Fake Face. Rita M.Arane. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rita M.Arane
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189369
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Sie möchten, können Sie noch mit uns frühstücken.“

      „Danke, aber ich muss weiter.“

      „Oh, bleib doch noch ein wenig“, warf Isabella traurig ein und schaute Elena mit ihren großen blauen Augen an. Elena drehte sich zu dem kleinen Mädchen herum und strich unbewusst über Isabellas blondes Haar.

      „Es tut mir leid, Isabella, aber das geht leider nicht. Ich muss wirklich los.“

      „Wohin soll es denn gehen, wenn ich fragen darf?“ fragte Jack.

      Wohin?, schoss es Elena durch ihren Kopf.

      Darüber hatte sie sich noch keine Gedanken gemacht, und das wollte sie auch nicht. Sie wollte nur weiter … immer weiter … einfach weg. Weg von dem Ort, aus dem sie stammte. Doch was sollte sie Jack jetzt antworten? Sie verschränkte unbewusst die Arme vor ihrem Körper.

      „Ähm, ich … Ich mache eine Art … Rundreise …“, gab sie vor und lächelte verkrampft. Um keine weiteren, möglicherweise unangenehmen Fragen beantworten zu müssen, griff sie im nächsten Moment nach ihren Sachen, um zu gehen.

      „Soll ich Ihnen helfen?“, fragte Jack.

      „Nein, das schaffe ich schon. Danke noch mal für alles. Auf Wiedersehen.“ Kurz bevor sie das Haus verließ, drehte sich

      Elena noch einmal um und schaute zu Isabella rüber.

      „Alles wird gut. Hörst du, Isabella? Alles wird gut!“, sagte sie und ging.

      „Alles wird gut?“, wiederholte Jack an Isabella gewandt, nachdem Elena gegangen war. „Warum sagt sie so etwas?“

      Isabella zuckte kurz mit den Schultern. „Das weiß ich nicht“, antwortete sie traurig, bevor sie sich ihrem Müsli widmete. „Hast du ihr erzählt von …?“, begann er, obwohl er genau wusste, wie schwer es Isabella fiel, mit irgendjemandem über DIESE Sache zu sprechen.

      „Nein“, fiel ihm Isabella sofort ins Wort. „Nein, Dad. Das habe ich nicht“, wiederholte sie.

      Elena ging zu ihrem Wagen, lud ihre Tasche und ihren Rucksack hinein, stieg ein und fuhr los. Für einen kurzen Augenblick warf sie im Rückspiegel einen Blick zurück auf das große, rote Backsteinhaus.

      EIN JOB

      Sie fuhr die Landstraße entlang. Richtung Süden. Ihr Wagen knatterte über den Asphalt. Elena schaute auf die Tankanzeige und stellte besorgt fest, dass sie bald wieder eine Tankstelle aufsuchen musste. Also würde sie wieder etwas von dem wenigen Geld, das sie noch besaß, ausgeben müssen. Sie musste sich irgendwie Geld besorgen. Ihr Blick schweifte über den Horizont. Sehr viele Ackerflächen und große Gewächshäuser oder Plastikbahnen säumten sich rechts und links an den Felder entlang. Insgesamt war diese Gegend nur sehr dünn besiedelt.

      Erntehelfer, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Das würde ihr ein wenig Geld für die Weiterreise verschaffen. Prompt fuhr sie die nächste Farm an. Als sie ausstieg, kam ihr ein korpulenter, etwa 60 Jahre alter, mittelgroßer Mann entgegen. Sein blauer und mit Erde verdreckter Overall spannte um seinen dicken, aufgeblähten Bauch.

      „Arbeit gibt es genug“, antwortete der Farmer mit vom vielen Tabak rauchiger Stimme. „Du bist hier auf einer der größten Farmen in der Umgebung gelandet.“ Dann musterte er sie skeptisch. „Die Arbeit ist aber verdammt hart. Es gab schon einige, die nach nicht einmal zwei Tagen heulend das Weite gesucht haben!“, sagte er und zog seine buschigen Augenbrauen in die Höhe. Elena zeigte sich von seinen Worten völlig unbeeindruckt. Sie war es gewohnt, hart anzupacken.

      „Nun, gut. Wir bauen hier Gemüse und Obst an. Wir beginnen um 6. Ende ist um 18 Uhr“, fuhr er fort. Dann holte er aus einem Schuppen ein Overall und Arbeitshandschuhe und drückte

      Elena alles in die Hände.

