NESTOR. Stefan Högn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefan Högn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745062748
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alles gut läuft, und wir wieder in unsere Heimatzeit zurückkehren, treten wir – zumindest für Rául – im allernächsten Moment wieder aus der Maschine heraus.«

      »Ob ich das mit diesen Zeitphänomenen wohl irgendwann komplett begreifen werde, Nestor Nigglepot?«

      »Ganz bestimmt! Du übst ja noch«, sagte Nestor. »Aber wir sollten uns von jetzt an nur noch auf Altgriechisch unterhalten«

      »Ach ja! Du hast Recht, Nestor von Korfu!«

      Und fortan sprachen die beiden sehr lebendig eine tote Sprache.

      Ihre erste Aufgabe war es, die Höhle nach Spuren von Menschen oder wilden Tieren zu untersuchen, aber sie fanden keine. Sofia hatte das Versteck für die Zeitmaschine gut gewählt. Nestor schloss den Energiekristall an die Maschine an, tippte wieder an dem Pult herum. Die Maschine hörte auf zu Summen und leuchtete nur noch ganz schwach.

      »Stand-by, spart Strom!«, sagte er zu Lilly und suchte dann den Ausgang, der ein bisschen versteckt hinter drei Felsvorsprüngen, aber auf gleicher Höhe lag. Sie trugen schweres Gepäck, denn die beiden mussten die ganzen Münzen in robusten Lederbeuteln schleppen. Außerdem hatte der Butler ihnen einen typischen Schlauch Wasser und einen Beutel mit Fladenbrot und Dörrfleisch mitgegeben.

      Als sie den Höhlenausgang erreichten, schlug ihnen die sengende Sommerhitze Siziliens entgegen.

      »Hui! Damit hab’ ich aber nicht gerechnet!«, sagte Lilly und atmete tief durch den Mund.

      »Tja, bei uns wird es langsam Winter. Wir hätten an Sonnenhüte denken sollen«, sagte Nestor und ergänzte: »Sonnenmilch wird es hier wohl nicht zu kaufen geben.«

      »Sonnenmilch?«, fragte Lilly, denn die gab es in ihrer Heimatzeit 1921 auch noch nicht.

      »Die schützt gegen Sonnenbrand.«

      »Dann gehen wir halt im Schatten«, bemerkte Lilly.

      »Siehst du hier irgendwo Schatten?«

      In der Tat war hier wenig Schatten. Die Landschaft war geprägt vom nahegelegenen Ätna, leicht hügelig und außer zahlreichen dornigen Büschen und ein bisschen grünem Gras hier und da, war die Landschaft verdorrt. Selten sahen sie ein paar spärliche Olivenbäume.

      Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, war es Vormittag und weit und breit keine Spur eines Weges oder einer Straße zu sehen. Nicht einmal ein Trampelpfad oder ein Wildwechsel ließ darauf deuten, dass in dieser Gegend viel los gewesen wäre.

      »In welche Richtung sollen wir gehen?«

      »Das haben wir gleich!« Nestor wühlte in seinem Beutel herum und kramte ein kleines Gerät von der Größe eines Mobiltelefons heraus, strich mit seinen Fingern ein paar mal darauf herum und sagte dann: »Da lang!«

      Er zeigte nach Südosten, talwärts, und ging los. Das Mädchen folgte ihm hastig und schielte hinter ihm auf das Gerät.

      »Was ist denn das für ein Ding?«, wollte Lilly wissen.

      »Ach, nichts ... nur ein kleines Spielzeug!«

      »Aber Sofia hat nicht gesagt, dass wir das mitnehmen sollen!«, stellte das Mädchen altklug fest.

      »Weil sie sich immer Sorgen macht, durch moderne Technologie könnte der Zeitablauf zu sehr verändert werden.«

      »Und dir ist das völlig egal?« Lilly konnte es nicht glauben.

      »Ich pfeif drauf!«

      »Aber sie hat doch recht!«, beharrte das Mädchen.

      »Wo fängt moderne Technologie denn für dich an, Lilly?«

      »Zum Beispiel damit!« Sie langte nach dem Teil, das Nestor noch immer in der Hand hielt, ihr aber nicht geben wollte.

      »Schnickschnack! Wie sollen wir deinen Platon denn finden, wenn wir nicht mal wissen, wo wir lang müssen?« Nestor war sich seiner Sache sehr sicher.

