Fake Face. Rita M.Arane. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rita M.Arane
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189369
Скачать книгу
ging auf das rote, große Backsteinhaus zu. Mehrere Bodenstrahler leuchteten auf, als sie die Pflastersteine des großen

      Vorhofs betrat. Irgendwo hier musste ein Bewegungsmelder stehen. Es schien sich um ein Privatanwesen zu handeln, denn für ein Hotel war das Gebäude zu klein. An der Fassade rankte sich grüner Efeu seinen Weg von der rechten Seite des Gebäudes über die Fassade nach oben. Rechts und links neben der mächtigen alten Haustür standen große schieferfarbene Pflanzenkübeln mit kleinen Lavendelstämmchen darin. In einem der großen Fenster im Erdgeschoss war hinter hellen Vorhängen der Umriss einer Person zu sehen, die sich in diesem Moment jedoch vom Fenster wegbewegte. Sekunden später öffnete sich plötzlich die alte, braune Haustür, noch bevor sie die Türklingel betätigen konnte. Ein großer, schlanker, breitschultriger Mann stand vor ihr. Er musste etwa Mitte 30 sein. Seine dunkelblonden kurzen Haare zierten sein markantes, aber freundlich wirkendes Gesicht. Aufgrund des Dreitagebartes wirkten seine Lippen schmal. „Entschuldigen Sie, ich habe das Schild vorne an der Straße gesehen. Ist das Zimmer noch frei?“, fragte sie um einen möglichst freundlichen Tonfall bemüht.

      Für einen kurzen Moment hielt er inne.

      Er erkannte sie. Er hatte sie heute schon einmal gesehen. Auf dem Friedhof. Sie hingegen schien ihn nicht bemerkt zu haben. Ihre großen, grünen Augen schauten ihn jetzt erwartungsvoll an.

      „Zimmer?“, antwortete er endlich. „Ähm, ja. Das ist noch frei.“

      Der Mann öffnete die Tür noch ein Stückchen weiter und machte mit einer Hand eine Geste in Richtung des Wohnbereichs. „Kommen Sie herein.“ Als sie den Eingangsbereich

      betrat, warf sie einen flüchtigen Blick in das offen gestaltete Erdgeschoss. Es war hell und freundlich eingerichtet. Diese Tatsache überraschte sie, denn die alte, robuste Backsteinfassade außen ließ nicht erahnen, wie modern das Innere gestaltet war. Außerdem war alles sehr ordentlich, und es roch angenehm nach Putzmitteln und frisch gewaschener Wäsche. Sie gingen die Treppe hinauf, die unweit gegenüber der Eingangstür lag.

      „Darf ich Ihnen die abnehmen?“, fragte er und deutete auf ihre Tasche. Sie wehrte ab. „Nein, das geht schon.“ Die alten Dielen der Treppe knarrten unter ihre Schuhsohlen. An den Wänden hingen alte Gemälde von verschiedenen Personen. Der Malstil und die Art, wie die Personen gekleidet waren, ließen erahnen, dass es sich um unterschiedliche Zeitepochen handelte. Oben im Zimmer angekommen stellte Elena ihre Tasche und Rucksack auf den Boden ab und er zeigte ihr schweigend das Zimmer und das zugehörige Bad. Während sie sich umsah, musterte er sie möglichst unauffällig. Sie war dünn und sehr zierlich. Der Parka, den sie trug, war offensichtlich zu groß. Blaue weite Jeans und ein hautenger weißer Rollkragenpullover vervollständigten ihre Kleiderwahl des heutigen Tages. Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einem Zopf gebunden, und ihre leicht gebräunte Haut ließ ihre großen grünen Augen besonders intensiv hervorstechen. Sie müsste Mitte 20 sein, schätzte er. Sie sah müde aus.

      Als sie seinen Blick spürte, der auf ihr ruhte, drehte sie sich zu ihm um und schaute ihn direkt an.

      „Ich würde das Zimmer nehmen.“

      „Ok, das macht 30 die Nacht. Wie lange wollen Sie bleiben?“ „Nur eine Nacht.“

      „Ok … ähm … Handtücher finden Sie im Bad. Falls Sie noch etwas benötigen, wenden Sie sich bitte an Barbara, meine Haushälterin. Sie finden sie unten. Mein Name ist übrigens Jack O‘Neil.“ Er streckte ihr seine rechte Hand entgegen. „Elena Phillips.“

      Elena blickte direkt in seine stahlblauen Augen, als sie seine Hand schüttelte.

