Ich hab stark das Gefühl, dass der Abend noch interessant wird.
"Joe, bitte nicht schon wieder!" Aby stemmt seufzend den Kopf in die Hände. "Weißt du nicht mehr, was beim letzten Mal passiert ist?"
Joe lacht einmal kurz auf und trinkt den nächsten Shot mit Salz und Zitrone. "Nein, weiß ich nicht mehr, dafür war ich leider zu betrunken, Schätzchen!"
Aby verdreht die Augen und verschränkt die Arme. "Ich fahr dich diesmal nicht nach Hause, nachdem du Aiden wieder auf die Hose gekotzt hast."
Ich traue meinen Ohren kaum. Joe hat Aiden auf die Hose gekotzt? Ich muss die Luft anhalten, um nicht loszuprusten .
"Gib dir ruhig die Kante, ich fahr dich dann heim", meint Noah und zwinkert Aby arrogant zu.
"Ich wusste, ich kann auf dich zählen, man." Joe klopft ihm dankend auf die Schulter.
Sie hat mittlerweile schon sechs Shots getrunken und langsam merkt man, dass sie extrem gesprächig wird. Sie redet schon seit einer Viertelstunde über Schraubenschlüssel und Hubräume.
Ich verstehe in dem ganzen Gewimmel nur Bahnhof und höre ihr deshalb nur mit halbem Ohr zu, während Lucas und Leon ihr begeistert an den Lippen kleben. Aby unterhält sich mit Noah.
"Und dir hat Joe also mal auf die Hose gekotzt?", zwitschere ich Aiden zu, der gerade etwas auf seinem Handy tippt.
Aiden scheint noch kurz abgelenkt durch sein Handy zu sein, sieht mich aber dann an und packt es weg, "Allerdings", sagt er mit einem angewiderten Gesicht. "Ich dachte eigentlich, dass wir uns nach dem Abend hier nie wieder blicken lassen könnten, aber der Chef hatte nochmal Gnade mit uns."
Ich sehe aus dem Augenwinkel wie Joe ihren siebten Shot trinkt. "Ich hoffe, du hast diese Hose danach verbrannt."
"Ich hab sie in Joe's Auto versteckt und durfte mich mehrere Tage an ihrem Gemecker über komische, widerwärtige Gerüche in ihrem Auto erfreuen." Er grinst und sieht zu Joe, die gerade extrem laut lacht. Sie scheint schon wirklich angeheitert zu sein.
Ich muss von der Vorstellung schmunzeln, wie Aiden diese eklige Hose in Joes Auto versteckt hat und sie einfach nicht dahinter gekommen ist, woher dieser Geruch stammen könnte.
"Ich werde jetzt gehen", verkündet Leon und sieht auf sein Handy. "Sophia hat mir gerade ein Nacktbild geschickt und deshalb werde ich es hier keine weiteren fünf Minuten aushalten."
Sophia.
"Zeig mal her!" Joe versucht nach seinem Handy zu schnappen, doch er ist schneller.
"Alter, das ist meine Freundin, such dir eine eigene!" Er lacht und nimmt den letzten Schluck seines Biers und steht auf.
"Fick disch, Payne", giftet Joe und nimmt ihren achten Shot.
Wenn ich mir vorstelle, dass ich acht Shots trinken würde, würde ich jetzt wahrscheinlich schon im Koma irgendwo am Boden liegen.
"Macht's gut, Leute!", ruft er uns noch zu und stolziert glücklich aus der Bar.
"Ich muss auf Toilette, lass mich mal kurz durch", meint Aiden an mich gerichtet und ich stehe auf und lasse ihn an mir vorbei zur Toilette gehen.
Jedoch entgeht mir nicht dieser kleine Blitzschlag, als sich unsere Körper gestreift haben.
Ich setze mich neben Joe, die gerade ihren neunten Shot herunterwürgt. "Meinst du nicht, du hast langsam genug?", stupse ich sie an.
Joe hat schon Probleme, ihre Augen komplett aufzuhalten. Ihre Augen sind bereits blutunterlaufen. Sie riecht unglaublich nach Tequila mit Zitrone.
Anstatt mir zu antworten, sieht Joe mich leicht grinsend von oben bis unten an und bleibt bei meinen Brüsten kleben. Checkt sie mich gerade ab? Ich weiß wirklich nicht, wie ich damit umgehen soll.
"Du hascht escht schöne...", ihr Blick geht von meinen Brüsten in mein Gesicht. "Augen." Ihr Grinsen ist viel zu breit und ihre Aussprache lässt zu wünschen übrig.
