Ich such dich in Mallorca, Lara. Marga Vollen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marga Vollen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742732606
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sich einer der Beamten zur Frage: „Was wollen Sie?“

      „Ich möchte eine Aussage machen zum Leichenfund von heute Morgen“, sagt er höflich.

      Der Beamte schaut ihn erstaunt an. „Woher wissen Sie, dass eine Leiche gefunden wurde?“

      „Das weiss doch hier schon Jeder“, erwidert Tenner und bemüht sich, nicht allzu frech zu wirken.

      Der Beamte steht auf und verschwindet in einem Zimmer, das mit Comisario Antoni Hernandez angeschrieben ist und aus dem angeregtes Stimmengewirr erschallt. „Kommen Sie“, sagt er kurz angebunden zu Tenner und führt ihn hinein.

      Kommissar Hernandez sitzt an einem mit Papieren und Computer-Bildschirmen überladenen Tisch und schaut ihn fragend an.

      „Ich möchte eine Aussage machen“, sagt Tenner auf mallorquinisch. Der Kommissar soll nur gleich merken, dass er sich hier auskennt.

      „Sprechen Sie spanisch“, erwidert der mürrisch und betrachtet ihn abschätzig.

      Ach so, kein Einheimischer, denkt Tenner, dann muss ich etwas weiter ausholen. Zuerst möchte ich aber wissen, wie es so läuft. „Bekomme ich eine Belohnung, wenn meine Aussage zur Aufklärung des Mordes verhilft?“, fragt er.

      „Wie kommen Sie darauf, dass es ein Mord war?“, fragt sein Gegenüber misstrauisch, „und bitte halten Sie mich nicht auf, wenn sie nur etwas herausschinden wollen mit unnützen Angaben“.

      Ein Ermittler sollte nicht so abweisend sein, denkt Tenner, es könnte ihn sonst einiges entgehen. Er gibt sich einen Ruck. „Wollen Sie jetzt hören, was ich zu sagen habe?“

      „Schiessen Sie schon los“, fordert ihn der Kommissar auf, während er auf einen der Bildschirme starrt. Die Polizistin, die an einem der anderen Tische sitzt, weist er an: „Frau Barceló, protokollieren Sie.“

      „Also, ich besuche manchmal die Hübners auf ihrer Finca, die am cami de muro liegt. Und da habe ich einmal auf der benachbarten Finca blonde Frauen gesehen“, beginnt Tenner zu erzählen.

      „Ach was, blonde Frauen“, sagt Hernandez ironisch, „wann war das denn?“

      „Das war im letzten Herbst, etwa im Oktober“, erwidert Tenner. „Und einen Mann habe ich auch gesehen. Es ist mir aufgefallen, dass dieser Herr einmal mit der einen blonden Dame, eine anderes Mal mit der anderen blonden Dame im Hafenviertel herumspazierte.“

      „Weshalb haben Sie die Nachbarn der Hübners so genau beobachtet?“, will der Kommissar wissen.

      Tenner hört einen leichten Druck bei dieser Frage heraus und erklärt wortreich, dass er halt ein Malerauge hätte und alles im Kopf speichere, was er sähe und ja, er hätte eben eine Schwäche für blonde Frauen, der Kommissar könne das wohl verstehen?

      Der weiss nicht recht, ob der Mann, der vor ihm steht, einfach etwas faselt, – aber dass der Maler von zwei verschiedenen blonden Frauen spricht, sollte er wohl nicht ignorieren.

      Tenner erinnert sich daran, dass er proaktiv vorgehen will und fährt fort: „Eine der blonden Frauen liess sich von mir malen.“

      Hernandez betrachtet ihn mit mehr Aufmerksamkeit als vorher.

      „Aber sie holte das Bild nicht ab und deshalb fiel es mir auf, als der Mann eine Woche später mit einer anderen Blondine vorbeispazierte“, sagt Tenner.

      „Was haben Sie mit dem Bild gemacht?“, will der Kommissar wissen.

      Tenner erklärt ihm, dass es gelegentlich vorkomme, dass bestellte Bilder nicht abgeholt würden. Diese verwende er dann für seine Werbung, er stelle sie auf dem Platz, wo er arbeite, auf.

      „Dann kann man das Bild der blonden Frau dort besichtigen?“, fragt der Kommissar.

