OMMYA - Freund und Feind. Dennis Blesinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dennis Blesinger
Издательство: Bookwire
Серия: OMMYA
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738094695
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geschlafen, als Herr, äh … « Sie blickte auf den Wachmann, der nach wie vor still wie ein Fels dastand und keinerlei Regung zeigte.

      »Honk. Sein Name ist Honk«, half Jochen ihr weiter, ohne dabei von den Telefonen aufzublicken.

      »Ja. Danke. Ich habe geschlafen, als er bei mir angeklopft hat. Ich schwöre Ihnen, ich habe keine Ahnung, wie diese Nachricht auf sein Handy kommt. Ich kann nur sagen, dass ich sie nicht verschickt habe.«

      »Keine Ahnung«, meinte Jochen und reichte René die beiden Geräte zurück. »Da muss sich jemand ransetzen und die Protokolle analysieren.« Er beobachtete René dabei, wie er Sophias Handy eingehend begutach­tete. Schließlich, nachdem er es von allen Winkeln aus betrachtet hatte, legte er es auf seinen Schreibtisch und holte zwei Klapphandys heraus, die noch in der Original­verpackung waren. Eines davon war ein Modell für Se­nioren mit extragroßen Tasten. Nachdem er sie ausge­packt hatte, warf er Sophia und Honk das jeweils pas­sende zu.

      »Hier«, meinte er. »Bis Sahra oder Hansen die Protokolle analysiert haben, kann es ein wenig dauern. Mel­den Sie sich beide in der EDV, damit die Nummern ge­speichert werden.«

      »Da sind meine Privatkontakte gespeichert«, protestierte Sophia mit einem Blick auf ihr Telefon. »Sie kön­nen nicht – «

      »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Frau Stabsärztin.« René war aufgestanden und feuerte einen zornigen Blick auf sein Gegenüber ab. Sowohl der Blick als auch der Tonfall brachten die Ärztin dazu, eine kerzengerade Haltung einzunehmen. Jochen musste einiges an Selbstbeherrschung aufbringen, seine Überraschung zu ver­bergen. Es war, soweit er sich erinnern konnte, das ers­te Mal seit über fünf Jahren, dass René irgendjemanden im Haus mit seinem Rang angesprochen hatte, nachdem die offizielle Vorstellung absolviert war.

      »Unter normalen Umständen wären Sie aufgrund der Beweislage längst in einem Bau. Allerdings halte ich ein solches Vorgehen für ein wenig kontraproduktiv, weil mein Bauch mir sagt, dass Sie beide gerade ebenso verarscht werden wie wir anderen auch. Wenn Sie es allerdings darauf anlegen, kann ich gerne den offiziellen Dienstweg einschlagen. Es ist nicht so, dass wir nicht über eine Zelle verfügen.« Dass besagte Zelle aufgrund der Inventur gerade als temporäres Zwischenlager zweckentfremdet wurde, erwähnte er nicht. Er blickte die Offizierin einige Sekunden lang an und fragte schließlich: »Also: Wie hätten Sie es gerne?«

      Es bereitete René keinerlei Freude, das deutliche Unbehagen zu sehen, das in den Augen der Frau zu erkennen war. Er war kein Freund des autoritären Führungsstiles, der beim Militär gang und gäbe war. Zu häufig en­dete dies in blindem Befolgen von Befehlen, die seiner Meinung nach an dem Geisteszustand aller Beteiligten zweifeln ließen.

      »Ich entschuldige mich, Herr General.«

      Noch bevor sich die Hand der Ärztin mehr als fünf Zentimeter bewegt hatte, meinte René: »Wenn Sie jetzt salutieren, lasse ich Sie eiskalt einbuchten.«

      Die Hand erstarrte auf Hüfthöhe und wanderte dann langsam wieder hinter den Rücken, von wo sie gekommen war.

      »Sie kriegen es wieder, wenn Sahra damit fertig ist«, meinte René, während er sich wieder setzte. Er blickte Honk an. »Du deins auch.« Ein Nicken war die einzige Antwort. »Geh wieder auf deinen Posten«, sagte René, jetzt deutlich freundlicher, zu dem Wachmann. »Und bleib da. Egal, was passiert. Es sei denn, ich persönlich sage etwas Gegenteiliges.« Wieder nickte der Außenwelter und verließ wortlos das Büro. René hob das Han­dy der Ärztin hoch und wedelte damit ein wenig in der Luft. »Das kann etwas dauern«, meinte er zu ihr. »Sahra hat gerade ein bisschen was zu tun. Was jetzt viel wich­tiger ist, ist dass wir rauskriegen, wer sich diese Mühe gemacht hat, hier auszubrechen.«

      »Herr Gen – « Ein Blick von René ließ Sophia den Satz neu überdenken. »Was ich nicht verstehe ist … «, begann sie erneut und überlegte einen Augenblick. »Es kann doch nicht so schwer sein herauszufinden, um wen es sich handelt. Ich meine, wer oder was auch immer ausgebrochen ist, sollte da draußen auffallen wie ein Rudel bunter Hunde.«

      René verzog das Gesicht. »Normalerweise würde ich Ihnen recht geben. Aber wir haben Halloween. Da ist das ein bisschen schwierig.«

      »Halloween ist erst morgen«, erwiderte sie.

