leise der Edelmann, nahm die Pistole, zielte gut,
drückte los, und schoß den Räuber mitten durch den
Kopf, dieser wankte und gleich darauf hörte man
unten einen schweren Fall. »Der steht nicht wieder
auf«, sprach der Edelmann, »doch möcht ich Aufsehen
vermeiden, ich will deshalb geschwind die Leiter
hinunter steigen, daß im Hause kein Lärm wird, und
den Erschossenen bei Seite schaffen.« Das war der
Edelfrau recht, und ihr Mann tat, wie er gesagt. Bald
darauf kam er wieder herauf und sprach zur Frau: »
Der ist mausetot, ich will dem armen Teufel aber
doch, ehe ich ihn in die Grube werfe, in einen Leinlacken
hüllen, und da er um deines Ringes willen sein
Leben hat lassen müssen, so wollen wir ihm diesen
anstecken; gib mir den Ring und auch das Bettuch.«
Die Frau gab beides her, und jener stieg eilend wieder
hinunter. Es war aber nicht der Edelmann, sondern
der Meisterdieb, der, um sein Stücklein auszuführen,
vom ersten besten Galgen (damals gab es in Deutschland
noch alle Wege viele Galgen), einen frisch Ge-
henkten abgeschnitten und ihn dann auf seine Schultern
geladen hatte, als er die Leiter emporstieg. Wie
drinnen der Schuß fiel, ließ er den Leichnam hinunter
stürzen, stieg eilend die Leiter herab und versteckte
sich. Und wie nun der Edelmann herunter kam, und
sich mit dem vermeintlich Erschossenen zu schaffen
machte, wischte er rasch hinauf ins Zimmer der Frau,
ahmte des Paten Stimme nach und forderte Ring und
Bettuch.
Am andern Morgen sah der Edelmann wieder nach
seiner Gewohnheit zum Fenster hinaus, da ging drunten
ein Mann auf und ab, der hatte, wie es schien,
Leinwand zu verkaufen, mindestens trug er ein zusammengeschlagenes
Bündel über der Schulter, und
ließ einen schönen Ring in der Morgensonne blitzen
und funkeln. Mit einem Male rief der Mann hinauf:
»Schönsten guten Morgen, Herr Pate! Ich wünsche
Ihnen und der Frau Patin recht wohl geruht zu
haben!« – Der Edelmann war wie vom Donner gerührt,
als er seinen Paten, den er die vorige Nacht mit
eigner Hand erschossen und mit derselben Hand in
eine Grube geworfen, leibhaftig stehen sah, und fragte
hastig seine Frau nach Ring und Tuch. »Nun, du hast
mir's ja diese Nacht abverlangt!« erwiderte die Dame.
»Der Satan! Aber ich nicht!« tobte der Edelmann –
doch gab er sich bald wieder, in Erwägung, daß der
kühne Dieb noch mehr hätte nehmen können. Er
machte dem Paten eine Faust zum Fenster hinaus und
rief: »Erzgauner! Das dritte! Das dritte bringt dich sicherlich
an den Galgen!«
In der nächsten Nacht darauf begab sich etwas
Seltsames auf dem Gottesacker. Der Schulmeister, der
diesem zunächst wohnte, wurde es zuerst gewahr und
meldete es dem Herrn Pfarrer. Über den Gräbern wandelten
kleine brennende Lichtlein in unstäter Bewegung
umher. »Das sind die armen Seelen, Schulmeister!
« flüsterte der Pfarrer mit Grausen. Plötzlich erschien
eine große schwarze Gestalt auf den Stufen der
Kirchtüre, die rief mit hohlem Tone:
»Kommt all zu mir, kommt all zu mir,
Der jüngste Tag ist vor der Tür!
O Menschenkinder, betet still!
Die Toten sammeln schon ihr Gebein!
Wer mit mir in den Himmel will,
Der kreuch in diesen Sack hinein!«
»Wollen wir?« fragte der Schulmeister den Pfarrer mit
Zähneklappern. »Zeit wär's, vorm Torschluß. Der heilige
Apostel Petrus ruft uns, das ist keine Frage. Aber
Reisegeld?« – »Ich habe mir zwanzig Kronen erdarbt
«, wisperte das Schulmeisterlein. »Ich habe hundert
Dicketonnen (Laubthaler) für den Notfall zurückgelegt!
« sprach der Pfarrer. »Holen wir's und neh-
men's mit!« riefen beide und taten also, dann näherten
sie sich der schwarzen Gestalt mit Furcht und Zittern.
Diese war der Meisterdieb; er hatte Krebse gekauft
und ihnen brennende Wachslichterlein auf den Rükken
geklebt, das waren die armen Seelen, hatte einen
Mönchsbart und eine Mönchskutte, und einen Hopfensack,
in den er die beiden Schwarzröcke aufnahm,
nachdem er ihnen ihr Erspartes abgenommen. Jetzt
schnürte er den Sack zu und schleifte ihn hinter sich
her durch das Dorf und durch einen Tümpfel, wobei
er rief: »Jetzt geht's durch das Rote Meer!« dann
durch den Bach: »Jetzt geht's durch den Bach Kidron
«, dann durch die Schloßflur, allwo es kühl war:
»Jetzt geht's durch das Thai Josaphat«, dann zur
Treppe hinauf: »Dieses ist schon die Himmelsleiter«,
endlich hing er den Sack im Schornstein auf an einen
Haken, daran man die Schinken räuchert, machte darunter
einen ziemlichen Qualm und rief mit schrecklicher
Stimme: »Dieses ist das Fegefeuer! Dieses dauert
etwelche Jahre!« und machte sich fort. Da schrieen
Pfarrer und Schulmeister Zeter Mordio, daß das ganze
Hausgesinde zusammen lief. Der Meisterdieb aber
trat kecklich zum Edelmann: »Herr Pate, meine dritte
Probe ist auch gelöst. Pfarrer und Schulmeister hängen
im Schornstein, und so es Euch gefällig, könnt Ihr
sie selber zappeln sehen und schreien hören!« – »O
du Erzschalk und Erzgauner, du Erzbösewicht und
Meisterdieb aller Meisterdiebe!« rief der Edelmann
und gab gleich Befehl, jene aus dem Fegefeuer zu erlösen.
»Du hast mich überwunden, hebe dich von
dannen! Hier hast du ein Goldstück. Hebe dich von
dannen, komme mir nicht wieder vor Augen, und laß
dich für dein Geld henken, wo es dir gefällig ist.«
»Danke zum allerschönsten,