      „Nein, es ist jetzt nicht mehr dort, ich wechsle jeweils die Ausstellung und das Bild der blonden Frau von der Finca ist jetzt in meinem Wohnwagen“, erläutert Tenner weiter und nimmt sich vor, es nach der Heimkehr gleich von dem Platz über seinem Bett abzuhängen, bevor die Polizei bei ihm vorbeikäme. Es soll nicht aussehen, wie wenn ihm das Bild etwas Spezielles bedeuten würde.

      „Danke, für heute habe ich genug gehört“, sagt Hernandez, nun etwas freundlicher, „ Frau Barceló wird das Protokoll ausfertigen, Ihre genauen Personalien aufschreiben und Sie müssen unterzeichnen“. Er wendet sich wieder seinem Bildschirm zu.

      „Warten Sie im Vorraum“, sagt die Polizistin, während sie ihren Kaugummi hin- und herschiebt und öffnet die Türe.

      „Wie geht es jetzt weiter?“, fragt Tenner und bekommt zur Antwort: „Das werden wir sehen.“

      Kommissar Hernandez hat das Meeting auf den Abend angesetzt, auch wenn Marta Barceló ihren Computer schon früher demonstrativ heruntergefahren hatte. „Ich muss meine Tochter vom Kindergarten abholen“, hatte sie gesagt.

      „Ja, dann machen Sie das und kommen Sie auf neunzehn Uhr zurück “, hatte er ungerührt geantwortet.

      Um neunzehn Uhr dreissig trifft sie ein und vervollständigt das Team, das ab neunzehn Uhr langsam eingetrudelt ist. Ausser der Polizistin sind noch die zwei Kriminaltechniker anwesend, die nach dem Leichenfund zum Schauplatz gerufen wurden.

      „Wir wollen einen ersten Überblick über den Fall erhalten und aufzeichnen“, erklärt Hernandez und stellt sich neben die Flip-Chart. „Wer könnte alles in den Fall verwickelt gewesen sein?“

      Marta Barceló nimmt die Gästelisten der vergangenen sechs Monate zur Hand, die der Kommissar von den Besitzern der Fincas der Umgebung des Fundortes verlangt hat.

      „Wie viele Namen?“, fragt der Kommissar. Die Polizistin beginnt zu zählen.

      „ Die Leiche lag sicherlich mehr als drei Monate am Fundort“, wirft einer der Kriminaltechniker ein. „Wir könnten uns auf die drei vorangehenden Monate konzentrieren“, schlägt er vor und fügt, als er den gehässigen Blick Barcelós bemerkt, hinzu: „Natürlich wissen wir es erst genauer, wenn die von der Rechtsmedizin in Palma ihre Untersuchungen abgeschlossen haben.“

      „In den drei vorangehenden Monaten sind es etwa dreissig Gäste samt Familie oder Begleitung, die dort waren“, sagt die Polizistin. „Alle haben ausländische Wohnadressen.“

      „In welchen Ländern?“, fragt Hernandez.

      Barceló schiebt ihren Kaugummi auf die andere Seite ihres Mundes und fährt mit zählen fort.

      „Nur die Ländernamen“, sagt der Kommissar ungeduldig.

      „Sie kamen vornehmlich aus Deutschland und einige aus der Schweiz, aus Österreich und England“, erklärt sie.

      Dem Kommissar dämmert es, dass nur schon eine umfangreiche Arbeit auf ihn wartete, bis die Identität der Toten ermittelt sein wird.

      Er sagt: „Aufgrund der Fundumstände gehen wir davon aus, dass die Todesursache auf einem Verbrechen beruht.“, sagt er. „Unter den dreissig Feriengästen kann nicht nur das Opfer sondern auch der Täter sein“, fährt er weiter, „dann sind natürlich auch sämtliche Besitzer der Fincas in der Umgebung verdächtig und deren Angestellte.“

      Das wird ein grosser Fall, schiesst es ihm durch den Kopf. Man wird auf mich aufmerksam werden. „Wir werden Verstärkung brauchen“, meint er.

      „Selbstverständlich muss es auch nicht heissen, dass der Täter aus dem genannten Personenkreis stammt“, fährt er mit seinem Monolog fort, „er könnte auch aus der weiteren Umgebung kommen. Ein Kerl hat sich bereits gestern gemeldet, der den Verdacht von sich abweisen wollte. Wie heisst noch der Mann, Barceló?“

      Sie scrollt auf ihrem Bildschirm nach dem gestrigen Protokoll. „Romeo Tenner, ein Strassenmaler aus der Schweiz“, antwortet sie.

      „Über den müssen wir auch mehr in Erfahrung bringen“, ergänzt Hernandez und schliesst das Meeting mit der Aufforderung: “Ab morgen wird hart gearbeitet!“

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