      „Gut, dann lasse ich Sie erst mal allein. Da fällt mir ein … Wir essen in etwa 10 Minuten zu Abend. Wenn Sie möchten, können Sie gerne mitessen.“

      „Danke, das ist sehr freundlich. Aber ich denke, ich werde mich direkt ins Bett legen. Ich bin sehr müde.“

      Jack nickte kurz und ließ sie alleine. Elena nahm ihre Tasche und legte diese auf das große Bett. Dann zog sie ihren Parka aus. In diesem Moment bemerkte sie, dass jemand hinter der verschlossenen Tür stand und an der Türklinke rüttelte.

      „Du kannst gerne reinkommen, Isabella!“, sagte sie unbeeindruckt. Daraufhin öffnete sich die Tür und ein kleines Mädchen schaute überrascht durch den Türspalt. „Woher weißt du, wie ich heiße?“, fragte es irritiert.

      Elena lächelte. „Ich kann Gedanken lesen, weißt du?“

      Vorsichtig kam das Mädchen hinein und schaute Elena skeptisch an. Ihr fiel sofort die Ähnlichkeit mit Jack auf, denn das Mädchen hatte die gleichen stahlblauen Augen wie sein Vater.

      „So was gibt es nicht!“, gab das blonde Mädchen leicht aufbrausend zurück.

      „Na gut. Ich gebe es zu“, sagte Elena nach einer kurzen Weile lächelnd. „Ich habe deinen Namen an der Tür da gelesen.“

      Elena deutete mit einem Blick auf die gegenüberliegende Tür. Das Mädchen drehte sich zur Tür um und blickte auf die großen, pinken Tierbuchstaben mit ihrem Namen darauf.

      „Das ist auch mein Zimmer.“, erklärte Isabella. Dann drehte sich Isabella wieder zu Elena um und beobachtete sie, während sie ihre Schlafsachen sauber gefaltet auf das Bett legte.

      „Und wer bist du?“, fragte das Mädchen plötzlich.

      „Ich bin Elena.“

      Isabella nahm ihre langen Haare in die Hand und wickelte sie strähnchenweise immer wieder um ihre Finger.

      „Wirst du lange hierbleiben?“

      „Nein. Nur für eine Nacht.“

      Das Mädchen legte nachdenklich seinen Kopf schief.

      „Mein Dad hat mir eine neue Puppe geschenkt. Willst du die mal sehen?“

      Noch bevor Elena etwas erwidern konnte, kam Isabella um das Bett herum und nahm Elenas Hand. Daraufhin zog sie Elena in ihr Zimmer.

      Als Jack wenig später nach Isabella suchte, um sie zum Abendessen zu rufen, fand er sie und Elena in Isabellas pinkfarbenen Zimmer auf dem Teppichboden sitzend vor, während Isabella ihr stolz ihre Puppen vorstellte. Ungläubig stand er im Türrahmen. Noch nie hatte er Isabella so vertraut mit einer für sie vollkommen fremden Person umgehen sehen. Vor allem in letzter Zeit, die für ihn und Isabella nicht einfach gewesen war, hatte sich Isabella immer mehr zurückgezogen.

      Und jetzt …

      Jetzt schien sie wie ausgewechselt zu sein.

      AUSGESCHLAFEN

      Das erste Mal seit sehr langer Zeit hatte Elena gut geschlafen. Entsprechend ausgeruht fühlte sie sich, nicht so müde und ausgelaugt wie sonst. Die Sonne schien durch die beigen Vorhänge am Fenster direkt auf ihr komfortables, großes Bett, das mitten im Zimmer stand. Die Bettwäsche roch frisch nach Waschmittel. Von ihrem Bett aus schaute sie auf eine große Kommode neben der Tür, die zum zugehörigen Bad führte. Elena stieg aus dem Bett, und ihre nackten Füße glitten über den beigefarbenen flauschigen Teppich auf dem Boden. Auf dem Weg zum Badezimmer berührte sie die florale Strukturtapete an der Wand. Sie mochte das Gefühl unebener Flächen auf ihren Fingerspitzen. Elena warf einen Blick in den großen Spiegel, der über der Kommode an der Wand angebracht war. Ja, die Augenringe, die sie sonst immer hatte, waren so gut wie verschwunden. Sie legte ihr dunkelbraunes, leicht gewelltes langes Haar auf ihre linke Schulter. Dann betrat sie das Badezimmer. Nachdem

      Elena geduscht und angezogen war, packte sie ihre Siebensachen zusammen und überprüfte noch einmal akribisch, dass sie nichts vergessen hatte. Das hatte sie sich in den letzten Monaten angewöhnt, wenn sie irgendwo übernachtete.

      Sie atmete tief durch und ging hinunter. Isabella und Jack saßen bereits am Frühstücktisch und aßen. Als Jack Elena erblickte, stand er sofort auf.

      „Guten Morgen.“

      „Guten Morgen“, antwortete Elena und streckte Jack im nächsten Moment die ausgemachte Summe