      „Übrigens, da oben in der Scheune kannst du schlafen. Da ist ein kleines Zimmer.“ Er zeigte auf eine kleine Scheune gegenüber. „Eine Stunde Mittagspause. Essen bekommst du von uns. Einmal pro Woche hast du einen Tag frei“, sagte er und es machte den Anschein, als hätte er dieses Gespräch schon dutzende Male geführt. „Bring deine Sachen in dein Zimmer und zieh dein Overall über“, befahl er ihr gleich darauf. „Ich zeig dir dann den Hof, und dann kannst du gleich aufs Feld!“ Daraufhin drückte er ihr einen braunen, alten Schlüssel in die Hand. „Das ist der Schlüssel für dein Zimmer. Einfach in die Scheune und Treppe hoch. Linke Tür. Ok?“ Elena nickte. Der Schlüssel in ihrer Hand fühlte sich rau und rostig an.

      Die Unterkunft war sehr spartanisch eingerichtet, nur ein altes Bett, ein Nachttisch und ein paar Bügel für ihre Kleidung befanden sich darin, aber Elena brauchte ohnehin nicht viel. Sie legte die Tasche und ihren Rucksack ab, öffnete das Fenster und zog den blauen Overall an.

      Kurz darauf war sie wieder unten und der Farmer zeigte ihr den Hofladen. „Hier wird ein Teil der Ernte verkauft. Der andere Teil der Ernte wird an die umliegenden Farmen als Tierfutter geliefert oder eben weiterverarbeitet“, erklärte er. Der Hofladen erinnerte sie an einem kleinen Laden in dem Arbeiterviertel, in dem sie als Kind gewohnt hatte. Die Wände waren mit dunklem Holz vertäfelt. Obst und Gemüse wurden aus kleinen Plastikkisten in Metallregalen verkauft. Selbst gebrannte Liköre standen in Reih und Glied angeordnet auf den Holzregalen darüber. Auf handgeschriebenen Zetteln standen die Preise. Im hinteren Drittel des Ladens befand sich eine lange Theke, auf der eine alte Waage und die Kasse standen.

      „Ach übrigens, mein Name ist Mr. Fireman. Ich betreibe gemeinsam mit meiner Frau diese Farm.“ Er reichte ihr seine Hand.

      „Elena Phillips.“

      „Elena, gut, gut“, wiederholte er und musterte sie eingehend. Dann schaute er sich suchend um.

      „Jetzt weiß ich nicht genau, wo sie gerade steckt. Meine Frau, meine ich. Nun gut. Das holen wir dann einfach nach. Wenn du Fragen hast, dann wende dich an mich, ok? Ich zeige dir jetzt, was du heute zu tun hast.“

      Am Abend, als Elena nach einem langen Arbeitstag endlich in ihrem Bett lag, protestierten ihr Rücken und ihre Knie. Ihre Muskeln drückten sich schmerzvoll zusammen.

      Das ist erst der erste Tag!, dachte sie. VERDAMMT HART ist noch untertrieben!

      Dann atmete sie tief ein.

      Ich bekomme das hin! Augen zu und durch!

      BASILIKUM

      Obwohl der Himmel wolkenverhangen war, war es heute wärmer als sonst. Der Sommer kündigte sich an. Es war schon Mitte Mai. Elena war mittlerweile bereits seit einigen Monaten auf der Farm. Mr. Fireman ließ sie inzwischen im Hofladen aushelfen. Dort hatte sie sich schnell gut zurechtgefunden.

      Es war spät am Nachmittag. Elena hatte die meiste Arbeit im Laden bereits erledigt, und es kamen immer weniger Kunden. Elena starrte durch die offene Ladentür auf eine junge Katze, die vor dem Laden in einer Ecke vor den leeren Gemüsekisten hockte. Die Pupillen der Katze waren weit aufgerissen. Ihr flauschiges Fell glänzte tiefschwarz. Aus ihrem Maul hing eine graubraune Feldmaus, mit der sie schon seit einigen Minuten zugange war. Sie zappelte. Immer wieder ließ die Katze die Maus auf den Boden fallen. Nach kurzer Orientierungslosigkeit rappelte sich das blutende Tier auf und versuchte mit letzter Kraft zu entkommen. Manchmal schaute die Katze mit ihrem lieblichen Gesicht zu Elena herüber. Bevor das verletzte Tier hinter den Gemüsekisten verschwinden konnte, wandte sich die Katze ihrem Opfer eneut zu und machte blitzschnell einen Satz nach vorn. Mit ihren scharfen Zähnen schnappte sie gnadenlos zu und packte sich ihre Beute mit herausgefahrenen Krallen. Je mehr die Maus zappelte, desto mehr grub sie ihre Krallen in das kleine Tier hinein. Plötzlich warf sie das Tier hoch und fing es im nächsten Moment wieder auf. Dann bohrte sie die Krallen ihrer Hinterpfoten in das hilflos zappelnde Tier hinein. Immer und immer wieder, erbarmungslos.

      „Elena, hast du gehört, was ich dir gesagt habe?“ Mr. Fireman stand plötzlich neben ihr. Elena zuckte zusammen. Sie hatte ihn gar nicht kommen hören. Wenn im