Im Zimmer stand eine Frau, die Charlotte als die Schauspielerin erkannte, welche gestern Abend die Putzfrau verkörpert hatte. Überrascht verharrte sie in der Bewegung und glotzte Charlotte an. In der Hand hielt die Frau einen Bündel Kleidung. Charlotte glaubte, darin einige Kostüme der gestrigen Vorführung wiederzuerkennen. „Ja, guten Tag, Bienert mein Name“, sagte Charlotte beim Eintreten und lehnte die Tür hinter sich an. Auch hier zog sie die Presseausweis-Schwingnummer ab. Dieses Mal schon etwas souveräner. „Ich hätte ein paar Fragen an Sie zu dem gestrigen Vorfall. Sie waren noch mal Frau...?“ Offenbar fühlte die Frau sich ertappt. Sie ließ die Hand mit der Kleidung sinken und stammelte: „Maria Benthoff. I..i..ich wollte... nur ein paar Klamotten einsammeln, die wir für eine andere Vorstellung brauchen. Und Herr Chukovina hat mich reingelassen... ich weiß, eigentlich sollte ich gar nicht hier sein, aber für uns muss die Show ja auch irgendwie weitergehen. Man verdient ja nicht grade gut als Darsteller.“ Sie hörte auf zu reden und sah Charlotte an, als erhoffe sie von ihr Nachsicht. Die antwortete ausweichend. „Nun, ich müsste mich selber auch erst mal schlau machen, ob das so in Ordnung geht. Jetzt hätte ich aber erst mal ein paar Fragen zum Opfer. Wie standen Sie zu Herrn...?“, Charlotte machte eine Pause und hoffte, ihr Gegenüber würde ihr den Namen des Opfers verraten. Und tatsächlich ergänzte die Frau: „Hindler. Jakob Hindler.“ Ihr schien es nicht aufzufallen, dass Charlotte das eigentlich wissen müsste, wenn sie von der Polizei war. Stattdessen schaute die Schauspielerin betroffen zu Boden. Plötzlich klang ihre Stimme ganz leise und traurig. „Ich mochte ihn sehr. Ich kann immer noch nicht begreifen, wie das passieren konnte, oder warum. Er war so beliebt... ich weiß gar nicht, wer ihm was Böses hätte antun sollen.“ Charlotte wartete ein paar Sekunden, bevor sie zögerlich nachsetzte: „Nun ja... Herr Hindler wurde aber ermordet – das lässt ja schon darauf schließen, dass er mindestens einen Feind gehabt haben muss.“ Maria schüttelte den Kopf, dann sah sie Charlotte mit Tränen in den Augen an. „Der Jakob, der war bei uns allen beliebt. Die Christiane...“, sie zögerte. „Also wir haben uns alle gut mit Jakob verstanden und immer mit ihm rumgeschäkert. Das Spielen hat Spaß gemacht mit ihm. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, wer ihn... hätte umbringen sollen!“ Sie verstummte. Charlotte fühlte, wie ihr das Gespräch entglitt und dachte fieberhaft nach. Was konnte sie als nächstes fragen? Was würde die Polizei fragen? Andererseits hatte Charlotte den Eindruck, dass sie von der Schauspielerin nichts weiter erfahren würde. Als Charlotte ebenfalls schwieg, begann Maria Benthoff wieder, Kleidung einzusammeln. „Gut. Dann danke ich Ihnen erst mal. Ähm, wegen der Klamotten...“, setzte Charlotte an. Doch weiter kam sie nicht. „Die bleiben schön hier“, tönte hinter ihr eine Männerstimme, dann wurde die Tür aufgestoßen und Kommissar Jankovich stand im Türrahmen.
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