Tales of Tigalla. Martin Vater. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martin Vater
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847689904
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herzförmige, ebenfalls schon leicht ergraute Mähne kündigte imposant den Untergang von mindestens einem dieser Herdentiere an...

      Der schwarze Löwe, wie ich ihn schon sehr bald nannte, schien sich als Opfer ein schwächeres Jungtier auserkoren zu haben, welches weitab von der restlichen Herde, unachtsam auf Entdeckungsreise gegangen war...

      Als mein Blick zu diesem herüber schwenkte, sah es mir mit seinen rehbraunen Augen plötzlich mitten ins Gesicht, so als wolle es mir etwas mitteilen...

      Schließlich ging das Tier weiter seiner gewohnten Beschäftigung nach...

      Es wirkte niedlich, fast tolpatschig und doch seltsam scheu...

      Auch der Räuber schien unentschlossen zu sein, weiterhin lauernd in seinem sicheren Versteck...

      Plötzlich schoss mir ein tollkühner Impuls durch den Kopf...

      Ein weiterer Instinkt meldete sich...

      Eine neue Gabe kündigte sich an und befahl mir regelrecht, in das offenbar Unvermeidliche einzugreifen...

      Eines war doch wohl klar, so ganz ohne jegliche Unterstützung, ohne fremde Hilfe, würde ich in dieser gefährlichen Gegend sicher nicht lange bestehen können, selbst mit meinen neu erlernten Fähigkeiten...

       Und wenn also keine menschliche Hilfe zu erwarten war, so konnte man doch zumindest versuchen, tierischen Beistand zu erflehen...

      Wie ein Verrückter stürzte ich nun die Böschung hinab, sicher im Wissen, dass die Zeit knapp war und zweifelnd ob meine Entscheidung, mein Gefühl, mich nicht im Stich lassen würde...

      Eine Ahnung trieb mich voran etwas zu versuchen, was in meinem früheren Leben todsicher gescheitert wäre...

      Eine wahnwitzige Idee, mit ungeahntem Ausgang...

      Doch als der Löwe mich bemerkte, fletschte er kurz die Zähne, verlor nicht weiter Zeit und begann sogleich seine Attacke...

      Während der Räuber also sein sicheres Versteck verlassen hatte, seine Tarnung aufgeflogen und sein Plan nun klar offenbart war, geriet die gesamte, restliche Herde in rasende Panik...

      Trampelnd und drückend, quetschten sie sich nun wild vor Sorge durch das dichte Unterholz vor ihnen, um dem Tod durch den geschickten Jäger irgendwie entrinnen zu können...

      Blind vor Furcht, ließen sie das Jungtier, wie durch den Löwen beabsichtigt, dabei völlig unbeachtet zurück...

      Das Junge reagierte daraufhin dermaßen schockiert, dass es sich nur noch verängstigt rückwärts bewegen konnte, ohne den Angreifer dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen...

      Dieser war sich jedoch seiner Sache bereits sicher, denn es war nur allzu offensichtlich, dass die Sache im Falle eines Kampfes, wohl schnell zu Gunsten des Löwen entschieden wäre...

      Trotzdem zeigte das junge, aber kräftige Tier erstaunlich viel Mut, denn es signalisierte dem Jäger nun durch scharren mit den Hinterbeinen unmissverständlich, dass es nicht leicht werden würde...

      Nun war es endlich soweit, die beiden Kontrahenten standen sich genau gegenüber und blickten einander tief in die Augen...

      In diesem Moment war auch ich zum Glück beinahe am Punkt des Geschehens angekommen...

      Hektisch und mit wild fuchtelnden Armen, rief ich dem Löwen jetzt ohne weiter darüber nachzudenken zu:

      „Hey!...Stop!...Warte!...Nicht!“

      Und noch während ich dies tat, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich mit diesem Vorhaben vermutlich alles auf eine Karte gesetzt hatte...

      Denn mal ehrlich, ich wäre als Beute für den Löwen sicher eine willkommene Abwechslung und außerdem viel leichter zu erledigen gewesen...

