Doch bleiben wir bei unserer Zeitdehnung. Zeitprozesse werden durch Massen, also durch die Schwere beeinflusst. Und auch in unserem Universum, nimmt die Schwere, wie auf der Erde, nach außen hin zu. Eine Dehnung der Zeit in Radiusrichtung würde auf diese Weise unser Rätsel mit der Rotverschiebung genauso gut lösen. Die Uhren könnten weiter außen langsamer laufen, ohne dass sich die Galaxien großartig entfernen oder bewegen. Sie können sich lokal entfernen, diese Freiheit haben sie nach wie vor, aber was sich nicht mehr verändern muss, ist der Raum im Ganzen. Das Universum wächst, aber es dehnt sich nicht. Die Massen, Sterne und Galaxien bleiben mehr oder weniger da wo sie sind, es gibt keine Fluchtbewegung.
In unserer Idee, dass die scheinbare Fluchtbewegung tatsächlich nur eine Zunahme einer Zeitdehnung mit fortschreitender Entfernung ist, gibt es allerdings zwei Probleme in Verbindung mit den Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie. Zum einen finden wir keine Lösung für ein statisches Universum ohne eine kosmologische Konstante, einer Gegenkraft zur Gravitation und zum Anderen müssten wir uns dann so ziemlich im Mittelpunkt der Welt befinden, damit die Rotverschiebung, so wie wir sie beobachten, in alle Richtungen in etwa gleich verläuft. Wären wir nicht relativ nahe beim Zentrum, dann müsste es Bereiche geben die näher dran sind und die wären dann klar beobachtbar blauverschoben. Doch die einzige wirklich blau verschobene Galaxie ist die Andromeda und die ist nicht blauverschoben, weil sie näher am Zentrum ist, sondern weil sie tatsächlich auf uns zukommt.
Die Frage nach dem Zentrum oder der fehlenden Position dieses Anfangspunktes ist kompliziert und damals, bei den Anfängen der Weltenmodelle wäre eine Lösung dafür noch nicht machbar gewesen. Die Akzeptanz grundlegende Begriffe wirklich ändern zu wollen, war noch lange nicht vorhanden. Selbst heute würde man auf bestimmte Annahmen nicht verzichten wollen, obwohl der Druck der vielen massiven physikalischen Schwierigkeiten ungleich größer geworden ist.
Die Frage nach der kosmologischen Konstanten kann man auch anders umgehen, sie hat aber ihren Preis. Man muss sich von dem Newtonschen Weltbild lösen, dass überall im Universum die Massen gleich, das die Grundbausteine unsere Elementarteilchen alle gleich groß und gleich schwer sind. Man müsste es zulassen, dass zum einen die Partikel nach außen hin leichter werden und zum anderen, das sich Materie nicht so ohne weiteres in Radiusrichtung bewegen kann. Wollen Körper nach innen abwandern, weil die Gravitation an ihnen zerrt, dann steigt ihre Masse, sie müssen also Energie aufnehmen. Wenn jetzt diese beiden Energien, die schwere Energie und die Energie die in der Masse steckt, gleich groß sind, sich überall im Gleichgewicht befinden, dann haben wir ein statisches Universum, in dem sich die Körper dennoch bewegen können, auf die aber keine beschleunigende Kraft wirkt. Und wir können dann plötzlich den Aufbau von einem winzigen Punkt im Innern, bei dem sämtliche Masse, Raum, Energie und Zeit in einem göttlichen Blitz entstanden, auf einen unspektakulären Rand des Universums ganz nach außen verlagern. Ein kalter, extrem geordneter Anfang für jedes einzelne Teilchen, das sein Stück Raum, seine kleine Masse und seinen inneren Zeitprozess mitbringt. Wir könnten dabei einen Entwicklungsprozess zulassen, bei dem nichts Spektakuläres oder physikalisch Unsinniges passiert. Keine Singularitäten, keine Probleme mit dem zu Vielen auf zu kleinem Raum und keine sich dehnenden Räume, die zu hart und zu durchsichtig gleichzeitig sein sollen. Der einzige Raum ist die Entfernung zwischen den neu gebildeten Partikeln. Der Raum selber besteht aus gar nichts. Im Gegenteil, er ist nur eine abstrakte Hilfsgröße, um in der Anwendung die Welt besser beschreiben zu können. All dies erfordert in einem ersten Schritt, es zunächst in seinem Denken zuzulassen, dass die Protonenmasse nicht universell überall gleich ist. Protonen sehr weit weg von uns sind leichter und Protonen mehr zum Zentrum hin sind schwerer. Trotzdem würde man auf den Spektren der Sterne nichts davon mitbekommen. Denn das Strahlungsspektrum wird nicht von der Protonenmasse bestimmt, sondern von den elektrischen Ladungen und der Unschärferelation.
Wir hatten schon erwähnt, dass unser bewusstes Denken recht einfach strukturiert ist. Physikalisch können wir die Welt besser nach dem Newtonschen Weltbild verstehen. Aber wie sieht dieses Weltbild aus? Was dachten die Menschen der damaligen Zeit?