Lucas scheint das mitbekommen zu haben und sieht Joe jetzt verächtlich an. Er scheint selbst kaum zu glauben, was sie gerade gesagt hat. Aby und Noah unterhalten sich immer noch angeregt über irgendetwas.
Mir ist das extrem unangenehm und ich rutsche nervös auf dem Platz hin und her. "Ehm, danke?" Es klingt mehr nach einer Frage, ob sie noch ganz bei Sinnen ist, als ein wahres Danke.
Joe rutscht näher zu mir. "Ich meine, die sind escht... grosch und... braun." Sie sieht mich so eindringlich an, dass ich fast befürchte, sie würde mir jeden Augenblick übers Gesicht lecken.
Joe macht mich definitiv an. Und ich bin definitiv abgestoßen von ihr. Nicht, dass ich etwas gegen Lesben hätte, aber so wie sie sich gerade verhält, würde ich es auch unattraktiv finden, wenn sie ein Mann wäre.
"Deine Augen sind auch ganz schön... braun." Unbeholfen flehe ich Lucas Hilfe suchend mit meinen Blicken an.
Er scheint jedoch die Situation eher amüsant zu finden und beobachtet die Szene vor seinen Augen mit einem breiten Grinsen.
"Du scholltescht echt einen Shot mit mir trinken", gluckst Joe und schiebt mir einen Shot entgegen, bei dem die Hälfte überschwappt. "Du kannscht dann auch bei mir schlafen, wenn du morgen nicht mit einem Kater *Hicks* in die Schule willscht."
Ich reiße meine Augen entsetzt auf. Joe macht mich so offensichtlich an, dass es schon fast erbärmlich ist, ihr zuzusehen. Langsam schüttle ich mit dem Kopf und versuche ein freundliches Lächeln aufzusetzen, "Nein, danke." Ich schiebe ihr den Shot wieder entgegen. "Ich bleibe bei meinem Wasser. Frag doch Lucas, ob er was will."
Lucas sieht mich aber nur mit hochgezogener Augenbraue an, als ob er ganz genau wüsste, dass Joe nicht von mir abhalten wird.
In dem Moment spüre ich auch schon wie der Stoff der Bank sich ein wenig senkt und Aiden sitzt wieder neben mir. Am liebsten würde ich ihm wie eine gerettete Prinzessin in die Arme fallen.
"Komm schon, Baby!", lallt Joe und streichelt mir über den Unterarm, den ich ihr sofort wieder entziehe.
Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Aiden uns ansieht und grinst. Natürlich grinst er, er findet das mindestens genau so amüsant wie Lucas.
"Joe, ich, ehm.... Ich stehe auf Männer, nicht auf Frauen!" Okay, das war definitiv härter gesagt, als ich es gedacht hab.
Joe zieht erschrocken die Luft ein und sieht auf den Tisch, ihre Miene ist definitiv betrügt. "Isch will aber endlich mal so eine heiße Freundin haben wie disch."
Mein Gesicht erstarrt und ich habe keine Ahnung, was ich darauf sagen soll. Unbeholfen sehe ich zu Aiden, der immer noch breit grinst. Ich gebe ihm mit meinen Blicken zu bedeuten, dass er mir helfen soll, doch er zuckt nur mit den Schultern.
Verzweifelt seufzend wende ich meinen Blick wieder zu Joe und spüre auf einmal ihre Lippen auf meinen. Sie schmecken nach Tequila und Zitrone! Sofort versuche ich, Joe von mir wegzubekommen, doch sie hält mich fest. "Joe", quetsche ich zwischen meinen Lippen hervor, während sie versucht, mir ihre Zunge in den Hals zu stecken.
Joe will mir gerade an den Hinterkopf packen, da spüre ich wie Aiden mich von ihr weg zieht und Joe ein Glas Wasser ins Gesicht schüttet.
Ich wische mir mit dem Handrücken angeekelt über den Mund und versuche diesen ekligen Geschmack von meinen Lippen zu bekommen. Was ist denn in Joe gefahren?
"Alter!!!", grölt Joe und wischt sich mit der Hand durchs Gesicht.
Ich bin mit dem Rücken zu Aiden gedreht und spüre leicht seinen Atem in meinem Nacken. Seine Hand liegt immer noch auf meiner Hüfte.
"Was 'Alter?'" Seine Stimme ist messerscharf. "Auch wenn du ein Mädchen bist, heißt das nicht, dass du wahllos irgendwelche Leute küssen kannst, vor allem nicht, wenn sie dir vorher gesagt hat, dass sie heterosexuell sind."
Ich bin leicht erschrocken von Aidens Art zu reden. Er ist nicht beleidigend, aber die Art, wie er es gesagt