      »Aber, wenn das Ding den Menschen hier in die Hände fällt?«

      »Können sie es nicht bedienen, weil ihnen die Schrift darauf unbekannt wäre! Es wäre für sie nur ein buntes Kästchen.«

      »Na gut, Nestor von Korfu, du hast mich überzeugt.«

      »Das war mir klar!«, kam es überheblich zurück, aber Nestor freute sich, das es dieses mal so schnell ging.

      »Zeig’ mir das Ding doch mal, bitte!«

      Nestor reichte ihr das Gerät nach hinten, denn er ging vor, immer darauf bedacht auf dem Pfad. den er sich selber suchen musste, nicht umzuknicken oder zu stolpern. Das Mädchen war, obwohl barfuß, erheblich trittsicherer als er.

      Sie schaute sich das Teil an, wischte mit ihrem Zeigefinger darauf herum und es erschienen auch für sie nur unbekannte Schriftzeichen, die aber Ähnlichkeit mit den Türsymbolen im Geheimtrakt von Seldom House hatten.

      »Hat das Ding auch einen Namen?«, fragte Lilly Foo.

      »Das Ding ist ein Atalandor. Er kann wie ein Kompass arbeiten, rechnen, ist ein Lexikon, kann Krankheiten erkennen, im Bedarfsfall übersetzen und noch so einiges mehr. Sehr praktisch!«

      »Wenn man einen Atalandor denn bedienen kann.«

      »Was allerdings sehr kompliziert ist. Die Schrift und die Sprache des Geräts sind extrem schwierig zu lernen, die Mühe solltest du dir gar nicht erst machen.«

      Lilly wusste, das Nestor ein Schaumschläger war, aber manchmal fand sie ihn sogar witzig.

      »Auch wenn man ein Didaktafon zum Lernen benutzt?«

      »Dann geht es etwas leichter... aber auch nur etwas.«

      »Ja, ja ...« Lilly gab ihm den Atalandor zurück.

      Sie erreichten einen kleinen Bach und Nestor folgte dem Gewässer in Fließrichtung.

      »Es kann nicht mehr weit sein, bis wir die ersten Spuren menschlicher Zivilisation entdecken, sieh dich also vor«, sagte Nigglepot, der immer noch übervorsichtig führte.

      »Soll ich vielleicht mal vorgehen? Wenn du hier weiter so rumeumelst, kommen wir nämlich nirgendwo an, bevor wir verbrennen!«, sagte Lilly und überholte Nestor flink.

      »Hey, Moment mal!«, stutze er und gab sich Mühe den Anschluss nicht zu verlieren. »Das Wort Eumeln gibt es überhaupt nicht im Altgriechischen!«

      »Jetzt schon!«

      »Na, das kann ja heiter werden«, wollte er sagen und tat es natürlich auch.

      Obwohl Lilly die Hauptlast des Gepäcks trug, allein deshalb, damit sie als Sklavin und Nestor als Herr nicht ungewöhnlich auffielen, legte das Mädchen ein erstaunliches Tempo vor. Erstens war sie viel jünger, zweitens hatte sie eine hervorragende Kung-Fu-Ausbildung genossen, die ihr eine hohe körperliche Sicherheit verlieh, und drittens hatte sie es ganz einfach eilig.

      Hier gab es nichts zu sehen, nichts zu lernen und nichts zu erleben, und wenn sie das schwere Gepäck schnell loswerden wollte, mussten sie zeitig den Sklavenmarkt von Catania erreichen. Die neuen Kollegen würden ihr dann tragen helfen. So einfach war ihr Plan. Und Nestor Nigglepot musste ihr folgen, ob er wollte oder nicht. Auch seine plumpen Versuche das Tempo zu drosseln, scheiterten fast alle kläglich.

      »Oh! Sieh mal, da ist eine Eidechse!«, zum Beispiel, wurde mit: »Davon gibt es hier hunderte!«, quittiert.

      Als die ersten Ziegen in der Landschaft auftauchten verlangsamte Lilly ihren Schritt etwas, denn das deutete in der Tat auf eine nahegelegene Menschensiedlung hin.

      »Können wir jetzt mal Pause machen?« Nestor schien tatsächlich erschöpft zu sein. »Ich kann bei dieser Hitze nicht so lang stramm marschieren wie du!«

      »Na, gut ... dann machen wir halt eine Pause«, sagte das Mädchen, denn auch sie spürte langsam die Anstrengung. Also suchten sie in einem kleinen Olivenhain Schatten.

      Schwer atmend setzte