      Trotzdem vertraute ich irgendwie weiterhin auf meinen Instinkt und darauf, das Richtige zu tun...

      Als die zwei ungleichen Tiere meine Anwesenheit schließlich wahr nahmen, schienen beide für einen Moment lang gleichermaßen verblüfft und blickten ähnlich verwirrt drein...

      Dann wandten sie sich schließlich wieder einander zu, sicher im Wissen, dass ich weder eine akute Gefahr darstellte, noch irgendeine Form von Abhilfe aus der verzwickten Situation schaffen könne...

      Doch genau jetzt war meine Stunde gekommen...

      Nur ich konnte noch dazu beitragen, dass sich die Lage für alle Beteiligten letztlich doch zum Guten wenden würde...

      Ich spürte, dass ich die Macht dazu hatte...

      Meine neu erworbenen Fähigkeiten würden mir sogar dabei helfen, aus zwei ehemaligen Gegnern, zwei Weggefährten zu machen...

      Manchmal war die Natur bereit dazu Vernunft walten zu lassen, um sich einer edleren Sache anzuschließen, wenn man nur die richtige Taktik wählte, um den Sinn des Vorhabens aufzuzeigen...

      Ich wusste, ich konnte es schaffen, diese zwei Kolosse vor mir zu besänftigen und mir ihre Fähigkeiten zunutze zu machen...

      Ungleich in Körperbau und Fertigkeiten, im Denken und Streben, vereinte sie nun doch derselbe Wunsch nach Gemeinschaft, nach Wärme, Anerkennung und vor allem zur Lebenserhaltung...

      Einiges davon konnte ich ihnen sicher beschaffen, könnten wir gemeinsam besser erreichen, wenn wir uns zusammen rissen und es so ermöglichten, unsere Natur zu kontrollieren, unsere Instinkte zu beherrschen...

      Ein erster Schritt dazu war bereits getan...

      Die direkte Konfrontation war bereits nicht mehr zu vermeiden, nun galt es also, diplomatisch zu handeln...

      Ein Dreierpatt mit ungewissem Ausgang...

      Ein mexikanisches Unentschieden und ein Treffen verschiedener Spezies, die nun alle aufgrund einer viel größeren Bedrohung gezwungen wurden, zusammen zu arbeiten...

      So unwahrscheinlich es auch momentan noch klingen mochte...

      Als ich wieder zu mir kam, plätscherte es draußen bereits sachte vor sich her...

      Ein leichtes Nieseln hatte begonnen und füllte die Luft mit dem betörenden Geruch von warmem Sommerregen...

      Die Umgebung wirkte friedlich und noch immer kam mir die kürzlich erlebte Szenerie wie ein schwacher Traum von Hoffnung vor...

      Meine Augen fingen instinktiv damit an den Raum, in welchem ich mich befand, nach Informationen abzusuchen...

      Es war ein schöner Raum, an einem Stück gefertigt und sogar einzelne Möbelstücke wie etwa ein Tisch, waren zu erkennen...

      Auch das Bett auf dem ich lag, schien aus diesem lehmartigen Material geformt worden zu sein...

      Man konnte also sagen, es war ein einziger, aus Lehm oder etwas in der Art, modellierter Raum, welcher sehr an ein Hotelzimmer erinnerte, allerdings in einem dieser ausgeflippten Hotels, für diese verdammten, neunmal klugen Yuppies...

      Vor mir saß eine Gestalt auf dem Boden, oder vielmehr, sie hockte da in einer seltsamen Pose...

      Die Tatsache allerdings, dass die Gestalt selbst im Sitzen meinen Körper noch bei Weitem überragte, ließ mich schnell darauf kommen, dass es sich hier um einen Napylonier handeln musste...

      Erneut wurde ich sehr überrascht, als meine Augen langsam wieder im Stande waren, erste Feinheiten wahrzunehmen...

      Vor mir saß ein wunderschönes Wesen, so makellos, so rein, dass mir beim Anblick beinahe der Atem stockte...

      Es war...

       Eine Napylonierin!...

      Ihr Gesicht war das Zauberhafteste, was ich seit Langem gesehen hatte...

      Sie