      »Jein«, schaltete sich Jochen ein. »Das hängt ein bisschen davon ab, von welchem Land Sie reden. Aber sie hat recht.« Er wandte sich an René. »Heute Nacht wird nicht viel passieren. Das hier ist schließlich nicht New Orleans.«

      »Warum sind sie dann heute ausgebrochen?«, fragte René niemand bestimmten. »Ihr habt ja recht. Morgen wäre viel passender gewesen. Da wären sie nicht aufgefallen.«

      »Wer wäre nicht aufgefallen?«

      René blickte Sophia an und erinnerte sich daran, dass die Offizierin, auch wenn sie schon einige Zeit hier war, immer noch nicht sattelfest war, wenn es um die Feinheiten der Abläufe in OMMYA ging.

      »Der Welt nach zu urteilen, aus der die Gruppe gekommen ist, würde ich sagen, es handelt sich um Orks, große Goblins oder kleine Oger. Auf jeden Fall humanoid genug, als dass man auf den ersten Blick denken könnte, dass man es mit einer Gruppe kostümierter Menschen zu tun hat.«

      »Okay.« Jochen dachte nach. »Aber was wollen die hier? Ich meine, Asyl werden sie kaum beantragen wollen. Wäre auf jeden Fall eine schlechte Vorgehensweise.«

      »Asyl?«, erkundigte sich Sophia.

      »Hmm«, meinte René missgelaunt. »Die Welt, um die es geht, ist politisch ein wenig instabil, um es mal vorsichtig auszudrücken. Vor ein paar Jahren haben die Anderen die Welt überfallen und seitdem herrscht da Krieg zwischen ihnen auf der einen und so ziemlich allen anderen auf der anderen Seite. Die Pixies sind eine der Rassen, die dort heimisch sind. Streng genommen sind es Verwandte der Anderen und entsprechend traut ihnen keiner über den Weg, auch wenn sie genauso verfolgt werden wie die Oger, Orks, Trolle und Zwerge. Die Pixies, die hier leben, haben hier vor vier Jahren Asyl be­antragt und es ist das erste und einzige Mal, dass wir dem zugestimmt haben.« Er erinnerte sich an den entsprechenden Vorfall nur zu gut. Alles in den Regularien hatte das Gegenteil besagt, aber René hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, die kleinen Wesen wieder zurück zu schicken und ihrem Schicksal zu überlassen.

      »Nach dem, was wir mitbekommen haben, war die Welt vorher schon nicht sonderlich friedlich, aber jetzt herrscht da offener Krieg. Anstatt sich jedoch zu verbünden, gehen die sich auch noch gegenseitig ans Le­der.« Mehr als tausend der kleinen Feen waren in den ersten zwei Jahren des Krieges gefallen und den Aussagen von Wendy und ihren Gefährtinnen zufolge waren nur noch einige hundert von ihnen übrig. Die, die es nicht bis nach OMMYA geschafft hatten oder ihre Hei­mat nicht verlassen wollten, hielten sich versteckt, so gut es in dem vorherrschenden Chaos ging. René schüt­telte frustriert den Kopf. Es hatte mehrere Diskussionen gegeben, die sich darum gedreht hatten, mehr zu tun, als den wenigen Pixies Asyl zu gewähren, und man hatte versucht, diplomatisch zu vermitteln. Es war bei dem Versuch geblieben. Die Überreste des Diplomaten hat­ten einen geschlossenen Sarg erforderlich gemacht.

      »Keine Ahnung«, beantwortete René Jochens ursprüngliche Frage. »Aber was auch immer es ist, das Da­tum ist kein Zufall. Die Frage ist, warum sie nicht bis morgen gewartet haben.«

      Bevor die Diskussion weitergeführt werden konnte, öffnete sich die Tür und Sahra erschien, in der Hand einen Tablet-PC. Mit einem vielsagenden Blick synchronisierte sie die Anzeige mit dem Bildschirm, der den beiden Schreibtischen gegenüber an der Wand hing.

      »So wie es aussieht«, begann Sahra, nicht ohne ein Lächeln im Gesicht, wie René erkannte, »müssen wir uns alle selbst einsperren.« Sie zeigte auf den Bildschirm. »Wir sind gerade die Zugangsprotokolle und die Aufnahmen der Kamera durchgegangen. André ist noch dabei, aber das ist das, was wir bisher haben.« Sie zeig­te auf eine kurze Liste, die sie Punkt für Punkt abging.

      »Die Tür war um 17:55 Uhr noch verschlossen. Danach hat irgendein Depp einen der Schränke mitten im Gang abgestellt, sodass wir die Tür dreißig Minuten lang nicht sehen konnten. Danach war sie offen. Irgendwann zwischen 18 Uhr und 18:25 Uhr ist die Tür geöffnet