den folgenden Worten jedoch nichts davon anmerken.

      »Sie können dann wegtreten.«

      Die Blicke der beiden trafen sich und weniger