Newtons instantane Kraftübertragung
Newtons Weltbild ist ein mechanistisches Weltbild, dass er in seinem Werk „Philosophiae naturalis principia mathematica“ 1687 herausbrachte. Das Universum war noch recht übersichtlich und bestand aus der Sonne, den Planeten mit ihren Monden und ganz allgemein den Sternen. Um die Sterne musste man sich nicht weiter kümmern, die standen fest in Bezug zueinander. Aber die Planeten bewegten sich nach den Keplerschen Gesetzen um die Sonne und daraus entwickelte Newton sein Gravitationsgesetz. Auch konnte Newton die Masse, den Impuls und die Kräfte verallgemeinern und weiter dann damit die Mechanik der schwingenden Systeme entwickeln. Die Masse ist dabei träge, einem zentralen Begriff der Newtonschen Mechanik. Newton konnte nicht erklären warum ein Materiekörper sich träge verhält. Er legte fest, dass dies ganz allgemein so ist und für alle Massen gilt. Die Verallgemeinerung bestand nun darin, dass er nicht nur an Massekörper hier auf der Erde dachte, Bewegungen von Pferdekarren, Wurfgeschosse oder Steinen, sondern er hatte die Idee, dass dieses Trägheitsgesetz auch für Sterne und Planeten oder für kleinste Teilchen und Atome gilt. Auch wenn Newton noch keinerlei Vorstellung davon hatte, was die Sterne darstellen und wie weit weg sie sind. Ebenso definierte er die Kraft, als eine Bewegungsänderung von trägen Massen. Dabei ist auch eine Richtungsänderung eine Bewegungsänderung, die eine Kraft benötigt. Hier verallgemeinert Newton sein Kraftgesetz auf alle Körper, sowohl im Großen, als auch im Kleinen. Dabei ging er intuitiv davon aus, dass die Kraft unmittelbar übertragen wird. Und dass dies nicht nur hier auf der Erde passiert, sondern auch zwischen den unterschiedlichsten Himmelskörpern. Ein fataler Fehler, der uns heute lebende Menschen sofort irritieren würde, der aber zu Newtons Zeiten ohne Zweifel postuliert werden konnte. Newton stellte zwar das Gravitationsgesetz auf, doch hatte er keine Idee oder auch nur eine Vorstellung davon, warum dieses Gesetz so existierte. Und doch war es für seine Zeit eine große Leistung, einen Zusammenhang zwischen den Himmelskörpern und den Fallgesetzen auf der Erde zu entdecken. Zusammenhänge, die für die damalige Zeit noch sehr gewaltig und wie völlig verschieden voneinander waren. Der letztendliche Hintergrund allen Seins lag sowieso bei Gott. Die Menschen damals waren froh überhaupt logisch reproduzierbare Verbindungen zwischen dem Kosmos und der Erde zu finden. Das man sich an die Ursachen hinter den Gesetzen wagte, dafür war die Zeit noch nicht reif. Newtons Universum war noch klein, auch wenn es ihm sehr groß vorkam. Im Wesentlichen bestand es aus unserem Sonnensystem, das sich beobachten und analysieren ließ und den anderen Sterne, die einfach nur da waren. Einen Zusammenhang zwischen Licht und Gravitation gab es noch überhaupt nicht. Zu Newtons Zeiten hatte das Licht und seine Ausbreitung nichts mit den Massen zu tun. Das Massen die Richtung oder sogar die Farbe von Licht ändern könnten, war seinerzeit noch ganz abwegig. Für Newton war die Gravitation etwas ganz anderes als die schnelle, aber endliche Lichtgeschwindigkeit. Sein Universum war endlich, die Übertragung und Reaktionen der Körper aufeinander zu hingegen unendlich. Warum sollte also nicht auch, rein intuitiv, die Gravitationskraft unmittelbar wirken? Was sollte sie verzögern? Abgesehen davon waren die Bewegungen der Gestirne ohne eine zeitliche Verzögerung, wesentlich leichter zu berechnen und mit der damaligen Präzision fanden sich die meisten Planeten auch da, wo man sie vorhergesagt hatte. Alles passte bestens zusammen. Newton wurde zwar nicht wie Galilei von der Kirche gegängelt, doch durchzog nach wie vor der göttliche Hintergrund von allem, stillschweigend die Natur. Die Vorstellung, dass Gott etwas Zeit braucht, weil er gerade zu weit weg ist und deshalb die Gebet nicht erhören könnte, war unerhört und nicht vorstellbar. Es war damals klar, dass auch in diesem kleinen Universum Gott alles unmittelbar und sofort erreichen kann und sich das auch in der Natur, also zum Beispiel der Gravitation zeigt. Ein heutiger religiöser Mensch glaubt zwar immer noch daran, dass Gott sich über die Naturgesetze hinwegsetzen kann, doch versucht er erst gar nicht mehr dies mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, in diesem Bereich erklären zu wollen. Ein persönlicher Gott muss inzwischen nicht nur die überschaubare Gemeinde des Altertums überblicken, als die jüdische und dann später die christliche Religion aufgeschrieben wurden und jedem einzelnen nahe sein. Also etwa nur einige Millionen Gläubige. Heute ist die Zahl der Menschen auf dramatische sieben Milliarden angewachsen und auch für diese große Zahl steht Gott jedem einzelnen zur Verfügung. Doch das reicht noch